Wirtschaft

Im Heppenheimer Traditionshaus Halber Mond soll es aufwärts gehen

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ai/ü
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Ausgebremst durch die Pandemie wurde der Betrieb im Hotel-Restaurant Halber Mond in Heppenheim, langsam kommt er wieder in Schwung. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Während der Pandemie lief der Betrieb im Heppenheimer Hotel Halber Mond auf Sparflamme. Langsam erwacht die Gastronomie aus einer Art Winterschlaf, wie Betriebsleiter Patrick Pereira und der stellvertretende Geschäftsführer Marian Streit berichten. Jetzt im Mai, wenn neben dem Restaurant „1847“ und der Kutscherstube der Biergarten geöffnet ist, sollen Küche und Keller, die hauseigene Brauerei und die Whisky-Destillerie in Schwung kommen.

Pereira und Streit beschreiben, wie der Gastronomiebetrieb umstrukturiert werden soll, um unter veränderten Rahmenbedingungen erfolgreich zu sein. Was die von der Stadt angekündigte „Festwoche der Demokratie“ betrifft, haben die beiden Führungskräfte keine eigenen Pläne. Wie der Name des Restaurants erkennen lässt, tagte dort am 10. Oktober 1847 die Heppenheimer Versammlung, unter anderem, um das Paulskirchen-Parlament vorzubereiten, das 1848 in Frankfurt zusammentrat.

Lange Geschichte

Der Halbe Mond wurde ab dem 17. Jahrhundert als Gasthof genutzt und immer wieder erweitert.

1911 wurde das Haus durch einen Brand zerstört und nach den Plänen von Heinrich Metzendorf durch Karl Michael Seibert neu aufgebaut.

In den 1970er Jahren kaufte die Stadt die Immobilie, um sie als Bürgerhaus zu nutzen.

Von 2008 bis 2011 wurde der Gebäudekomplex restauriert und wird seitdem von der Unternehmerfamilie Streit bewirtschaftet. ai

Zurück in die Gegenwart: Einschränkungen der vergangenen Monate sind laut Pereira auf Personalmangel zurückzuführen. Das war der Grund, dass außer dem Hotel mit den 22 Zimmern nur das Restaurant „Cha da föe“ im Kellergewölbe geöffnet war und im Erdgeschoss kein Licht brannte. So verbreitete sich das Gerücht, der Halbe Mond sei geschlossen. „Es wurde viel über uns, aber nicht mit uns geredet“, sagt Streit.

Kapazitäten voll ausgeschöpft

Personalmangel habe auch dazu geführt, dass der Festsaal nicht wie gewohnt bewirtschaftet werden kann. Zwar können Firmen Saal und Seminarräume mieten. Aber Hochzeitsfeiern seien nicht zu bewältigen, obwohl auf der Internetseite dafür geworben wird. Um Gäste im Ballsaal zu bewirten, würden zwölf Servicekräfte gebraucht. Zurzeit bestehe die gesamte Belegschaft nur aus sieben Leuten. Pereira und Streit packen mit an.

Weil Personal fehlt, können auch im Biergarten nicht sämtliche Kapazitäten ausgeschöpft werden. Unter den Kastanienbäumen soll zunächst Platz für 150 Gäste geschaffen werden. Mit weiteren 50 Plätzen im Restaurant und 40 Plätzen in der Kutscherstube seien die Mitarbeiter ausgelastet.

Wie es im „Bergsträßer Lädchen“ weitergeht, in dem regionale Produkte verkauft werden, steht noch nicht fest. „Was wir machen, wollen wir gut machen“, erklärt Pereira. Streit, der mit Prokura seine Mutter Petra Greißl-Streit als Geschäftsführer vertritt, steht mit Leib und Seele hinter dem Halben Mond. Den größten Teil seiner Arbeitszeit verbringt er in Heppenheim. Außerdem kümmert er sich um das Traditionslokal „Zur Sonne“ im Frankfurter Stadtteil Bornheim.

Welche Bedeutung der Halbe Mond für das öffentliche Leben hat, das ist den beiden Führungskräften bewusst. Das „Riesenhaus“, in dem zu Glanzzeiten Anfang des 20. Jahrhunderts bis zu 1100 Menschen gleichzeitig bewirtet werden konnten, soll an die Veränderungen angepasst werden, von denen die gesamte Branche betroffen ist. „Wir können nur mit einzelnen Modulen und in kleinen Schritten vorankommen“, sagte Streit.

Eine bekannte Adresse

Er bittet um Verständnis, dass er zur Festwoche im Oktober keinen Beitrag leisten kann. Vor zehn Jahren kamen prominente Gäste zur Feier des Jahrestages an den geschichtsträchtigen Ort. „Wenn allerdings die Stadt oder jemand anderes auf uns zugeht, könnte es wieder eine Veranstaltung im Halben Mond geben“, so Streit. „Wir sind für alles offen und pflegen ein gutes Verhältnis zur Stadtverwaltung“.

Der Halbe Mond an der Ludwigstraße war eine bekannte Adresse: Für Sitzungen des Kreistags, für Bürgerversammlungen, Empfänge, Bälle und Versammlungen, für Public Viewing, wenn Sebastian Vettel im Formel-1-Zirkus seine Runden drehte oder die Fußball-Nationalmannschaft spielte, für Elferratssitzungen und für Kleinkunst in der „Blauen Grotte“. Zur Landwirtschaftlichen Woche kamen Fachleute und Medienvertreter aus ganz Deutschland.

An diese Traditionen möchten Pereira und Streit anknüpfen, bitten aber um Geduld. „Jeder ist bei uns willkommen. Aufgeben steht nicht zur Debatte“. Sie sind optimistisch. „Die goldenen Jahre kommen wieder“, sagt Streit voraus. ai/ü

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