Lorsch. Um hochklassige Musik live erleben zu können, muss man nicht immer weit fahren. Die Lorscher Rathaus-Konzerte bieten ein anspruchsvolles Programm mitten in der Stadt, zu einem günstigen Preis. Sehr vielseitig ist das Angebot obendrein. Das beweisen allein schon die beiden Oktober-Termine, die unter der künstlerischen Leitung von zwei Lorscher Musikern auf die Beine gestellt wurden, die sich unterschiedlichen Stilen verschrieben haben. Bevor am morgigen Sonntag (27.) Thomas Adelberger gemeinsam mit den Heidelberger Salonikern Operettenmelodien, Walzer und Tangos in den Nibelungensaal bringen wird, hatte zuletzt Christoph Schöpsdau Zuhörer mit Jazz begeistert.
Zusammen mit Axel Schlosser an der Trompete lud Schöpsdau am Klavier das Publikum zu Begegnungen mit Weltstars wie Miles Davis und Dizzy Gillespie ein. Das Duo, das nach längerer Pause wieder öffentlich zusammenspielte – und erstmals in der Reihe der Rathauskonzerte auftrat – eröffnete mit dem variantenreichen Titel „Four“. Es folgten die Komposition „Con Alma“ und Gillespies „Girl Of My Dreams“ sowie sein Bepop-Klassiker „Woodie ’n’ You“. Nicht fehlen durfte auch der Miles-Davis-Klassiker „Nardis“.
Dann kam Freddie Hubbard. Der US-amerikanische Jazztrompeter, 2008 verstorben, „konnte alles“, wie Schlosser mit großer Bewunderung für den weltberühmten Kollegen mitteilte, der auch zu seinen Vorbildern zählt. Ein leises und lyrisches Stück, eine Ballade, geschrieben für seinen kleinen Sohn, betitelt „Little Sunflower“ aus den späten 1960er Jahren, hatten Schlosser und Schöpsdau für das Lorscher Publikum ausgewählt.
Zum Konzept der Rathauskonzerte gehört es, dass die Musiker mit ihren Zuhörern auch ins Gespräch kommen. So berichtete Axel Schlosser, wie er als Kind „Blockflöte lernen musste“, auf Klarinette umstieg, aber die Freude doch bald in Lustlosigkeit und Frustration umschlug – bis er in eine Band und einen Jazz-Workshop eingeladen wurde. „Ab da habe ich extrem viel geübt“, verriet Schlosser über diese „Initialzündung“, die ihn zur Trompete brachte und für ihn alles änderte. Schlosser wurde Mitglied im Bundesjugendjazzorchester, absolvierte ein Musikstudium in Mannheim und wechselte nach einer Lehrtätigkeit in München zur hr-Bigband.
Dort spielt der 48 Jahre alte gebürtige Schwabe und Wahl-Frankfurter Trompete und zudem Flügelhorn. Das Instrument – „es klingt sehr gut“ – hatte er auch im Nibelungensaal dabei. Schlosser arbeitete mit vielen Bigbands, hat ein eigenes Quartett, schrieb außerdem große Programme für die hr-Formation. Er gilt längst als einer der wichtigsten deutschen Jazztrompeter.
Den Pianisten und Komponisten Christoph Schöpsdau muss man in seiner Heimatstadt nicht mehr vorstellen. Der Lorscher, der in New York und Frankfurt studierte, hat eine Reihe eigener Projekte verwirklicht, mehrfach Preise gewonnen, für die hr-Bigband Arrangements übernommen. Zum Programm des Rathaus-Konzerts steuerte er unter anderem die Eigenkomposition „Latin Fall“ bei, ein Stück, das er für seine Tochter geschrieben hat.
Der Bitte aus dem Publikum, zum Finale etwas Bekanntes zu spielen, kamen die Vollblutmusiker gerne nach. Nach kräftigem Beifall der Zuhörer verabschiedeten sie sich mit James Last und seinem „Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung“. Nicht ausgeschlossen ist, dass Schöpsdau und Schlosser wiederkommen. Denn die „schöne Atmosphäre“ im gemütlich-kleinen Nibelungensaal gefiel dem Duo wie den Zuhörern ausnehmend gut. „Der Raum klingt toll“, lobte Axel Schlosser. sch
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lorsch_artikel,-lorsch-konzerte-kultur-musik-_arid,2255688.html