Tradition

Laternenführungen in Heppenheim mit schaurigen Sagen

Die Laternenführungen zwischen den Jahren boten wieder interessante Geschichten zu den Raunächten und stießen auf gute Resonanz.

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cst/ü
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Zu sechs mystischen Orten in der Altstadt mit den entsprechenden Sagen und Geschichten geht es bei den Raunacht-Laternenführungen. © Klaus Rettig

Heppenheim. Am ersten Abend nach Weihnachten waren in der Heppenheimer Altstadt die Laternenführerinnen Doris Pabst und Margit Vogel mit eine großen Gruppe von annähernd 100 Teilnehmern zur Raunachtführung unterwegs, um an ausgewählten Märchenlaternen die passenden Sagen und Geschichten zu erzählen. Dieses besondere Angebot zur Zeit der Raunächte zwischen den Jahren gibt es in Heppenheim noch einmal am Silvesterabend.

„Diese Führungen machen nicht nur unseren Gäste Spaß, sondern auch uns selbst“, stellen Pabst und Vogel fest, die mit Büchern, Laternen und der Leiter für die einstündigen Touren ausgestattet sind. „Wir werden sechs unterschiedliche Märchen erzählen, die mit Heppenheim, der hiesigen Region oder anderen Landschaften zu tun haben“, erläutern die beiden, denen Herren aus dem Publikum beim Transport der Leiter behilflich sind.

Die Raunächte gelten seit Jahrhunderten als besondere Nächte und gehen wohl auf den elftägigen Unterschied zwischen dem germanischen Mondkalender mit 354 Tagen und dem christlichen Kalender mit seinen 365 Tagen zurück. „In diesen Tagen gab es mystische Rituale und Bräuche wie etwa das Räuchern und Desinfizieren von Wohnung oder Stall, von dem auch der Name Rauch- oder Raunacht hergeleitet wird“, berichten Pabst und Vogel.

Ausgesucht haben sie sich für ihren Gang durch die Gassen, Gässchen oder schmalen Durchgänge in der Altstadt aus der lokalen Tradition die Geschichte von der „Hand des weißen Mannes“, aus dem Ortsteil Erbach die Erzählung mit dem Feldkreuz auf der Höhe über dem Ort aus der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg und die Sage von der „Weißen Frau“ auf der Starkenburg. In engem Zusammenhang mit dem benachbarten Lorsch steht die Sage von Bayernherzog Tassilo und Kaiser Karl dem Großen, der noch ein weiteres Mal an diesem Abend in der Sage von „Imma und Einhard“ aus dem Bereich von Seligenstadt auftaucht. Aus Frankenberg dagegen stammt die Geschichte von der Hebamme und den Wichteln.

Die beiden Führerinnen drehten beim Rundgang durch die malerisch beleuchtete Altstadt einen Kreis vom Marktplatz aus, an dessen Ecke sie als erstes über Tassilo berichteten, der als Rivale von Kaiser Karl galt und von diesem seines Augenlichts beraubt und ins Kloster Lorsch gebracht wurde, wo er als Mönch Wunder wirkte und später bestattet wurde. Als alte Männer begegnen sich die beiden wieder.

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Bei einer Heppenheimer Sage steht passend zur lokalen Mühlentradition ein Müllerbursch und seine vom Mehl weiße Hand im Mittelpunkt, deren Abdruck er als Geist auf anderen Menschen hinterlässt. In der Straße „Kleine Bach“ stellten Pabst und Vogel die aus Frankenberg stammende Sage der blinden Hebamme vor, die ihr Augenlicht verliert, nachdem sie bei den Wichteln ihrem Beruf nachgegangen war.

Aus der Zeit nach Ende des 30-jährigen Kriegs stammt die Sage vom Feldkreuz im Stadtteil Erbach, wohin ein von dort gebürtiger Kriegsteilnehmer zurückkehrt und die völlige Zerstörung seines Ortes und seiner Familie feststellen muss. Ganz lokal dagegen ist das Märchen von der weißen Dame auf der Starkenburg, die mit dem dortigen Grafen verehelicht war, der angeblich im Krieg starb, aber dennoch heil zurückkehrte. Die Gründung von Seligenstadt durch Einhard, den Baumeister Karls des Großen, ist Thema des letzten Märchens, das von der Liebe zwischen Einhard und der Königstochter erzählt. cst/ü

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