Ober-hambach. Die Schüler der Odenwaldschule (OSO) haben Zeichen für ihre Solidarität mit Flüchtlingen und für die Rechte von Kindern gesetzt. Mit einem Sponsorenlauf und der Einweihung des "Wegs der Kinderrechte" auf dem Schulgelände zeigten sie Flagge und taten Gutes. Die 72 Teilnehmer drehten 940 Runden mit 799 Kilometern und erliefen 7299 Euro für die Heppenheimer Flüchtlingsinitiative.
Idee und Organisation der Veranstaltung kamen allein aus den Reihen der Schüler. Den drei Hauptorganisatoren Theresa Priebe, Sophie Schill und Lukas Hammer ist es sogar gelungen, mit dem Kreisbeigeordneten Matthias Schimpf einen Schirmherrn für die Veranstaltung zu gewinnen.
Aktiv geworden sind die Schüler aus ihrem Selbstverständnis heraus, angespornt von dem Willen zu helfen. Schon lange engagieren sich die OSO-Schüler für die Flüchtlinge in der Kreisstadt - sie helfen ihnen beispielsweise, die deutsche Sprache zu erlernen und immer wieder gibt es gemeinsame sportliche Veranstaltungen.
Schimpf lobt Engagement
Schimpf brachte es in seinem Grußwort auf den Punkt: "Das ist eine wunderbare Aktion von Euch. Obwohl sich die Odenwaldschule in einer schwierigen Situation befindet, denkt Ihr nicht nur an Euch, sondern auch an andere." 1500 Flüchtlinge gibt es aktuell im Kreis Bergstraße, viele haben Schreckliches erlebt und eine teils jahrelange Flucht hinter sich. Es sei wichtig, diesen Menschen den Start in ihr neues Leben angenehm zu machen.
Der Kreisbeigeordnete freute sich über die vorbildliche und große Willkommenskultur im Kreis und wünschte den Läufern viel Kondition und Ausdauer, um eine möglichst hohe Summe für den guten Zweck zu erlaufen. 72 Läufer hatten sich am Start auf dem Goetheplatz eingefunden: Schüler, Lehrer, OSO-Mitarbeiter, Eltern und andere Menschen, die das Projekt unterstützen wollten. Auch 25 Flüchtlinge waren darunter, überwiegend aus Eritrea und Somalia.
In den vergangenen Wochen sind Freundschaften entstanden zwischen den jungen Menschen aus Afrika und den Schülern in Ober-Hambach.
Die jüngste Teilnehmerin des zweistündigen Laufes war die vier Jahre alte Zora Mayoufi, die zehn Runden schaffte. Der älteste Teilnehmer war 62. Mehr als 250 Zuschauer verfolgten das Geschehen entlang der 850 Meter langen Rennstrecke. Absoluter Rekordhalter war der 16 Jahre alte Ricardo Lenfert, der 29 Runden lief - also fast 25 Kilometer.
Zwei Stunden waren Zeit. Man konnte die Runden rennen, gehen, spazieren, dazwischen Pause machen. Nach dem fetzigen Warm-up mit Musik ging es erst einmal gemütlich über die Laufstrecke, aber nicht nur, um zu wissen, wo es entlang ging.
Entlang der Strecke ist der "Weg der Kinderrechte" entstanden. Schüler, Lehrer und Mitarbeiter der OSO haben Steine bemalt, die als Stationen einige der Kinderrechte versinnbildlichen. Das Recht auf Gesundheit wurde symbolisiert mit einem roten Herzen und dem roten Kreuz, das Recht auf Meinungsfreiheit als Schlagzeile einer Zeitung. Blau mit gelber Schrift der Felsen für das Recht auf Freizeit, das in Deutschland so selbstverständlich scheint.
Steine regen zum Nachdenken an
Die Worte "Elterliche Fürsorge" bildeten das Dach für eine gemalte Eulenfamilie, das Recht auf gewaltfreie Erziehung wurde vor dem Herder-Haus dargestellt - als mahnender Hinweis, dass damit nicht nur physische, sondern auch seelische Gewalt gemeint sei. Eine Art der Gewalt, die die Geschichte der Odenwaldschule geprägt hat.
