Film - Auf dem Heppenheimer Marktplatz wird derzeit der Kinderfilm „Lucy ist jetzt Gangster“ gedreht / Ein Blick hinter die Kulissen

„Lucy“ bekommt Nachhilfe im Bösesein

Von 
Victoria Werz
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Die Hauptdarsteller Valerie und Violetta Arnemann und Brooklyn Liebig sind für den Dreh mit Regisseur Till Endemann in Heppenheim unterwegs. © Victoria Werz

Heppenheim. Rund um den Brunnen auf dem Heppenheimer Marktplatz sind Leitkegel aufgestellt. In den angrenzenden Straßen stehen Ordner mit Warnwesten und Sonnenbrillen. Mit verschränkten Armen beobachten sie das Geschehen. Vor der Villa am Markt sitzen zwei Männer mit großen Kopfhörern auf den Ohren. Einer der beiden sitzt vor einem Mischpult und starrt auf zwei kleine Bildschirme. Dahinter zwei Kinder. „Und aus, wir machen es noch mal“, ruft ein ganz in Schwarz gekleideter Mann mit Headset.

Noch mal wird hier eine Szene für „Lucy ist jetzt Gangster“ gedreht. Seit Mitte April laufen die Dreharbeiten für den Kinderfilm unter anderem in und um Heppenheim. Das junge Mädchen Lucy ist eine brave Frohnatur und will die Welt ein Stück besser machen. Neben der Schule arbeitet sie in der Eisdiele ihrer Eltern. Doch eines Tages geht die Eismaschine kaputt und es droht die Schließung. Um zu helfen, will Lucy eine Bank überfallen. Dafür nimmt sie Nachhilfe im Bösesein bei Klassen-Gangster Tristan.

Dreh in „märchenhafter“ Kulisse

Und wie man so richtig böse wird, dass man sogar eine Bank überfallen kann, das lernt Lucy in Heppenheim.

Mit ihren kleinen Gassen, den gepflegten Fachwerkhäusern und den Blumen in den Fensterkästen eignet sich die Stadt perfekt für den Film, erzählt Produzent Arek Gielnik. „Wir suchten eine märchenhafte Welt für Lucy, dem besten Mädchen der Welt.“ In Heppenheim seien sie fündig geworden. Landrat Christian Engelhardt, der sich ebenfalls die Dreharbeiten anschaut, stellt klar, mit dem Kreis Bergstraße hätten die Filmproduzenten die schönste Region Deutschlands erwischt. „Das sagen alle Landräte, aber hier stimmt’s“, sagt Engelhardt und lacht. Nicht immer stehen nur die Hauptdarsteller vor der Kamera. Kurz vor der Mittagspause heißt es für Lucy, die von den Zwillingen Valerie und Violetta Arnemann gespielt wird, und Tristan erst mal: abwarten. Der Dreh geht ohne sie in der an den Marktplatz angrenzenden Schunkengasse weiter. „Achtung, wir drehen“, ruft der schwarz gekleidete Mann wieder über den Platz.

Vor der Villa am Markt stehen Tische mit Getränken, Obst und Desinfektionsmittel. Davor sitzen der Bösewicht Tristan, gespielt von Brooklyn Liebig, und eine der Lucys in Campingstühlen. Je länger das Warten dauert, desto unruhiger wird Lucy. Mit einer leeren Wasserflasche in der Hand steht sie auf und spielt mit ihr. Sie wirft sie hoch, die Flasche dreht sich und fällt zu Boden.

Am Rande des Marktplatzes beobachten Passanten das Geschehen. Auch Bürgermeister Rainer Burelbach schaut sich das Filmset an. Für die Dreharbeiten sind Parkplätze zeitweise gesperrt und für die Bewohner am Marktplatz entstehen kleinere Unannehmlichkeiten. Beschwert habe sich aber bisher niemand, sagt Burelbach.

Ein blonder junger Mann kommt jetzt auf Lucy zu, redet und lacht mit ihr. Da die Hauptdarsteller noch sehr jung sind, stehen ihnen Kinderbetreuer und auch ein Kindercoach zur Seite. Produzent Arek Gielnik erklärt, dass Kinder unter 15 Jahren nur drei Stunden am Tag arbeiten dürfen. Beim Film bedeutet das: Nach drei Stunden vor der Kamera ist für die Kinder Schluss. Deswegen ist die Rolle der Lucy auch mit den Zwillingen Valerie und Violetta doppelt besetzt. Die Zeit hinter der Kamera am Set wird nicht als Arbeit verstanden.

„Und aus“, schallt es wieder. Auf einmal wird es voller auf dem Marktplatz. Große Tonangeln werden aus der Schunkengasse zum Platz getragen, Wägen mit Kameraequipment rollen mit lautem Klackern über das Kopfsteinpflaster. Ein Auto mit vollbepackter Ladefläche fährt die Technik zum Marktplatz und immer mehr Leute laufen umher. Alle tragen eine Maske. Nur die Kinder nicht.

Bevor diese Dreharbeiten überhaupt möglich sind, wird jeder auf das Coronavirus getestet. Dafür steht ein rotes Zelt direkt vor dem Landratsamt - abgeschirmt von Lastwägen. Zwei bis drei Stunden dauert es, bis alle Schauspieler, Techniker und Komparsen ein Stäbchen in die Nase eingeführt bekommen haben und mit einem negativen Ergebnis in den Drehtag starten können.

Um lange Wartezeiten und Schlangen zu vermeiden, wird in Schichten getestet, denn nicht jeder muss zur gleichen Zeit vor Ort sein.

Zur Übung auf dem Brunnen turnen

Während die neue Szenerie am Marktplatz für den nächsten Dreh vorbereitet wird, geht eine Frau mit Lucy und Tristan zum Marktbrunnen. Mit farbigen Stiften malen sie auf Seiten in einem dicken Ordner –

dem Drehbuch. Mit Handbewegungen zu verschiedenen Orten am Marktplatz macht die Frau deutlich, wo die zwei Kinder später hinmüssen und was sie machen sollen. Währenddessen spielt Lucy mit dem Wasser im Brunnen, und Tristan turnt auf dem Brunnenrand herum –

zur Übung.

Während die Ordner noch die Tische mit den Getränken über den Platz tragen, hüpft Lucy schon vergnügt zum Mittagessen unten vor dem Landratsamt. Der Film-Gangster Tristan wird mit einem kleinen Ladefahrzeug gefahren.

Auch die Set-Mitarbeiter machen sich langsam auf den Weg zur Mittagspause. Nur die Ordner bleiben am Marktplatz zurück, setzen sich in die Sonne und passen auf das Set auf. Nicht, dass das am Ende von Bösewichtern gestohlen wird. vw

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