Heppenheim. Die Stadt Heppenheim unternimmt wie die Stadtverordnetenversammlung viel, um den Bedarf an Betreuungsplätzen bestmöglich decken zu können. Der wächst vor allem bei den Unterdreijährigen, womit auch ein höherer Betreuungsschlüssel Erzieher pro Kind einhergeht. Umso wichtiger ist es, gutes Personal – und überhaupt welches – zu finden. Die Stadt ist Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) zufolge im Grunde täglich gefordert, aber offenbar auch so kreativ wie flexibel und damit trotz eines riesigen Bedarfs ein gutes Stück weit erfolgreich.
„Der Markt hat sich völlig verändert“, betont das Stadtoberhaupt im Gespräch und nennt neben dem Bedarf eine enorme Fluktuation als besonders fordernde Rahmenbedingung. Dazu das „KiföG“: Das Kinderförderungsgesetz ist dem Bundesfamilienministerium zufolge ein wegweisender „Schritt hin zu einem bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Angebot der Betreuung für Kinder unter drei Jahren“.
Für die Träger entsprechender Einrichtungen, im Fall der Stadt Heppenheim neun Kitas, heißt das: Eine Einheit dieser und jener Größe mit so und so vielen Kindern erfordert eine dafür genau festgelegte Zahl an Erziehungskräften. Das ist dann eine gesetzliche Vorgabe, und entsprechend muss das in den Stellenplan. „Ein starres Gebilde“ und nur noch der Rahmen, „innerhalb dessen wir uns flexibel bewegen“, betont Burelbach. Der Stellenplan ist im Vorjahr zur Haushaltsvorlage zu erstellen. Diese Zeitung wollte wissen, wie es zusammenpasst, dass die Stellen gemäß Plan gedeckt sind, aber alle händeringend suchen.
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Aufgrund des großen Fachkräftemangels heißt es: „Wir müssen einstellen, wenn wir schon jemanden einstellen können.“ Das geschieht ohne den bei Behörden üblichen, lähmenden Genehmigungsprozess. „Wir halten uns da raus“, spricht Burelbach aus der Magistrats-Sicht. Stattdessen haben die Fach-Entscheider freie Hand. „Natürlich ist der Personalrat dabei“, sagt der Bürgermeister – und nennt außerdem Verblüffendes: „In aller Regel kriegt die Bewerberin oder der Bewerber dann auch unmittelbar Bescheid.“
Flexible Arbeitszeit ist hier ein ganz besonders großes Anliegen. Arbeitszeit erhöhen, Arbeitszeit reduzieren, so geht es immerzu. „Und wir versuchen, dem immer zu entsprechen“, erklärt Erste Stadträtin Christine Bender (SPD). Auch möglich sei der Wechsel innerhalb des städtischen Verantwortungsbereichs. „Das ist der Vorteil, dass wir so viele Kitas haben.“ Und weitere wie in der Dr.-Heinrich-Winter-Straße und am Jochimsee kommen bald hinzu. Deren Teams sollen dann nach Möglichkeit wieder zunächst aus dem Bestand heraus entstehen.
Natürlich besteht auch immer wieder mal die Notwendigkeit, zu wechseln, wenn die Stadt den Engpass in einer Kita auf diese Weise ausgleichen kann. So aktuell in der „Sonnenblume“. Zuvor aus Bensheim betreut, soll die quasi neue Einrichtung nun mit „Sankt Bartholomäus“ (zuvor katholisch) als ein seit Jahresbeginn gemeinsames städtisches Angebot in Kirschhausen zusammenwachsen.
In Westdeutschland waren vor zehn Jahren nur etwa halb so viele Erzieher beschäftigt wie heute, erinnert Burelbach. Dass die Kinder in jüngerem Alter und für tageweise längere Zeit einen Kita-Platz brauchen, hat viel verändert, und der Zuzug auch, führt der Bürgermeister drei treibende Faktoren auf. Ein bisschen windet sich die Stadtspitze auf mehrfaches Nachfragen zur Bewertung der aktuellen Stellensituation der (einzelnen) Kitas. „Wir könnten einen Stichtag nehmen, aber am nächsten Tag ist die Situation wahrscheinlich schon wieder eine andere“, sagt Burelbach.
„Wir stellen auch immer wieder ein“, unterstreicht Bender. Obwohl alle Träger händeringend suchen. Bewerbungen gehen zentral an die Stadtverwaltung, Präferenzen sind möglich.
Psychische Belastung und etwa Burn-outs stellen auf dem heutigen Arbeitsmarkt ein weitverbreitetes Problem dar, aber das recht junge Team der städtischen Kita-Beschäftigten sei „überdurchschnittlich stabil und gesund“. Aus- und Weiterbildung seien sehr gefragt, was noch einmal die Feststellung bestärkt, dass im Vergleich zu früher auch die Qualität der Betreuung eine ganz andere sei.
Begrüßenswert aus Sicht der Stadt ist auch mehr Flexibilität bei der Auswahl. Als Beispiel dient eine Kinderkrankenschwester, die nicht mehr im Gesundheitswesen, aber mit Kindern arbeiten wollte. Sie könnte nach alter Plan-Logik nur zusätzlich eingestellt werden, inzwischen sind auch Personen außerhalb des Rasters auf den Bedarf anzurechnen. Eine Bereicherung, zumal es der dauerhaften medizinischen Betreuung eines Kita-Kindes bedurfte. Solche Win-Win-Situationen kann es also und soll es gern wieder geben. mbl/ü
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