Sabine Gunkel, Mitarbeiterin aus dem Waschhaus, bekam angesichts der vielen Menschen einen kleinen Schrecken, als sie den von ihr gestalteten Stein vorstellte: "Oh, Du lieber Gott!", lachte sie. Doch dann stellte sie in sehr einfühlsamen Worten das Recht der Kinder auf Schutz vor. Gespräche mit Kolleginnen, die seinerzeit aus Ex-Jugoslawien geflohen seien, hätten sie sehr berührt, sagte Sabine Gunkel. Immer und überall müssten Kinder beschützt werden - erst recht, wenn sie im Krieg lebten oder auf der Flucht seien. Vorbei an weiteren Steinen, die zum Nachdenken anregen, ging es zum Ausgangspunkt, wo bald das Startsignal fiel.
Noch steht nicht fest, für welchen Zweck das erlaufene Geld verwendet werden wird. Auf Wunsch der Flüchtlingsinitiative sollen die Flüchtlinge in diese Entscheidung mit eingebunden werden. Sicher ist nur, dass das Geld nicht für die Anschaffung von Mobiliar oder Ähnlichem eingesetzt wird. Die Summe soll für etwas Besonderes verwendet werden. Die Odenwaldschule hat mit dieser Veranstaltung nicht nur Gutes für die Flüchtlinge in der Kreisstadt getan, sondern erneut bewiesen, dass ein Ruck durch die Schule gegangen ist und man voller Elan den Neuanfang umsetzt. rid
Unterstützung durch Freunde und Hunde erlaubt
Mit dem Startsignal um 14.30 Uhr spurteten die Läufer los, als müssten sie nur einen kurzen Sprint hinter sich bringen. Doch spätestens ab der ersten - wirklich fiesen - Steigung reduzierten die meisten das Tempo etwas. Es war ein Glück, dass am Sonntag ein Lüftchen wehte auf dem Schulgelände und die Temperaturen nicht so hoch waren wie an den Vortagen.
Es ging eine große Runde über das Schulgelände, steil bergauf, dann wieder eben und gegen Ende treppab, ein durchaus anspruchsvoller Rundkurs. Damit ließen die Schüler eine alte Tradition wieder aufleben - Sponsorenläufe gab es schon früher auf dieser Strecke. Gewehr bei Fuß stand die Feuerwehr der Schule fast im wörtlichen Sinn: Mit riesigen Wasserspritzpistolen erfrischten sie auf Wunsch die Läufer mit einer kühlen Dusche.
Es gab Verpflegungsstationen wie bei einem Marathon - Getränke und Bananen in mundgerechten Stücken wurden dort gereicht. Nach jeder absolvierten Runde gab es einen Stempel auf ein Blatt Papier, das ums Handgelenk der Sportler gebunden war. Nach einer Stunde hatten die meisten zehn Runden hinter sich gebracht.
Trotz des schweißtreibendes Laufes gab es auch nach 90 Minuten immer wieder Einlagen, die für Stimmung sorgten: Da trug der eine seine Freundin im Laufschritt ein Stückchen huckepack, Groß und Klein liefen Hand in Hand, andere suchten Abwechslung im Rückwärtslaufen und einer nahm den Hund als Zugtier zu Hilfe.
Auch im Café der Odenwaldschule traf man immer wieder Teilnehmer des Laufes, die eine Pause eingelegt hatten und sich ein leckeres Stück Kuchen gönnten, bevor es mit neuem Schwung auf den Rundkurs ging. Einige Schüler führten akribisch Buch, listeten die Spender auf, von denen jeder Läufer so viele zu rekrutieren versucht hatte wie möglich.
Von 50 Cent bis 25 Euro pro Runde reichten die Einsätze der Sponsoren. Mit Musik und Anfeuerungsrufen wurden die Läufer zu Höchstleistungen getrieben. rid
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