Bebauung

Konflikt um ehemaliges Gelände der Gärtnerei Mai in Heppenheim spitzt sich zu

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fran/ü
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Mit schwerem Gerät wurde der Bauschutt auf dem früheren Außengelände der Gärtnerei Mai in den vergangenen Tagen gebrochen. © Frank

Heppenheim. Die schweren Gerätschaften wurden bereits am Donnerstagmorgen von der Baufirma abgezogen, die Schuttberge auf dem einstigen Außengelände der Gärtnerei Mai sind kleiner und vor allem kleinteiliger geworden. Sie werden schrittweise auf dem Gelände des künftigen Neubaugebiets zwischen Breslauer Straße und Bürgermeister-Kunz-Straße verteilt. So weit, so gut – könnte man meinen. Doch rund um das Areal herrscht derzeit insbesondere aufseiten der „Bürgerinitiative Marienbader Straße – Breslauer Straße“ (BI) enormer Redebedarf. Sogar eine juristische Auseinandersetzung mit dem Bauträger ziehen die Vertreter der Bürgerinitiative inzwischen in Erwägung.

Damit wäre die wohl höchste Eskalationsstufe bereits äußerst frühzeitig erreicht, denn noch nicht einmal ein halbes Jahr ist seit der Gründung der BI Ende Februar vergangen. Und bis Anfang April wurden auch noch ganz andere Töne angeschlagen. „Aus unserer Sicht darf es hierbei keine Gegner geben. Das ist nicht zielführend“, teilte die knapp 30 Personen umfassende Gruppe damals mit.

Im Dialog mit dem Bauträger WSW und der Politik wollte man die eigenen Ziele umsetzen. Die lauten wie folgt: Die Zufahrt zur neuen Tiefgarage und dem geplantem Neubaugebiet sollte entgegen der derzeitigen Planung über die Bürgermeister-Kunz-Straße erfolgen. Darüber hinaus seien generell Berechnungen für die Belastung des Kanalnetzes anzustellen – vorrangig mit Blick auf die Ableitung von Niederschlagswasser. Zu guter Letzt seien Höhe, Gestaltung und Flächennutzung des zu bebauenden Areals grundlegend zu überdenken.

An einer grundsätzlichen Bebauung des Areals gab und gibt es vonseiten der BI hingegen kaum etwas auszusetzen. Zur Erinnerung: Auf dem Gelände sollen 50 neue Wohneinheiten entstehen. Zehn Prozent der Wohneinheiten sollen sozial gebunden sein.

Bleibt die Frage, warum sich die Fronten in den vergangenen Monaten so verhärtet haben. Die Antwort darauf ist recht einfach: Die Bürgerinitiative fühlt sich getäuscht und nicht ernstgenommen. Ein Dialog mit den Verantwortlichen des Bauträgers sei kaum möglich, berichtet stellvertretend Christine Fischer.

Bauschutt soll untersucht werden

Doch der heftigste Vorwurf: Der Bauträger habe in den vergangenen Wochen immer wieder größere Mengen Schutt von anderen Baustellen ankarren lassen, der nun gemeinsam mit dem Schutt der abgerissenen Gärtnerei-Gebäude „geschreddert“ worden sei, um anschließend auf dem Areal verteilt zu werden. Mitglieder der BI haben zahlreiche dieser vermeintlichen Lkw-Lieferungen dokumentiert, einige Fotos liegen auch dieser Redaktion vor.

„Wir erwarten, dass der vermutlich nicht untersuchte, inzwischen aber geschredderte Bauschutt, der nun hier auf dem Gelände verteilt wird, untersucht wird“, stellt Fischer klar – auch mit Verweis auf das Grundwasser und die Nähe zum Hambach.

Den Anschuldigungen der BI tritt Tobias Amthor, bei WSW für das Neubauprojekt zuständig, entschieden entgegen. Der Bauträger wolle die geplante Bebauung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zertifizieren lassen, teilt er auf Anfrage mit. „Dafür müssen im Vorfeld diverse Kriterien erfüllt werden. Dazu gehört das Entwickeln, Nutzen und Verwenden von Lösungsansätzen, wie nachhaltig mit den anfallenden Abbruchmaterialien umgegangen wird.“

Das heißt: Materialien, die durch Abbrucharbeiten auf einem Grundstück gewonnen wurden, sollten im größtmöglichen Umfang nach entsprechender Aufbereitung wieder auf dem Grundstück verarbeitet werden. „Und genau das passiert aktuell“, so Amthor. Beim Abbruch der Gewächshäuser, des Wohnhauses und der Remise seien Holz- und Eisenelemente, Ziegelsteine und Betonteile angefallen, die auf den Schuttbergen getrennt und sortiert worden seien.

Das recyclingfähige Gestein wurde zuletzt mithilfe einer mobilen Anlage gebrochen. „Umweltbelastende Transportwege wurden so von uns vermieden“, konstatiert Amthor. „Auch dies ist ein DGNB-Kriterium.“ Voraussetzung für eine Zertifizierung sei freilich, dass das Material schadstofffrei ist, „was im Rahmen einer Prüfung durch Fachingenieure und nach Vorlage beim Regierungspräsidium vorschriftsmäßig belegt worden ist“. Die von der BI geforderte Untersuchung ist demnach aus Sicht von WSW bereits erfolgt.

Das aufbereitete Material soll derweil als Tragschicht unterhalb der Bodenplatte verwendet werden – vorausgesetzt, das Bauvorhaben wird in der geplanten Form genehmigt. „Bis dahin wird es mit einem Textilvlies abgedeckt und auf dem Gelände deponiert beziehungsweise zwischengelagert“, so Amthor. Einwände gegenüber dieser „übrigens üblichen Vorgehensweise“ seitens der Bauaufsicht bestünden nicht. Weitere geplante Arbeiten sind laut Mitteilung der Kreis-Pressestelle „der Abtransport noch dort lagernder Schrottteile (Baustahl) sowie von sogenannten Bigpacks (Abfall)“. Weitere Brecharbeiten sind auf dem Grundstück demnach nicht mehr vorgesehen. Die Bauaufsicht des Kreises wurde von der Bürgerinitiative im Zuge des Konflikts informiert. Doch in einer Antwort an die BI, die dieser Zeitung vorliegt, wird lediglich der bekannte Sachverhalt bestätigt. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Nach unserer Information handelt es sich bei dem Bauschutt um die Bodenplatten der Gewächshäuser. Hier steht Aussage gegen Aussage.“ In gleicher Weise äußert sich Kreis-Pressesprecherin Cornelia von Poser auf Nachfrage dieser Zeitung.

Einen Fehler bei den jüngsten Arbeiten räumt Amthor allerdings ein: Der Grenzwert in Sachen Lärmbelästigung sei beim Tarieren der mobilen Brechanlage am vergangenen Donnerstag kurzzeitig überschritten worden, weshalb die Bauaufsicht aktiv wurde. „Die Anlage wurde daraufhin sofort an einer anderen Stelle auf dem Areal positioniert, die Grenzwerte konnten somit eingehalten werden“, sagt Amthor. Diese Ausführungen werden von der Kreis-Pressestelle bestätigt.

Doch dieses Eingeständnis reicht den Anwohnern kaum aus. „Es hat alles ein Geschmäckle, und wir diskutieren über eine Weitergabe der gesammelten Unterlagen und Beweise an die Staatsanwaltschaft“, sagt Christine Fischer. Auch das Regierungspräsidium Darmstadt habe angekündigt, sich den Vorgang einmal anschauen zu wollen.

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