Wie man mit dem Luftgewehr aus zehn Metern einen 0,5 Millimeter großen Punkt trifft

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Na, das kann ja nicht so schwer sein: Luftgewehrschießen. Und dann auch noch mit aufgelegter Waffe. Doch schon beim ersten Blick durch das Diopter, der bei Sportgewehren heute das klassische Kimme und Korn als Zielvorrichtung ersetzt, wird klar: Gar nicht mal so einfach.

Wie auf einem Schiff bei starkem Seegang schwankt der Mittelpunkt der zehn Meter entfernten Zielscheibe hin und her. „Das ist normal und auch bei uns Sportschützen nicht anders“, sagt Thorsten Forell, der sich beim Einhäuser Schützenverein als Rechner und Sportlicher Leiter engagiert. Entscheidend ist die richtige Technik. Ruhig bleiben und beim Ausatmen zum richtigen Zeitpunkt den Abzug drücken. Passt alles, landet die kleine trichterförmige Kugel genau in der Mitte der Scheibe.

Pressluft kommt aus einer Kartusche

Gerade mal 4,55 Zentimeter ist deren Durchmesser beim Luftgewehrschießen auf zehn Meter Entfernung. Will man die höchstmögliche Wertung von 10,9 erreichen, muss der winzige, nur 0,5 Millimeter breite Mittelpunkt satt getroffen werden. Präzision ist gefragt. Dann mal los. Und dazu muss zunächst einmal eine Diabolo genannte Kugel eingelegt werden. Eine Abknickvorrichtung für den Lauf, um das Gewehr zu öffnen und Luft für den Antrieb des Geschosses zu komprimieren, sucht man jedoch vergeblich.

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Auch die bis noch vor zehn Jahren gebräuchlichen Seitenspanner-Gewehre, die per Hebel unter Druck gesetzt wurden, hat der Verein ausgemustert. Die benötigte Pressluft kommt in modernen Sportgeräten aus einer eingesetzten Kartusche. Rund 250 bis 300 Schuss kann man so mit der Wucht von 200 bar Druck ohne Kraftaufwand abfeuern. Ein kleiner Hebel öffnet die Waffe. Mit ein bisschen Geschick muss jetzt die Munition in den Lauf gedrückt werden. Jetzt noch die Vorrichtung schließen. Und es kann losgehen.

Gewehr auflegen, genau zielen und...: Schon ein kleines Berühren des Abzugs reicht, um die Kugel abzufeuern. Das kam wirklich überraschend. „Es ist nicht so einfach, den Druckpunkt zu finden“, sagt Thorsten Forell. „Viel zu früh geschossen“, sagt das Gefühl. Ob es trügt, zeigt ein Blick auf den zum Schießstand gehörenden Monitor.

Messung mit Schall

Die Zeiten, zu denen man sich Papier-Zielscheiben per Seilzug kommen lassen musste, um zu nachzuschauen, wo das eingeschlagene Diabolo ein Loch hinterlassen hat, sind lange vorbei. Die Zielscheibenvorrichtungen auf dem Schießstand im Keller des Einhäuser Bürgerhauses messen mit einem akustischen Verfahren millimetergenau der Treffpunkt. Bei noch moderneren Anlagen funktioniere das mittlerweile per Lasertechnik, erläutert der Sportliche Leiter. So oder so: Entscheidend ist, was auf dem Bildschirm zu sehen ist.

Und da wird virtuell ein Loch leicht versetzt unten links angezeigt. „6,6“ ist daneben in großen Zahlen zu lesen. Wenigstens nicht vorbeigeschossen. Aber das geht doch bestimmt noch besser. Erst einmal nicht. Wieder sitzt der Schuss zu tief. 5,8 lautet diesmal das niederschmetternde Ergebnis. „Nicht nach dem Schuss direkt auf den Bildschirm gucken, sondern erst einmal zwei Sekunden in der Position verharren“, rät Thorsten Forell. Zu hektisches Agieren unmittelbar nach dem Abdrücken kann die Kugel noch leicht aus ihrer Laufbahn bringen. Nächster Versuch: 7,3. Immerhin. Es wird besser, wenn auch noch nicht gut.

