Einhausen. Zu unserem im Ressort „Region“ erschienen Artikel „Viele Kommunen halten sich nicht an Grundsteuer-Empfehlungen“, der am 25. Januar erschienen ist, und zum Leserbrief „Schluck aus der Steuerpulle“ vom 28. Januar, bezieht die Gemeinde Einhausen in einer Pressemitteilung Stellung:
„Der Gemeinde Einhausen ist es wichtig, dass wir unsere Bürgerinnen und Bürger vollumfänglich informieren. Das ist in öffentlichen Sitzungen der kommunalen Gremien auch geschehen. Daher müssen wir die Äußerungen von Herrn Osterholt in seinem Leserbrief vom 28.01.2025 berichtigen, da seine wesentlichen Aussagen falsch sind. Herrn Osterholt als ehemaligem Mitglied des Gemeindevorstandes ist bekannt, was falsche Aussagen alles auslösen können. Insofern sind wir daher sehr überrascht, dass er sich im Vorfeld seiner Äußerungen nicht ausreichend bei der Gemeinde informiert oder an öffentlichen Sitzungen der kommunalen Gremien teilgenommen hat. Denn hier wurde alles transparent, offen und ehrlich kommuniziert, erläutert, besprochen, abgestimmt und beschlossen.
Am 10. April 2018 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Einheitsbewertung von Grundstücken und Immobilien in den alten Bundesländern seit Anfang 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar und damit verfassungswidrig ist. Damit durfte die Grundsteuer nicht mehr in der bisherigen Form erhoben werden. Bisher wurde die Grundsteuer für Häuser und Grundstücke in den alten Bundesländern nach Einheitswerten auf dem Stand von 1964 berechnet, in den neuen Bundesländern gelten hierbei sogar Werte von 1935. Dies bedeutet im Ergebnis, dass sich durch die einheitliche Neubewertung aller Objekte jeweils neue Messbeträge ergeben, die nach Eingabe der Eigentümer ausschließlich vom zuständigen Finanzamt festgesetzt und sodann den Eigentümern und den Kommunen übermittelt wurden.
Die Steuermessbeträge werden jetzt anhand eines Flächen-FaktorVerfahrens ermittelt. Dabei gilt im Grunde: Je größer das Grundstück, respektive die Wohnfläche, desto höher die Steuermessbeträge, auf die die Kommunen keinen Einfluss haben.
Als einer der Indikatoren für steigende Messbeträge kann neben dem nun einfließenden Bodenrichtwert sicherlich die letztmalige Bewertung anhand der Einheitswerte von 1964 herangezogen werden. Ältere Objekte, die seit diesem Zeitpunkt nicht neu bewertet wurden und bisher einen vergleichsweise geringen Messbetrag hatten, werden in der Regel einer höheren Neubewertung unterliegen und demzufolge in der Gleichbetrachtung mehr Grundsteuer zahlen müssen.
Von Land empfohlerer Hebesatz ist nicht aufkommensneutral
Mit der Grundsteuerreform haben die Gesetzgeber (Bund und Land) ein Verfahren zur rechtssicheren und einheitlichen wie gleichwertigen Grundstücksbewertung eingeführt. In diesem Prozess wurde empfohlen, dass die Kommunen die Reform möglichst aufkommensneutral ausführen sollen. Der von der Hessischen Steuerverwaltung empfohlene Hebesatz von 462 v. H. ist im Falle der Gemeinde Einhausen nicht aufkommensneutral. Im Gegenteil. Eine Senkung des Hebesatzes auf die vom Land empfohlenen 462 v. H. hätte Mindereinnahmen für die Kommune in Höhe von rund 75.000 Euro bedeutet. Für eine Aufkommensneutralität wäre bereits ein Hebesatz von 495 v. H. erforderlich gewesen.
Seitens der Kommunalaufsicht wird ein ausgeglichener Haushalt vorgeschrieben. Dieser wäre sowohl mit dem empfohlenen Hebesatz und den damit verbundenen Mindereinnahmen als auch mit einem neutralen Hebesatz von 495 v. H. nicht möglich gewesen. Somit hatte die Gemeinde Einhausen keine andere Möglichkeit, als es bei dem Hebesatz des Jahres 2024 zu belassen. Die Gemeinde entscheidet im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich zustehenden Hebesatzautonomie in Abhängigkeit von ihrem Finanzbedarf eigenverantwortlich über die in ihrem Gebiet geltenden Hebesätze und musste deshalb von der Empfehlung abweichen. Dies wurde in der öffentlichen Sitzung des Haupt-, Finanz- und Sozialausschusses (HFSA) am 28.11.2024 transparent, einstimmig und in der Gemeindevertretersitzung (GVE) am 10.12.2024 (eine Enthaltung, eine Gegenstimme) offen und ehrlich kommuniziert, ausführlich erläutert und beschlossen.
Allerdings bedarf es auch immer einer objektbezogenen Einzelbetrachtung. In der Einzelbewertung bedeutet die Neufestsetzung der Messbeträge in Einhausen im Kontext mit den bestehenden Hebesätzen, dass bei der Grundsteuer B knapp 40 Prozent der Grundstückseigentümer trotz des geänderten Messbetrages weniger Grundsteuer bezahlen müssen, hingegen auf circa 60 Prozent der Grundstückseigentümer Mehrbelastungen zukommen. Dabei befindet sich Einhausen immer noch unter dem Durchschnitt der Grundsteuer B des Kreises Bergstraße.
Unzureichende Finanzausstattung der Kommunen
Zur Wahrheit gehört auch, dass deutschlandweit durch eine unzureichende Finanzausstattung von Bund und Land und immer mehr auferlegte Pflichtaufgaben die allermeisten Kommunen in finanzielle Notlagen kommen. Für Einhausen bedeutet dies gestiegene Energiekosten, Kosten für die Unterbringung der Geflüchteten, hohe Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, gestiegene Kosten bei der Kinderbetreuung, Mehraufwand bei der Kreis- und Schulumlage, Umlage für den Landeswohlfahrtsverband (LWV), gesunkene Einnahmen bei der Gewerbesteuer, um nur einige zentrale Positionen zu nennen.
Auf diese Mehrbelastungen hat eine Gemeinde wie Einhausen keinen Einfluss. Die unvorhergesehenen Mehrkosten von derzeit mehr als 2,5 Millionen Euro belasten den aktuellen sowie die zukünftigen Haushalte in erheblichem Maße. Die Vorgabe der Kommunalaufsicht lautet dabei nach wie vor, einen ausgeglichenen und somit genehmigungsfähigen Haushalt einzureichen.“
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