Weinbau

Heppenheimer Winzer sehen Glyphosat-Verbot kritisch

Von 
dj/ü
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Weinberge mit ihren Hütten prägen die Landschaft bei Heppenheim. Winzer befürch-ten jedoch, dies könnte sich aufgrund neuer EU-Vorgaben ändern. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Zum ersten von vier Weinbergrundgängen des Jahres des Weinbauverbandes Hessische Bergstraße begrüßte dessen Vorsitzender Otto Guthier 25 Winzer und Eva Dingeldey, Weinbauberaterin des Weinbauamtes vom Regierungspräsidium (RP) Darmstadt, zum Rundgang am Eckweg. Bergsträßer Winzer müssen alle drei Jahre ihre Kenntnisse mit dreimaliger Teilnahme an diesen Rundgängen auffrischen. Dingeldey, zuständig für den ökologischen Weinbau im RP, war in Vertretung für Bernd Neckerauer gekommen.

Die Winzer diskutierten auch die politischen Vorgaben aus Brüssel. Thema Nummer eins beim Gemarkungsrundgang war das Verbot des Herbizides Glyphosat ab nächstem Jahr, einhergehend mit der drohenden beziehungsweise bereits stattfindenden Aufgabe kleinparzellierter Weinberge in der Steillage.

Erst vor wenigen Wochen hat ein Großwinzer die Aufgabe seiner Weinberge am Schlossberg verkündet. Es würde sich in der Steillage nicht mehr lohnen, war der Tenor (wir haben berichtet).

Diese Nachricht kam zu einer Zeit, in der ohnehin damit gerechnet werden muss, dass viele Hobbywinzer aufgeben könnten. Zumindest ist Verbandsvorsitzender und früherer Geschäftsführer der Winzer eG, Otto Guthier, davon überzeugt, dass eine mehrere Jahrhunderte gewachsene Kulturlandschaft an der Bergstraße verschwinden wird. Wo einst schon die Römer Wein anbauten und aus dem Lorscher Kodex bekannt ist, dass dies auch die Mönche am Heppenheimer Schlossberg taten, werde es nach Einschätzung Guthiers durch das Verbot von Herbiziden zu weiterer Verbuschung vor allem durch Brombeerhecken kommen. Als Folge werde sich auf den Weinbergflächen Wald bilden. „Hier verstehe ich die Politik aus Brüssel nicht. Ich meine, sie ist überreguliert. Will die EU die kleinen Unternehmer nicht mehr haben“, sagte Guthier. Er selbst sei schon als Sechsjähriger mit in den Wingert gegangen. „Für die Mittel, die damals gespritzt wurden, kämen diejenigen heute (60 Jahre später) ins Gefängnis“, sagte Guthier. Ein Hektar Weinberg würde übrigens pro Jahr Sauerstoff für 20 Personen produzieren.

Der frühere Kellermeister der Winzer eG, Hans-Jürgen Weber, gab zu bedenken, dass mit dem Wegfall der Weinberge mit ihren denkmalgeschützten Weinberghäuschen nicht nur ein landschaftsprägendes Bild fehlen werde, sondern sich auch das Klima verändern würde. In einer Studie sei nachgewiesen worden, dass die Fallwinde über den Weinbergen aus dem Odenwald in der Weststadt für Abkühlung sorgten. „Wenn das hier alles zuwächst, bekommen sie in der Weststadt keine Luft mehr“, zeichnete Weber ein düsteres Szenario.

Im Wasserschutzgebiet des Eckweges ist die Anwendung von Glyphosat jetzt schon verboten. „Wir konnten zumindest vorübergehend bewirken, dass zwei andere Mittel als Ersatz eingesetzt werden können“, sagte Guthier. „Es gibt auch Alternativen wie zum Beispiel die Rollhacke“, sagte Dingeldey. Man könne den Unterboden mit verschiedenen Methoden auflockern. Der Winzer müsse sich darauf einlassen und umdenken. Sicherlich bedeute dies auch einen Mehraufwand im Weinberg. Den Argumenten Dingeldeys standen verschiedene Aussagen gegenüber wie etwa der Anschaffungspreis von mehreren Tausend Euro für das landwirtschaftliche Gerät zur Boden- und Unterholzbearbeitung. „Mit einer Rollhacke ist es nicht möglich, an stufenförmig angelegten Rebenzeilen zu arbeiten“, sagte Winzer Hans Engelhard.

Kopfschütteln löste der Schnitt eines Weinberges aus, dem die vorjährigen Ruten einfach mit der Maschine geschnitten wurden, statt die Rebenzeilen im Winter zurückzuschneiden und im zeitigen Frühjahr eine Hauptrute anzubinden. Die Winzer diskutierten darüber, ob dies etwa die Zukunft im Weinberg sein solle.

Was den Entwicklungsstand im Weinberg betrifft, so wurde festgestellt, dass der Austrieb etwas später dran sei als in den drei vergangenen Hitzejahren, aber im langjährigen Mittel läge.

Gelegentlich sind ausgefressene Augen durch Rhombenspanner eventuell auch durch die Erdraupe zu sehen. Dingeldey riet davon ab, bei seltener Rhombenspanner-Aktivität ein Insektizid einzusetzen. In einigen Wingerten war auf Ruten eine lila Figur zu erkennen, die auf den Befall mit Oidium (echter Mehltau) aus dem Vorjahr hindeute. Wer wolle, könne hiergegen in den nächsten Tagen vorgehen. Der Befall von Peronospora (falscher Mehltau) sei hingegen noch kein Thema. Selbst wenn es durch den zu erwartenden Regen in den nächsten Tagen zum Keimen der Pero-Sporen kommen sollte, drängen diese noch nicht in die Blätter vor. Dazu müssten die Triebe bereits eine Länge von zehn Zentimeter haben und die Weinblätter größer sein. dj/ü

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