Familienforschung - Die dritte Auflage des Heppenheimer Sippenbuchs wurde digital erfasst und als PDF-Datei ins Internet gestellt

Ein Name für des Zentgrafen Tochter

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Heppenheim. Die dritte Auflage des Heppenheimer Familienbuchs liegt vor. Hans-Joachim Büge und Manfred Bräuer haben das 1970 von Ernst Löslein herausgegebene Sippenbuch ergänzt. Auch die zweite Auflage von 2002 ist seit Jahren vergriffen. Da die Finanzierung der dritten Auflage nicht gesichert war, wurde diese nun als PDF-Datei ins Internet gestellt.

Maria Barbara hieß sie also. Die Vorfahrin in neunter Generation war Tochter des Herrn Leonhard Jost, Churfürstlich Mainzischer Zentgraf in Fürth und Ober-Abtsteinach, Zentschultheiß in Wald-Michelbach und in der halben Zent Mörlenbach, auch Zentgraf der dritthalben Odenwälder Zenten genannt. Bisher war seine erstgeborene Tochter nur als N.N. bekannt. Die Abkürzungen stehen für Nomen Nominandum, lateinisch für "[noch] zu nennender Name") und bringen jeden Familienforscher zur Verzweiflung, besonders dann, wenn sie - wie bei vielen (Ehe-)Frauen im 17. Jahrhundert gängig - anstelle des Nachnamens auftauchen.

Allein das Datum der Eheschließung verknüpft mit einem der vier verbreitetsten Vornamen - Margaretha, Maria, Katharina und Anna - bietet nur eine Gewissheit: toter Punkt erreicht. Dann hilft nur noch eins: detektivischer Spürsinn. Mit etwas Glück und viel Beharrlichkeit lässt sich vielleicht beim Eintrag der folgenden Geburten auf das Alter der Mutter schließen und nach dem Nachforschen in den entsprechenden Kirchenbüchern auch dieser Margaretha, Maria, Anna oder Katharina ein Nachname zuordnen - manchmal jedenfalls.

Diese mühsame Suche in vergilbten Kirchenbüchern, deren Lesbarkeit erschwert wird von der Sauklaue mancher Pfarrer, entfällt dank der Familienbücher, in denen ortsgebundene Familien über Jahrhunderte kartiert wurden. Von Brensbach bis Stettbach - viele Ortsfamilienbücher gerade für die Odenwaldgemeinden sind inzwischen digital erfasst und vernetzt.

Nachdem die zweite Auflage des ersten Heppenheimer Sippenbuches seit Jahren vergriffen ist, machte Hans-Joachim Büge nun aus der Not - eine erneute Drucklegung erschien nicht finanzierbar - eine Tugend und stellte die überarbeitete Fassung als PDF-Datei ins Netz. Denn die Forschungsergebnisse aus den sechziger Jahren von Ernst Löslein und vieler Helfer sollten wieder zugänglich gemacht werden. Eingearbeitet werden sollten zudem die wenigen bekanntgewordenen Berichtigungen und Erweiterungen. Zur Ergänzung des Sippenbuches standen nun außerdem mehrere Familienbücher von Nachbargemeinden zur Verfügung.

Als Kompromiss zwischen altem Layout und der neuen Präsentationsform wurde das Format DIN A4 unter Beibehaltung der Satzspiegelbreite und der Schriftgröße gewählt. Die alte Gliederung wurde beibehalten.

Im Personenregister sind die Haupteinträge der jeweiligen Familien fett ausgezeichnet.

Neben Manfred Bräuer lieferten Heinrich Fußbahn (Aschaffenburg) und Ludwig Knapp (Fürth) zahlreiche Ergänzungen, die sie bei ihren Arbeiten entdeckten. stö

Papiertonne als Feind der Heimatforscher

"Die grüne Tonne ist der größte Feind der Heimatforscher." Hans-Joachim Büge spricht aus Erfahrung. Mancher Nachlass wurde schon kurz vor knapp aus der Papiertonne gerettet, und der Heppenheimer Bürgermeister, der vor hundert Jahren große Teile des Stadtarchivs der Wiederverwertung zuführte, ist unter Forschern berüchtigt.

Erfreulicherweise gibt es neben den Originaltexten Sekundärquellen, so dass viele Fakten erhalten bleiben - häufig an Orten, wo man geballtes Wissen nicht unbedingt erwarten würde. Unter anderem im Heppenheimer Stadthaus, Ebene Tiefgarage.

In zwei winzigen Kämmerchen - "zum Arbeiten absolut ungeeignet" - enthalten die blechernen Karteikästen (die mittlerweile als Antiquitäten gehandelt werden könnten) und die Rollschränke unglaublich viel Kleinarbeit.

Eine Kartierung der Ratsprotokolle aus vier Jahrhunderten ist in diesem Lagerraum des Heppenheimer Geschichtsvereins untergebracht. Aus den Zetteln lässt sich beispielsweise ersehen, was die Verpflegung der Offiziere kostete, die 1779 auf dem Marsch in die Niederlande im "Halben Mond" mit Fleisch und Brot verpflegt wurden, dabei wohl auch einiges Mobiliar zerdepperten.

Bauanträge, Gemeinderechnungen, Baumfällaktionen, Flurschäden - solche Hinweise lassen Rückschlüsse zu auf das soziale Gefüge und die Hierarchie in der Stadt während bestimmbarer Zeitabschnitte.

Im zweiten Kämmerchen lagern die Unterlagen für die drei Heppenheimer Familienbücher, die die Zeit von 1620 bis 1809 abdecken. Ein vierter Band ist in Vorbereitung und soll die Lücke bis 1900 schließen. Die standesamtliche Registrierung beginnt - regional unterschiedlich - in den siebziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts.

