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Eine Welle der Empathie beim „Kino der Kulturen“

Der Film „Midwives“ zeigt das Leben von zwei Hebammen in Myanmar. Die Vorstellung im Saalbaukino in Heppenheim war keine leichte Kost.

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mp/ü
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Der Eingang zum Saalbau-Kino. © Sascha Lotz

Heppenheim. Sie verhelfen zum Leben und arbeiten an einem denkbar gewalttätigen Ort: im Siedlungsgebiet der verfolgten Rohingya-Minderheit im südostasiatischen Myanmar – Nyo Nyo und Hla. Das Leben von Hebammen ist hier hart und schwer. Denn die Menschen dort gehören zu einer der drangsaliertesten Minderheiten der Welt. Seit 2016 geht das Militär schon gegen sie vor, nachdem muslimische Rohingya-Rebellen mehrere Polizeistationen überfallen hatten.

Vergewaltigungen, Hinrichtungen, das Niederbrennen ganzer Ortschaften hat Amnesty International dokumentiert. Einen Einblick in diese Welt gibt der Film „Midwives“, der im Saalbaukino zu sehen war. Denn es ist ihr eine Herzensangelegenheit, Ankömmlingen im Kreis eine Heimat zu bieten und gleichzeitig auf Missstände in anderen Ländern aufmerksam zu machen.

Aus diesem Grund hat Uta Forstat, Mitglied der Flüchtlingshilfe Heppenheim über die Jahre ein „Kino der Kulturen“ in der Kreisstadt etabliert. „Mit Jörg Fritz, dem Betreiber des Saalbaukinos harmoniert das gut und wir sind froh, dass wir mit verschiedenen Filmen schon kommen konnten“, so Forstat. Jetzt war es wieder so weit. Doch leichte Kost war das nicht.

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Bilder, die ergriffen, zum Nachdenken anregten, das eigene Leben wieder mehr wertschätzen ließen und eine Welle des Schauderns und der Empathie im Kino entfachte. Etwa 25 Menschen waren gekommen – eine überschaubare Gruppe. Aber Uta Forstat zeigte sich mehr als zufrieden: „Es ist Ferienzeit, zudem kein leichtes Thema. Ich bin froh über jeden Einzelnen, der sich öffnet und hinsieht“, so die Organisatorin.

Wie beiläufig fängt die Kamera Bilder von Militärkonvois ein, von Bombenabwürfen in der Nähe und Raketeneinschlägen. Von Demonstrationen, die von buddhistischen Bürgerwehren initiiert sind. Bilder, die durch Kriegssituationen in unserer westlichen Welt bei Weitem nicht mehr so sehr abschrecken, wie sie das noch vor einigen Jahren getan hätten. Doch die dennoch erschaudern lassen.

Offen fordern Menschen, die ihre Nachbarn sind, den Tod der Rohingya-Angehörigen. Was es bedeutet, Hebamme in einem Bürgerkrieg zu sein – der Betrachter kann dies kaum begreifen. Die beiden Protagonistinnen erscheinen unerschrocken und schlagfertig. Sie sind die starken Schultern zum Anlehnen – und doch so fragil und gefährdet.

Selbstlos leisten die beiden Frauen, welche Regisseurin Snow Hnin Ei Hlaing von der Filmakademie Baden Württemberg besucht hat, den muslimischen Rohingya medizinische Hilfe. Im täglichen Ablauf der Arbeit spiegelt sich der Konflikt zwischen den Bevölkerungsgruppen. Der Ton zwischen den beiden Frauen ist oft ruppig, Nyo Nyo träumt von einem Leben in der Hauptstadt Rangun, von einer eigenen Praxis.

Ihre buddhistische Lehrerin Hla hat eine improvisierte Klinik im Westen Myanmars, in der beide Frauen trotz ihrer unterschiedlichen ethnischen und religiösen Zugehörigkeiten zusammenarbeiten. Die Regisseurin stammt selbst aus der Region Myanmars und gibt in ihrem Debütlangfilm seltene und sehenswerte Einblicke in den ländlichen Alltag.

Wie sich das Leben in dem von Konflikten zerrissenen, landwirtschaftlich geprägten Rakhaing-Bundesstaat aus einer speziellen Perspektive gestaltet, zeigt ihr Film. Über sechs Jahre hat die Filmemacherin an ihrem Streifen gearbeitet, das Ergebnis fesselt. Uta Forstat sagt, auf solch eine Weise soll man verstehen lernen. Die Menschen, die hier ankommen, haben oft viel erlebt. Und wir können uns nur schwer ausmalen, was das war. mp/ü

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