Informationen zum Thema Erbrecht

Die Lebenshilfe Heppenheim hatte die Fachanwältin für Erbrecht und zertifizierte Testamentsvollstreckerin eingeladen, über das „Behindertentestament“ zu referieren.

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ai/ü
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Heppenheim. Das Erbrecht ist für Laien ein Buch mit sieben Siegeln. Besonders kompliziert wird es, wenn Eltern ein Testament schreiben wollen, in dem an ein behindertes Kind vererbt wird. Der Mannheimer Rechtsanwältin Ruth Mundanjohl gelang es, mit ihrem Vortrag „Vorsorge und Absicherung von behinderten Menschen“ im Haus Emmaus im Stadtteil Erbach zu vermitteln, dass der Rechtsstaat auch in diesem Fall regelt, was schwer zu regeln ist.

Die Lebenshilfe Heppenheim hatte die Fachanwältin für Erbrecht und zertifizierte Testamentsvollstreckerin eingeladen, über das „Behindertentestament“ zu referieren. Die Zuhörer – überwiegend Eltern behinderter Kinder – bescheinigten der Expertin, die schwierige Materie in verständlichen Worten erklärt zu haben.

Ohne Kürzen oder Streichen

Sie berichtete, warum sie sich vor mehr als 20 Jahren auf die Besonderheiten des Erbrechts spezialisiert hat. Die eigenen Eltern wollten sicherstellen, dass ihr Erbe auch ihrem behinderten Bruder zugute kommt. Der ist mittlerweile 70 Jahre alt und lebt im Heim. Kosten von monatlichen 4600 Euro werden vom Sozialamt getragen, ohne dass sein Erbe aufgezehrt wird.

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Die Rechtsanwältin beschrieb zunächst die Komplexität des „normalen“ Erbrechts, das Erbfolgen und Quoten festlegt. Das Gesetz lässt es zu, dass die geschiedene Ehefrau über die leiblichen Kinder auf Umwegen erbt oder dass Gläubiger auf das Erbe verschuldeter Kinder zugreifen.

Das Behindertentestament schließt aus, „dass der Staat Leistungen kürzen oder streichen kann, unabhängig von der Größe des Erbes“, wie es die Anwältin formulierte.

Erbrecht: „Kompliziert, aber logisch“

Das Recht, Haus oder Geld vor dem Zugriff des Staates zu schützen, sei vom Bundesgerichtshof (BGH) in mehreren Urteilen anerkannt worden.

Der BGH leitete seine Urteile aus der Rechtsgrundlage ab, dass eine Familie keinen Nachteil erleiden darf, wenn ein behindertes Kind großzuziehen ist. In solchen Fällen kann im Testament ein „Vorerbe“ bestimmt werden, das von einem Testamentsvollstrecker verwaltet wird.

Testamentsvollstrecker kann die eigene Schwester oder ein anderer Verwandter, nicht aber der Gesetzliche Betreuer sein. Ist ein solcher Vorerbe festgelegt, kann der Testamentsverwalter daraus beispielsweise Erholungsreisen, den neuen Fernseher oder medizinische Leistungen finanzieren, die die Krankenkasse nicht übernimmt.

„Das Erbrecht ist kompliziert, aber logisch“, so die Anwältin, die ihren Zuhörern kostenlose Sprechstunden anbot, um individuell auf die einzelnen Familienverhältnisse eingehen zu können.

Die Lebenshilfe Heppenheim ist ein gemeinnütziger Verein. 1968 gründeten Eltern und Angehörige geistig behinderter Kinder gemeinsam mit Freunden und Förderern die Ortsvereinigung. Zunächst ging es dabei um Dinge, die heute selbstverständlich sind, wie etwa die Einrichtung von Sonderschulen und Werkstätten oder den Transport der Menschen mit Handicap dorthin.

Lebenshilfe berät Familien

Die Lebenshilfe betreut und berät Menschen mit Behinderung mit ihren Familien und sie vermittelt Gemeinschaft. Die Vereinigung verfügt über keine eigenen Einrichtungen, pflegt jedoch gute Verbindungen zur Pfarrgemeinde Sankt Peter, die Räume – in diesem Fall das Haus Emmaus – zur Verfügung stellt.

Die Lebenshilfe war Mitbegründerin der Behindertenhilfe Bergstraße (bhb). Dort leben viele der Kinder, deren Eltern sich über das Erbrecht informierten. ai/ü

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