Tradition

Im Odenwald bringt auch der Palmhase die Eier

In Seidenbuch wurden zu Ostern von den Paten Hefegebäcke in Hasenform ins Nest gelegt. In Schannenbach wurden die gefärbten Eier an einem Granitstein mit einem Sternenmuster verziert.  

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Jutta Haas
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Besondere Ostereier kreierten in Seidenbuch einst die Glasbläser mit ihren Schleiftechniken. Irene Roth übt diese Technik bis heute aus – allerdings mit einer kleinen Handschleifmaschine. © Jutta Haas

Lindenfels/Lautertal. Am Reichenbacher Marktplatz ist der Brunnen mit grünen Girlanden und bunten Ostereiern geschmückt und auch der Löwenbrunnen in Lindenfels hat in der Osterzeit eine schöne Dekoration bekommen. Das Schmücken von Brunnen gehört zu den Traditionen im Odenwald in der Osterzeit, es ist ein Dank an die Grundlage allen Lebens. Um das Osterfest gibt es viele Traditionen, die sich in Einzelheiten von Ort zu Ort unterscheiden können. Ostern ist ein christliches Fest, für die Gläubigen stehen Gottesdienstbesuche an und bestimmte Verhaltensregeln prägen diese Zeit.

Für die Kinder hat und hatte dieses Fest immer einen besonderen Charakter, ähnlich dem Weihnachtsfest. „Weihnachten gab es Lebkuchen und zu Ostern bunte Eier und auch Schokolade“, erinnert sich Heidi Adam, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Geschichts- und Heimatvereine im Kreis Bergstraße. Ein Schokoladenosterhase war für viele schon Luxus. In Seidenbuch wurden Gebildebrote in aller Regel von den Paten mit in das Osternest gelegt. Diese Brote waren süße Hefeteige, die die Form eines Hasen hatten.

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Eins war allen gleich: An Ostern brachte der Osterhase bunt gefärbte Eier. Es macht für die Kinder also Sinn, an den Osterhasen zu glauben. Der lässt sich oftmals schon in der Zeit vor Ostern blicken und wird von den Erwachsenen gesichtet. „In der Zeit sind die Feldhasen rollig und verlassen ihre Verstecke“, erklärt Heidi Adam. Deshalb heißt es „Der Osterhase ist unterwegs“.

Ganz bewusst wird in Seidenbuch mit der Vorosterzeit umgegangen. Matthias Roth, Leiter des Lindenfelser Museums, berichtet davon, dass drei Wochen vor Ostern (am Rosensonntag/Lätare) der „kleine Osterhase“ (Kloa Hoas) kommt. Er bringt für jedes Kind ein gefärbtes Ei, das im Vorgarten versteckt wird. Bekannt im Odenwald ist auch der Palmhase, der kommt aber eine Woche später, an Palmsonntag, und bringt bis zu zwei Eier, um damit Ostern anzukündigen.

In Kolmbach gab es „Grüne Pfannkuchen“ an Gründonnerstag

Der Palmsonntag ist der letzte Sonntag vor Ostern. Die Christen gedenken an diesem Sonntag dem Einzug von Jesus in Jerusalem. Dieser gehört bei den katholischen Christen zum Leidensweg Jesus. Der Tag wird mit einer Prozession und Palmweihe begangen. Diese Feiern in der katholischen Kirche haben eine lange Geschichte, die noch vor das 9. Jahrhundert zurückgeht. Eigentlich war die Palmweihe eine Ostertradition heidnischen Ursprungs, denn die Palmwedel sollten vor Blitz und Feuergefahren schützen. Auch in der kleinen Seidenbucher Kapelle wurde die Palmweihe gefeiert. Die Palmsträuße wurden aus Weidenkätzchen mit Buchsgrün angefertigt. Wie Matthias Roth berichtet, haben sich an der Palmweihe im Ort auch evangelische Christen beteiligt.