Ein tiefes schwarzes Loch bedeuten die Jahrzehnte zuvor für manchen Familienforscher, da bis zum Anknüpfen an den dritten Band zwei bis drei Generationen ermittelt werden müssen. Erscheint Band IV, ist ein positiver Nebeneffekt zu erwarten: Die unverkauften Exemplare von Band III finden dann vermutlichen reißenden Absatz, da eine nahtlose Verknüpfung bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts möglich ist.

Auch Familienbücher in Arbeit

In Arbeit ist außerdem der zweite Band der Familienbücher, der ebenfalls als PDF-Datei ins Netz gestellt werden soll - einschließlich der Ergänzungen, auf die wiederum Familienforscher bei der Arbeit an den Originaltexten gestoßen sind. Auch hier sollen - wie beim ersten Band - Verweise auf die inzwischen erschienenen Familienbücher in der Umgebung eingearbeitet werden. Für den ersten Band hat Hans-Joachim Büge dazu die Ortsfamilienbücher von Gernsheim, Fürth, Bürstadt, Weiher sowie die Weinheimer Bürgerlisten durchforstet und mit den Familienlisten verknüpft. stö

Das erste Heppenheimer Kirchenbuch stammt aus dem Jahr 1628

Grundlage für das erste Heppenheimer Sippenbuch ist das erste erhaltene Kirchenbuch von 1628. Damals - in den Anfangsjahren des Dreißigjährigen Krieges - machten die Jesuiten, die von 1624 bis 1628 zur Rekatholisierung eingesetzt waren, sozusagen eine "Bestandsaufnahme". Wie es auf dem Titelblatt geschrieben steht, wurden im März 1628 "alle Pfarrkinder von Haus zu Haus durch fleißige Nachfrage und umständlich verzeichnet".

Die ersten laufenden Einträge stammen von dem aus Walldürn kommenden Pfarrer Nikolaus Sartorius und beginnen am 25. März 1629. Das Buch schließt am 28. September 1656. Es hat mehrere durch Krieg und Krankheit bedingte Lücken. Am vollständigsten ist das Taufbuch. Allerdings wurden schon im Dreißigjährigen Krieg einige Blätter von Soldaten herausgerissen. Daher fehlt 1633 und teilweise 1634. Die Traueinträge fehlen von Ende 1631 bis Ende 1635, sind ab 1642 sehr lückenhaft und hören am 17. August 1649 ganz auf. Am spärlichsten sind die Eintragungen von Sterbefällen. Es sind nur wenige Einträge vorhanden von 1636/37, 1640/41 und 1655/56.

Das zweite Kirchenbuch beginnt 1656 und reicht bis 1697. Es hat ebenfalls viele Lücken. Insbesondere sind für 1685 bis 1697 nur einige Trauungen aufgrund von unvollständigen Notizzetteln nachgetragen. Für sie ist eine genaue Datierung fast unmöglich. Es wurde versucht, sie aus den Geburtsdaten der ältesten Kinder und bei Wiederverheiratung, aus den Sterbedaten der früheren Partner zu ermitteln.

Die Unvollständigkeit der Kirchenbücher hat aber noch einen anderen Grund. Infolge der Konfessionsstreitigkeiten wurden Taufen und Trauungen häufig in auswärtigen Kirchengemeinden vorgenommen. Reformierte Einwohner Heppenheims gingen vielfach nach Laudenbach oder Worms. Die Einwohner der Dörfer Igelsbach, Mitters-hausen und Scheuerberg, die politisch sowieso zum pfälzischen Amt Lindenfels gehörten, gingen nach Schlierbach. Über die dadurch entstandenen Streitereien wird sowohl in den Heppenheimer als auch in den Schlierbacher Kirchenbüchern berichtet.

Unabhängig von diesen konfessionsbedingten auswärtigen Handlungen gab es Eheschließungen mit Partnern aus Nachbarorten, insbesondere aus Bensheim. Letztere sind besonders interessant, weil die Ehebücher dort schon 1578 beginnen.

Weitere Familiendaten liefern Steuer- und Contributionsliste (1626), Vormundschafts- und Huldigungslisten (1623), das Bürgerverzeichnis (1654), Salbuch Starkenburg (1668), das Jurisdiktionalbuch (1668) sowie die Kompetenzbücher, in denen das Einkommen von Küstern und Pfarrern festgehalten wurde. Kellerei-Rechnungen von 1614, 1640, 1660, 1680 sowie die Renovation der Dörfer (1655) liefern Hinweise auf wirtschaftliche Zusammenhänge. Gleiches gilt für das Zinsbuch der Sankt-Peterskirche, dem Vorgängerbau des heutigen Doms der Bergstraße, von 1517. Darin sind die Besitzverhältnisse aufgezeichnet, soweit dafür Abgabeverpflichtungen zugunsten der Kirchengemeinde bestanden. Aus der Verschiedenheit der handschriftlichen Einträge lässt sich erkennen, dass es sich um zeitlich weit auseinanderliegende Nachträge handelt.

Auskunft über die Gegebenheiten im 16. Jahrhundert geben das Gefälleverzeichnis der Kellerei Lindenfels (1568), das Zinsbuch des Heilig-Geist-Hospitals in Bensheim (1579), die Hospitalurkunden Bensheim (1554 bis 1600), die Kompetenzbücher des Amtes Starkenburg von 1566, 1595 und 1605, das so genannte "Rote Buch" (1585 bis 1621), die Musterungsliste von Heppenheim und den sechs Dörfern (1588), das Fruchtregister (1588/92) und die wenigen erhaltenen Zunftbücher. stö

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