Heppenheim. Die eritreisch-orthodoxe Gemeinde in Heppenheim hat aufregende Tage hinter sich. Ihr Kirchenoberhaupt, seine Heiligkeit Abune Basilios I., kam nach einem Kirchentreffen in Rom mit dem Bischof der Diözese Europa, Abune Pawlos, mit Sitz in Milano (Italien) und dem eritreischen Bischof Abune Tadiewos sowie weiteren Priestern nach Deutschland. Zu seinen Stationen gehörte außer dem Besuch der Gemeinden in Köln und Frankfurt auch Heppenheim. „Das war wie in einem Traum. Niemals hätten wir gedacht, dass unser Patriarch zu uns nach Heppenheim kommt“, sagte Hiyab Estifanos, die das Starkenburg-Gymnasium besucht. Innerhalb kürzester Zeit mussten die Heppenheimer einen Gottesdienst für den Patriarchen organisieren.
Längst sind die eritreisch-orthodoxen Gläubigen, die sich in weiße Tücher hüllen, bevor sie eine Kirche betreten, ein gewohntes Bild in Heppenheim. Jeden Sonntag gehen sie schon um sechs Uhr morgens mit ihren Kindern in die Kirchen Erscheinung des Herrn, Sankt Peter oder Sankt Georg in Bensheim zum Gottesdienst. Sie haben ihre eigenen Pfarrer. Anders als katholische und evangelische Pfarrer werden die Heppenheimer Pfarrer nicht bezahlt. Pfarrer Abraham ist Busfahrer und hat vier Kinder. Pfarrer Shishay ist Lagerarbeiter und hat zwei Kinder. Bei religiösen Zusammenkünften tragen die beiden Pfarrer Handkreuze bei sich, die von den Gläubigen geküsst werden. Erst ab der Position eines Mönches, Erzbischofs, Bischofs oder Patriarchen ist Keuschheit Pflicht, erklärte Hiyab, die als Übersetzerin fungierte.
Gottesdienst von 5 bis 12.30 Uhr
Sie erklärte, dass Männer komplett weiße Tücher tragen. Die Tücher der Frauen dagegen haben häufig eine bunte Borte. Häufig würden sie auf ihre Tücher von Heppenheimern angesprochen und gefragt, warum sie sich verhüllten. Pfarrer Shishay erklärte, die Farbe Weiß zeige die Reinheit und Heiligkeit. Die Tücher verhüllten die Alltagskleidung vor Gott. Auch in der eritreisch-orthodoxen Gemeinde wird gebeichtet. Weil die Kirche kein eigenes Gebäude besitzt, trifft man sich mit dem Pfarrer oft zur Beichte in der Kirche Sankt Peter oder auch im Freien. Ihre großen christlichen Feste sind Weihnachten und Ostern sowie das Patronatsfest, zu dem bis zu 800 Gläubige kommen.
In den beiden Fastenmonaten wird auf Fleisch verzichtet und sich vegan ernährt. „Kinder sollten in der Regel ab dem siebten Lebensjahr fasten und beten“, sagte Pfarrer Abraham. Doch wie halten die Kinder im Gottesdienst solange durch? Der normale Gottesdienst geht etwa viereinhalb Stunden. Pfarrer Abraham zitierte dazu eine Bibelstelle. Habe König Salomon einem Kind erst einmal einen Weg gezeigt, komme es nicht mehr davon ab. Am Ende eines jeden Gottesdienstes singen die Kinder die erlernten Lieder aus der Sonntagsschule.
Der Gottesdienst mit dem Patriarchen begann um fünf Uhr morgens und endete um 12.30 Uhr. Viele Gläubige aus der ganzen Region kamen nach Heppenheim. „Die Kirche war so voll, wie sie es an Weihnachten nicht ist“, sagte Pfarrer Meurer. Er überreichte dem eritreischen Kirchenvorstand für den Patriarchen eine Kerze mit dem Bildnis der Heiliggesprochenen Marianne Cope, die aus Heppenheim stammt.
Spenden für den Bau der Kirche gesammelt
Die Chortracht der eritreischen Priester war prunkvoll. Die beiden Bischöfe trugen eine weiße Mitra, Abune Basilios I. eine rote. Die Eritreer haben auf der Treppe vor dem Altarraum einen weißen Vorhang aufgehängt mit der heiligen Maria und Jesuskind als Bildnis sowie einem weiteren Jesusbild. Davor waren rote Teppiche ausgelegt.
„Wir sind den Pfarrern und den Heppenheimern insgesamt sehr dankbar, dass wir durch sie unseren Glauben leben dürfen. Auch wenn wir manchmal ganz schön laut sind, wenn wir zum Gottesdienst gehen. Wir freuen uns auch über das Interesse der Heppenheimer an unserer Religion“, sagte Tsahai Tesfay, die Mutter von Hiyab. Doch das große Ziel sei es, irgendwann eine eigene Kirche zu haben, um die Räume jederzeit nutzen zu können und niemanden mehr fragen zu müssen.
So wie die Katholiken in Heppenheim als Pfarrei die Heilige Marianne Cope mittlerweile als Patronin hat, ist der Patron der eritreisch-orthodoxen Tewahdo-Kirche Heppenheim der Heilige Abune Teklehaimanot. Zum Bau ihrer Kirche sammeln die Heppenheimer Eritreer Spenden, für das sie ein Konto bei der Sparkasse Starkenburg eingerichtet haben. „Wir glauben zwar nicht, dass wir eine Kirche bauen können, aber vielleicht können wir irgendwann Räume mieten“, sagte eine Eritreerin.
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