Nach dem Palmsonntag beginnt die Osterwoche und es folgt der Gründonnerstag. Die Christen gedenken des letzten Abendmahls, das Jesus mit zwölf Aposteln gefeiert hatte. In der katholischen und evangelischen Kirche werden Abendmahlsgottesdienste gefeiert. In den katholischen Kirchengemeinden verstummen dann die Kirchenglocken und das Orgelspiel. Weit verbreitet ist bis heute, dass zur Mittagszeit etwas Grünes auf den Tisch kommt. Bekannt ist die Frankfurter Grüne Soße. Bei Heidi Adam gab es Spinat, Kartoffeln und ein Spiegelei. Matthias Roth berichtet, dass in armen Gegenden auch die jungen Brennnesselblätter zu Spinat gekocht wurden. Im Kolmbacher Heimatbuch ist von „Grünen Pfannkuchen“ zu lesen.

In vielen Ortschaften im Odenwald wie hier in Lindenfels werden die Brunnen zu Ostern bunt geschmückt. Dem Wasser als Grundlage allen Lebens soll damit Dank gesagt und der Wunsch ausgedrückt werden, dass auch die nächsten Ernten wieder gut ausfallen. © Jutta Haas

Ein gesetzlicher Feiertag ist heute der Karfreitag. Die Christen gedenken dem Leid Christi und seinem Sterben am Kreuz. Es ist ein stiller Tag. Tanzfeste und andere Feiern sind vielerorts verboten. In den Kirchen wird mit einem schmucklosen Altar ohne Tücher, Blumen oder Kerzen der Gottesdienst begangen. In den katholischen Kirchen werden die dreiflügeligen Altarbilder geschlossen, es schweigen Orgel und Kirchenglocken. Mit Holzratschen oder -klappern wird zum Gottesdienst gerufen. Den Kindern wurde erzählt, dass die Glocken nach Rom geflogen sind, wo sie vom Papst gesegnet werden.

Für die evangelischen Christen gehört der Karfreitag zu den hohen Feiertagen, oft wird ein Abendmahl gefeiert. In vielen Gegenden schweigen auch die Glocken oder es läutet nur eine besondere Glocke zum Gottesdienst.

In vergangener Zeit, als noch Tracht getragen wurde, wurde zum Karfreitagsgottesdienst die schwarze Abendmahlshaube aufgesetzt. Nicht jede Frau besaß eine schwarze Haube und zog deshalb über die bunte Perlenstickhaube eine weiße Haube aus Weißstickerei.

In der Küche wurde an diesem Tag kein Fleisch zubereitet. In vielen ärmeren Haushalten gab es selbst gemachte Nudeln mit Obst. „Wer gute Kontakte etwa zu einem Forellenzüchter hatte, konnte sich für Karfreitag einen Fisch besorgen“, berichtet Heidi Adam.

Der Samstag vor Ostern ist und war für viele Menschen kein besonderer Tag. Jeder geht seiner Arbeit nach. Eine besondere Beschäftigung haben die Kinder. Am Ostersamstag waren auch die Seidenbucher Kinder mit dem Herstellen des Osternestes beschäftigt. Es gab die Tradition, dass aus Weidenruten kleine Schlitten gebastelt wurden. Diese hatten eine Art Schaufel, die dazu diente, das gesammelte Moos sicher nach Hause zu bringen.

Am Ostersamstag bastelten die Kinder ein Osternest

Für das Osternest wurde eine Brotlaibschüssel mit Stroh oder auch Moos ausgepolstert. Das Kunstwerk hatte einen ringähnlichen Rand, der mit bunten Blumen geschmückt wurde. Andere Nester waren kleine Höhlen, die mithilfe von Weidenruten geformt waren. In das Nest wurden ein paar Gräser der Art Hainsimse oder auch Hoasebabbelchen gelegt. Das war dann das Geschenk für den Osterhasen.