„Da habt ihr ihm auch die ältesten Gewehre rausgesucht“, scherzt Bernd Hübner, der gerade zu diesem Zeitpunkt den Schießstand betritt. Doch an den vereinseigenen Sportgeräten liegt es sicherlich nicht, dass bei den Ergebnissen noch ein gutes Stück Luft nach oben ist. Die zur Verfügung gestellten Gewehre hält der Verein vor, um Neueinsteigern die Möglichkeit zu eröffnen, den Schützensport mal unverbindlich und ohne große Investitionen auszuprobieren. Auch bei den beliebten für alle Bürger offenen Wettbewerben wie dem Ostereierschießen kommen sie zum Einsatz.

Hightech-Sportgeräte

Die ambitionierten Sportschützen im Verein besitzen und nutzen hingegen jeweils ihre eigenen Druckluft-Waffen. Mindestens 1500 Euro müsse man für ein solches Präzisionssportgerät schon hinlegen, erläutert Thorsten Forell. Nach oben gibt es preislich kaum Grenzen. Ein Hightech-Luftgewehr könne durchaus schon mal 7000 Euro kosten.

Und nach Hightech sieht das Sportgerät, das Bernd Hübner aus seinem Koffer auspackt, zumindest schon mal aus. Es besteht unter anderem aus einem Aluminiumrahmen mit Holzauflagen. Und auch der Pressebesucher darf mal ausprobieren. Anlegen, zielen, abdrücken: 9,3 zeigt der Monitor. Gerade mal 2,5 Millimeter von der Mitte ist die kleine Kugel eingeschlagen. Geht doch. Ein wenig Stolz macht sich breit.

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„Für jedes unserer Mannschaftsmitglieder wäre das kein Grund zur Freude“, dämpft Thorsten Forell etwas die Euphorie. Jeder Schuss, der den Mittelpunkt nicht zumindest kratzt, verhagelt das Ergebnis. Eine 10 vor dem Komma ist mit aufgelegtem Gewehr Pflicht, will man selbst im Amateurbereich gute Ergebnisse erzielen. 30 Schuss geben die Luftgewehrschützen im Wettkampfmodus jeweils am Stück ab.

Übung ist für Nachwuchs-Schützen entscheidend

327 Punkte sind hier maximal möglich. Eine Zahl über 300 sollte am Ende möglichst auf dem Wertungsbogen stehen. Beim Aufeinandertreffen der ersten Einhäuser Mannschaft gegen PSG Zwingenberg Ende Januar erreichten die Einhäuser Luftgewehrschützen Ergebnisse zwischen 302 und 307 Punkten. In der Endabrechnung werden die Ergebnisse aller drei Mitglieder einer Mannschaft zusammengezählt. Einhausen musste sich hier dem Tabellenführer mit 915,3 zu 934,3 Punkten geschlagen geben. Etwas Übung gehört für Neueinsteiger also dazu, will man hier mithalten können.

Mit aufgelegtem Gewehr zu schießen, ist im Wettkampfbereich ohnehin nur für Senioren ab 51 Jahren vorgesehen. Jüngere Schützen müssen freihändig das Gewehr anlegen. Und das ist noch einmal eine ganz andere Sache. Auch, wenn das dafür verwendete Sportgerät mit nur rund drei Kilo Gewicht etwas leichter ist als die Auflegevariante, wackelt es deutlich mehr. Ein Versuch soll hier reichen. 6,4. Immerhin.

Aussicht auf Ostereier- und Gaudischießen

Mit der Luftpistole gibt es noch eine weitere Steigerung. Hier wird noch über das klassische Kimme und Korn das Ziel angepeilt, das allerdings deutlich größer ist, als bei den Gewehren. Zum Testen wird jedoch noch mal die kleine Scheibe anvisiert. Und wie zu erwarten. Der Schuss geht deutlich vorbei.

Die Luftpistolenschützen aus Einhausen können das natürlich weitaus besser. Gerade erst sind sie aus der Bezirksklasse 3 in die Bezirksklasse 2 aufgestiegen, sagt Thorsten Forell, der selbst dieser Mannschaft angehört.

Wer selbst einmal seine Treffsicherheit ausprobieren möchte, ist beim Schützenverein immer willkommen. Sollten es die Pandemiebedingungen zulassen, will der Verein auch wieder geselligen Wettbewerben wie dem Ostereierschießen oder dem Gaudischießen einladen.

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