Lindenfels. Die Karwoche und das Osterfest sind in der polnischen Partnerstadt von Lindenfels, Pawlowiczki, besonders reich an Traditionen. Freilich gibt es in den alten oberschlesischen Gemeinden regionale Unterschiede, aber alles steht unter dem Motto „Der Winter muß naus, es Frühjoah ies doo“.
Das Osterfest beginnt mit einer Heiligen Abendmesse an Gründonnerstag. In allen Kirchen der Partnergemeinde verstummen die Glocken und Orgeln, Musik und Tanz gibt es nicht und bei den täglichen Gottesdiensten bedecken die Frauen ihre Haare mit Kopftüchern. Auch die Kreuze in der Kirche werden verhängt.
In der Heiligen Messe werden die Speisen mit Osterwasser geweiht
Die jungen Leute aus den Dörfern indes können das Fest kaum erwarten und ziehen Freitag- und Samstagnacht mit Holzgeklapper durch die Straßen. Bei der Heiligen Messe am Samstag werden Speisen, die traditionell in einem Korb in das Gotteshaus getragen werden, mit dem Osterwasser geweiht. Die Körbe beinhalten durchaus weltliche Schmankerl wie Schinken, Würste, Eier und Speck, Kuchen und Butter. Aber auch Salz und Meerrettich dürfen nicht fehlen. Vor dem Zweiten Weltkrieg kam gerne auch noch ein Stückchen Taube dazu. Der Brauch mit den Tauben war nicht überall in Oberschlesien verbreitet, der Brauch, die Speisen zu segnen, jedoch in der gesamten Region.
Am Ostersonntag gibt es ein großes gemeinsames Frühstück mit der ganzen Familie. Man besucht den Ostergottesdienst und auch die Eltern in Pawlowiczki verstecken für die Kinder bunte Osterkörbchen mit Süßigkeiten und gefärbte Ostereiern im Garten.
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Schon drei Wochen vor Ostern ziehen in einigen Regionen Oberschlesiens die Kinder mit ihren Sommerbäumchen durch die Straßen des Dorfs, in anderen Orten geschieht dies erst an Gründonnerstag. Aber eines hat der Brauch mit den Sommerbäumchen – auch Sommerpalmen genannt – gemeinsam: Es geht um Süßigkeiten, die die Dorfbewohner reichlich und gerne geben, wenn die Kinder mit ihren Stecken, die hübsch mit bunten Papierstreifen, Papierblumen und Bändern verziert sind, freundlich darum bitten.
Früher wurden eigens kleine Backwaren zu diesem Anlass hergestellt, aber heute sind auch die polnischen Supermärkte voll mit Süßwaren und die eigene Herstellung nicht mehr unbedingt notwendig.
Schmackostern ist auch ein Brauch, der in Oberschlesien noch bekannt ist. Am Ostertag besuchen die Burschen die jungen Mädchen, im Gepäck haben sie dünne Weidenruten, mit denen spielerisch auf Arme und Beine geklopft wird. Der alte Brauch soll nicht nur für Fruchtbarkeit sorgen, sondern auch den Armen und Beinen Kraft verleihen für die anstehende harte Arbeit im Jahresreigen.
Landwirte entzünden Osterfeuer auf ihren Feldern
Überhaupt stehen die Mädchen und Frauen im Ziel einiger Schabernacke. Weit verbreitet ist in Pawlowiczki nämlich, Frauen und Mädchen am Ostermontag mit Wasser zu begießen. Und dabei redet man nicht von ein paar verspritzten Tropfen, sondern die jungen Leute im Dorf gehen gleich mit gefüllten Wassereimern aufeinander los. Doch die Frauen und Mädchen wissen sich zu wehren. Und so kommt der eine oder andere Teilnehmer der berühmten Ostermontagswasserschlachten dann klitschnass nach Hause.
Osterfeuer leben inzwischen in der Region der Partnergemeinde wieder auf. Die alte Tradition wird von den Landwirten aufgegriffen, die die weit leuchtenden Feuer auf ihren Feldern entzünden. Die gefärbten Ostereier werden mit dünnen Nadeln oder Messern kunstvoll verziert, indem filigrane Muster hineingeritzt werden. Die Eier sind eine Augenweide.
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