Wenn alles gut lief, fehlten am Ostersonntag die Hoasebabbelchen und dafür lagen bunte Eier im Nest. Manchmal trieb der Osterhase auch Schabernack und versteckte das Nest irgendwo im Garten. Von ihren Paten bekamen die Kinder in manchen Orten zehn Eier geschenkt. „Die Zahl 10 ist wichtig. Nicht jedes Ei musste gefärbt sein und auch rohe Eier waren erlaubt“, so Matthias Roth.

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Von
Janine Ak
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In Form eines Hasen wurde auch ein Gebildebrot ins Nest gelegt. Dieses ist vergleichbar mit der Neujahrsbrezel und hat die Form eines Hasen. Heidi Adam berichtet davon, dass an Ostern auch schon mal ein Schokoladenosterhase im Nest lag. Oftmals haben die Paten diese Leckerei beigesteuert. Oder es lagen neue selbst gestrickte Strümpfe mit im Nest. Mit den vielen Eiern verging für die Kinder der Ostersonntag mit Spielen. Die einfach gefärbten Eier konnten zum Eierweitwurf und andern Spielen gut verwendet werden.

Die Ostereier waren schlicht und mit Zwiebelschalen, Kaffeesatz oder auch mithilfe der Wurzel des Labkrautes, der Osterwurzel, gefärbt. Eichenholz oder das Holz von Nussbäumen eignete sich ebenfalls zum Färben.

Manche Eier waren kleine Kunstwerke. Für Batik-Eier beispielsweise wurde ein Blatt von einer Wiese mit einer Schnur fest an das Ei gebunden. So wurde das Ei dann gefärbt. Es gab auch Eier mit Wachs, in die Muster gekratzt wurden. Oder Eier, die mit Seidenbändern und Spitzen dekoriert werden. Im Nachbarort Schannenbach gab es Eier mit einem Sternenmuster. Den Kindern wurde erzählt, dass sich am Ortseingang das Osterhasenhäuschen befindet. Dort gibt es einen Granitstein, der zum Kratzen der gefärbten Eier verwendet wurde. So entstand das Sternenmuster.

Kunstvolle Binseneier als Osterschmuck

Eine andere Kostbarkeit sind Binseneier, die auch in Seidenbuch angefertigt wurden. Das weiße Mark der Sauergräser wurde entnommen und damit filigrane Kunstwerke aus den Eiern geschaffen. In den Ortschaften gab es unterschiedliche Arbeitstechniken. So wurden in Hambach etwa Binseneier mit alten Stoffläppchen dekoriert. Das Binsenei ist eine alte Odenwälder Tradition, auf den feuchten Wiesen kam das Sauergras recht häufig vor und es war für die Landwirtschaft wertlos.

In Seidenbuch gab es dank der Techniken der Glasbläser besondere Schmuckeier. Sie hatten die Möglichkeit, mit ihren Maschinen Gläser zu gravieren. Anstelle von Glas erhielten nun die Ostereier schöne Muster, auch mit Blumenmotiven, und auf der gegenüberliegenden Seite einen Spruch. Irene Roth beschäftigt sich mit dieser Technik und graviert mit einem kleinen Gerät, das auch in Zahnarztpraxen genutzt wird. So lautet ein Spruch: „Der Friede muss gestiftet werden, er kommt nicht von allein.“

Das Ei gilt im Christentum als ein Symbol für die Auferstehung Christi. Oft wird das Öffnen der Ei-Schale mit dem leeren Grab Christi am Ostermorgen in Verbindung gebracht.

Für die Christen ist der Ostersonntag wieder ein wichtiger Tag. Die Glocken läuten zum Gottesdienst. Der christlichen Geschichte nach ist Jesus von den Toten auferstanden, auferweckt von Gott, und hatte sein Grab verlassen. Das ist nun ein Tag zum Feiern. Nach dem Gottesdienst wird ein gutes Mittagessen zubereitet. „Es gab Fleisch und für jeden satt zu essen“, berichtet Heidi Adam.

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