Einhausen. Im Jahr 2018, als Einhausen sein 1250-jähriges Bestehen feierte, hat die Gemeinde gemeinsam mit dem Verein für Heimatgeschichte das Buch „Einhausen – Geschichte & Geschichten“ herausgegeben. In diesem findet sich auch ein Kapitel zum Brauchtum der Gemeinde, die bis zum Jahr 1937 aus zwei eigenständigen Ortsteilen bestanden hat, in denen teilweise unterschiedliche Bräuche gelebt wurden. Das erklärt sich auch dadurch, dass das heutige Einhausen Süd seit jeher katholisch, der Ortsteil nördlich der Weschnitz evangelisch geprägt ist.
Der Vorsitzende des Vereins für Heimatgeschichte Kurt Müller hatte zum Jubiläum im Archiv gekramt und war dort auf Gesprächsprotokolle gestoßen, die Aufschluss über das Brauchtum im Dorf noch vor 1900 geben: In den Jahren 1943 und 1944 hatte der Heimatforscher Heinrich Winter aus Heppenheim Gespräche mit älteren Bürgern beider Ortsteile geführt. Die Interviewpartner waren zum damaligen Zeitpunkt zwischen 72 und 82 Jahre alt, der älteste wurde 1860 geboren. Sie erinnerten sich teilweise an Bräuche aus ihrer Jugend, die weit vor der Jahrhundertwende lag.
Großeltern und Paten schenkten den Kindern das „Sommerei“
So wie heute war Ostern in Einhausen immer schon ein Fest, das in den Kirchen und im privaten Rahmen gefeiert wurde. Öffentliche Veranstaltungen gab es nicht. Eine große Ausnahme stellte das sogenannte Sommertagsfest dar. Es fand mitten in der Fastenzeit, am Sonntag drei Wochen vor Ostern statt. Auch wenn das Frühlingsfest nicht zu Ostern gerechnet werden kann, gab es dort Aktionen mit Eiern, die eine Verbindung zu Osterbräuchen aufweisen. So bekamen Kinder im gesamten Ort an diesem Sonntag von ihren Großeltern und Paten ein mit Zwiebelschalen oder Kaffee gefärbtes Ei geschenkt, das sogenannte Sommerei, das der „Sommerhas“ gelegt hatte.
Die evangelische Bevölkerung pilgerte an dem Tag bis zum Jahr 1958 mit geschmückten Fuhrwerken der Landwirte auf den sogenannten Sommerberg, eine Erhebung in den Sanddünen zwischen dem Groß-Häuser Bruch und dem Kannengießerberg. „Von dort warf man die Eier den Berg herunter“, heißt es in dem Buch „ Einhausen – Geschichte & Geschichten“. Kinder und Erwachsene seien den Eiern hinterhergelaufen, hätten sich dabei teilweise angestoßen und zu Fall gebracht und seien dann den Eiern hinterhergekullert. Es gibt auch ein Bild im Archiv des Heimatvereins, auf dem Frauen in langen Mänteln zu sehen sind, die mit Eiern auf Löffeln den Hang herunterlaufen. Die Kinder konnten aber auch Würste an einer Art Maibaum erklettern oder sie bei Wettrennen gewinnen.
Durch den Bau der Autobahn A67 und eine Aufforstung des Hügels mit jungen Tannen wurde das Sommertagsfest in den 1960er-Jahren nicht mehr fortgeführt.
Geweihte Sträuße sollten vor Unwetter und Seuchen schützen
Zwei Wochen später, am Palmsonntag, gab es im katholischen Ortsteil den gängigen Brauch, dass Kinder einen Strauß aus Weidenkätzchen zur Weihe in die Kirche trugen. Unmittelbar nach dem Gottesdienst wurde der Strauß im Haus an den Spiegel gesteckt, was gegen Blitzeinschlag und Unwetter schützen sollte. Im Stall sollte ein geweihter Strauß das Vieh vor Seuchen schützen.
Am Gründonnerstag verspeisten die Einhäuser traditionell grüne Lebensmittel. Bei den Katholiken gab es „mittags grünes Gemüse und Eier“, bei den Protestanten im nördlichen Teil „grüne Pfannkuchen“.
Am Ostersonntag kannte man den Brauch des Osternests. Eier wurden, wie zuvor erwähnt, mit Zwiebeln oder Kaffee gefärbt, teilweise mit Wachs beschriftet und darin platziert. Das Nest sah in den beiden Ortsteilen unterschiedlich aus: Im katholischen Süden wurden „die Eier in einen Busch gelegt oder in ein offenes, rundes Moosnest“. Im evangelischen Norden baute man ein „Bogennest“. Einig war man sich darin, dass der Osterhase die Eier gelegt hat. In Haushalten in ganz Einhausen wurden Spiegel mit „Eierketten“ dekoriert, die aus ausgeblasenen Eiern von Rebhühnern und Krähen gebastelt wurden.
Auch heute noch finden in vielen Gemeinden an der Bergstraße und im Odenwald am Ostersonntag Gottesdienste in der Morgendämmerung statt, um den Besuchern das bedeutungsvolle Erlebnis der aufgehenden Ostersonne zu ermöglichen. Hierauf bezieht sich ein für den katholischen Süden Einhausens überlieferter Brauch. Dort glaubte man einst, in der aufgehenden Ostersonne das Osterlämmchen als Symbol für den gekreuzigten und auferstandenen Christus zu sehen.
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