Heppenheim. Am Donnerstagabend sind die ersten ukrainischen Flüchtlinge aus dem Aufnahmelager in Gießen im Kreis Bergstraße angekommen. Über die Zwischenstation in der Heppenheimer Nibelungenhalle wurden sie in die Städte und Gemeinden des Kreises verteilt. Dieser Vorgang wird sich, so sehen es die derzeitigen Planungen vor, wöchentlich wiederholen.
Gleichwohl ist aber nicht ausgeschlossen, dass ein Bus mit Geflüchteten auch einmal außerplanmäßig in der Region anhält und die Menschen an Bord entsprechend versorgt werden müssen. Dann gilt es kurzfristige Schlafgelegenheiten ebenso bereitzustellen wie sanitäre Anlagen oder eine angemessene Verpflegung.
Einem ersten Praxistest wurden das dafür zuständige Team „Gefahrenabwehr“ des Kreises und der sogenannte Betreuungszug des Katastrophenschutzes, bestehend aus der Johanniter Unfallhilfe und dem Malteser Hilfsdienst, bereits Anfang dieser Woche unterzogen. Aus der spanischen Region Galicien war ein Reisebus unterwegs, um Flüchtlinge an der polnisch-ukrainischen Grenze abzuholen. Damit die Busfahrer ihre Lenkzeit einhalten konnten, legten sie auf dem Rückweg einen eintägigen Zwischenstopp im Kreis Bergstraße, und zwar in der Lampertheimer Feuerwehrschule, ein.
Nach Angaben der Viernheimer Malteser wurden Feldbetten im Gemeinschaftsschlafraum sowie Zwei- und Vierbettzimmer hergerichtet. Zupass kam allen Beteiligten, dass der Zwischenstopp in Lampertheim frühzeitig angekündigt worden war. Doch auch das muss freilich nicht immer so sein, berichtet Johanna Jacobi von der Heppenheimer Ortsgruppe des Deutschen Roten Kreuzes. Die junge Ärztin ist ehrenamtlich für die Öffentlichkeitsarbeit der Ortsgruppe zuständig.
Nach einer längeren Corona-Pause bereite sich das Heppenheimer DRK zwar schon seit einigen Monaten wieder auf den Ernstfall vor, so Jacobi. Der Krieg in der Ukraine habe nun aber noch einmal zu einer Intensivierung der Übungsstunden geführt – zumal der DRK-Stützpunkt an der Weiherhausstelle als „ortsfeste Betreuungsstelle“ gilt und somit auch als Notunterkunft dienen kann und muss. Vor knapp fünf Jahren sei der Ernstfall letztmals eingetreten, erinnert sich Jacobi. „Damals war ein Bus auf der Autobahn umgekippt, wir mussten eine Unterkunft für 30 Menschen herrichten.“
Beim jüngsten Dienstabend wurde jedoch ein aktuelles Szenario durchgespielt: „15 Flüchtlinge – zehn Frauen und fünf Kinder aus der Ukraine – sollen in einer Stunde in der Weiherhausstraße ankommen. Der Ortsverband muss in dieser kurzen Zeit eine Notunterkunft und Betreuungsstelle mitsamt Registrierung, Verpflegung, Schlafplätzen und sozialem Aufenthaltsbereich aufbauen.“ Die Halle wurde laut Jacobi in verschiedene Bereiche aufgeteilt; Feldbetten, Zelte und Pavillons wurden aufgebaut. „All das liegt bei uns immer bereit. Die jeweiligen Räume oder Bereiche sind dauerhaft markiert“, erklärt Johanna Jacobi.
Die Handgriffe saßen, die Halle war planmäßig vorbereitet. Schwieriger gestaltete sich jedoch die Theorieaufgabe, die sich vorrangig mit der Frage der Verpflegung beschäftigte. Johanna Jacobi: „Was brauchen wir alles? Und vor allem: Wo kann man in der Nacht von Sonntag auf Montag um 2 Uhr in Heppenheim und Umgebung Lebensmittel organisieren und zum Stützpunkt transportieren?“
Zumindest die Versorgung mit Getränken sei in der Weiherhausstraße geregelt, konstatiert Jacobi: „Wir haben immer eine Palette vorrätig.“ Die meisten Speisen sind allerdings nicht so lange haltbar, weshalb das Heppenheimer DRK in Kooperation mit einigen Supermärkten, Tankstellen, Bäckereien und Metzgereien eine Art Notfalltelefon eingerichtet hat. „Bei einigen genügt auch in der Nacht ein kurzer Anruf. Aber ob damit im Ernstfall auch wirklich alle Menschen versorgt werden können, müssen wir noch einmal überprüfen“, so die Ärztin. Um tatsächlich auf Nummer sicher gehen zu können, will das DRK seine Liste der Kooperationspartner in den nächsten Tagen anpassen – sowie aller Voraussicht nach erweitern und freut sich auf Angebote.. fran/ü
Bürgermeister lobt große Hilfsbereitschaft
„Wir freuen uns sehr über das große Engagement der Heppenheimer Flüchtlingshilfe, aber auch über die vielen privaten Initiativen zugunsten der Menschen, die aus der Ukraine in unsere Stadt kommen“, sagt Heppenheims Bürgermeister Rainer Burelbach. Seit Ausbruch des Krieges vor gut drei Wochen hat die Stadtverwaltung bislang 66 ukrainische Flüchtlinge – vorrangig Frauen und Kinder – registriert.
„Doch vermutlich sind es noch deutlich mehr. Viele haben sich bislang wahrscheinlich nur noch nicht bei den zuständigen Behörden angemeldet“, fügt Erste Stadträtin Christine Bender hinzu. Insbesondere für die Kinder und Jugendlichen sei die Registrierung aber notwendig, um eine Schule oder Kindertagesstätte besuchen zu können. Zur Kontaktaufnahme wurde extra eine Mailadresse eingerichtet: ukraine-am@kreis-bergstrasse.de.
Untergebracht wurden die ersten 66 Geflüchteten laut Burelbach ausschließlich in Privatunterkünften – unter anderem bei den 97 Landsleuten, die schon länger in der Kreisstadt leben. „Es ist wirklich beeindruckend, was in dieser Zeit von der gesamten Heppenheimer Bevölkerung angeboten und auch geleistet wurde“, lobt der Bürgermeister. Er weiß aber: „Das wird auf Dauer nicht ausreichen.“ Gesucht werden deshalb weitere Unterkünfte – sowohl bei Privatpersonen, aber auch in städtischen Liegenschaften. fran/ü
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