Bunter Abend

Einhäuser Traditionsverein startete auch ohne Fastnacht eine Rakete der guten Laune

Von 
Felix Wolf
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Die Laienspielschar des VzEdT begeisterte beim Bunten Abend mit dem Ein-Akter „Der 75. Geburtstag“. © Ernst Lotz

Einhausen. Zwei Jahre Zwangspause hatte der Verein zur Erhaltung der Tradition (VzEdT) in Einhausen einzulegen. Die Corona-Pandemie machte bei vielen geplanten und traditionellen Veranstaltungen einen Strich durch Rechnung. Mit der Wahl der Kerwekönigin Ende Juni konnte der Verein dann erstmals in diesem Jahr wieder eine große Veranstaltung für die Bürger anbieten. Und das endlich in der neuen Mehrzweckhalle. Jedoch mussten zuvor noch zwei Kernveranstaltungen des Traditionsvereins mit Blick auf die Pandemie abgesagt werden: das Theaterstück der freien Laienspielschar sowie die Narrengiggelsitzungen zur Fastnacht. Als Ersatz dafür veranstaltete der VzEdT am Freitag und Samstag einen Bunten Abend.

Der Platz der neuen Mehrzweckhalle wurde dafür sinnvoll genutzt, Gruppentische sorgten für die Atmosphäre eines gemütlichen Beisammenseins und boten dennoch genügend Platz für die Besucher. Die neue Lichttechnik der Halle sorgte für stimmungsvolle Party-Atmosphäre. Schon vor Beginn der Veranstaltung erklangen angeregte Gespräche und fröhliches Lachen in der Halle, die trotz der sommerlichen Außentemperaturen angenehm kühl war.

Zurück im Einhäuser Wohnzimmer

Kristof Glanzner, Präsident der Fastnachtssitzungen, begrüßte die Gäste nach langer Pause zurück im „Einhäuser Wohnzimmer“. Man habe sich dieses Jahr auf die Narrengiggelsitzungen im Februar gefreut und musste sie dann dennoch wieder absagen. Jetzt hole man einen Teil davon mit den Bunten Abenden nach. Die Veranstaltungen sollten auch einmal von aktuellen Problemen wie Krieg, Inflation und Corona ablenken und einfach für ein paar schöne und unterhaltsame Stunden sorgen.

Den Anfang dabei machte die freie Laienspielschar Einhausen mit dem Ein-Akter „Der 75. Geburtstag“ . Die Truppe um Regisseur Jacky Degen versteht es seit jeher, amüsante Stücke auf die Bühne zu bringen und dabei Ortsgeschehen und Einhäuser Persönlichkeiten in die Narration einfließen zu lassen.

Mit lautem Lachen und tosendem Applaus wurde die Aufführung der Schauspielerinnen und Schauspieler gewürdigt. So wurden diese, sowie Martina Gärtner, die sich um Requisite und einen reibungslosen Ablauf hinter der Bühne kümmerte, Anneliese Penava, zuständig für Maske und Frisur, und die Souffleuse Johanna Degen für die vielen Stunden Vorbereitung entlohnt.

Chaos im Esszimmer an Omas 75. Geburtstag

Der von der Laienspielschar aufgeführte Ein-Akter „Der 75. Geburtstag“ spielt in einem Esszimmer. Sabine Grüner, als gestresste Frau des Hauses, deckt den Kaffeetisch für den 75. Geburtstag der Oma. Es soll ein schöner Nachmittag werden, bei dem die Jubilarin geehrt wird. Dass sich hoher Besuch in Form des Bürgermeisters, verkörpert durch Christopher Hiemenz, angekündigt hat, trägt nicht zur Beruhigung der Lage bei.

Oma Magret – Dagmar Amborn spielte die sture rüstige Rentnerin – freut sich auf den Besuch, schließlich „trägt er immer so scheggische Hemden. In orange oder rosa.“ Doch selbstverständlich läuft an diesem Tag nicht alles nach Plan. Ehemann „Ludwisch“, über die Bühne torkelnd präsentiert von Volker Grieser, öffnet schon früh die erste Flasche Schnaps und lässt damit den Alkohol, bis zum Ende des Stücks, in rauen Mengen strömen. Oma Margret redet nicht mit ihrem Mann, Opa Adam. Dieser, gespielt von Jacky Degen, hat zum einen damit zu kämpfen, dass er am Geburtstag seiner Frau nicht im Mittelpunkt steht, und zum anderen damit, dass die Freundin der Familie, Rosa Hässlich, gespielt von Maite Grüner, seine Annäherungsversuche nicht erwidert, sondern sich eher um die Torte und den Schnaps-Haushalt kümmert.

Wenn dann die Großeltern ins Altenheim gebracht werden sollen („Des in Lorsch is sou oig feu“), der Bürgermeister beim besten Willen nicht dazu kommt, seine Ansprache an die Jubilarin zu beenden, die Frau des Hauses sich über die Sitzordnung den Kopf zerbricht („Mer kenne de Opa net näwe die Oma setze, die redde heit nix minonner un isch will net, dass Oaner vun de Gäscht ebbes merkt“), ihr Mann und sein Vater sich konstant einen hinter die Binde kippen und die Tochter, dargestellt von Anika Grüner, ihrem Vater erzählt, dass sie mit 22 Jahren schon aufgeklärt ist, ist das Chaos im Esszimmer perfekt. Wenn dann, neben dem ungebändigten Alkoholkonsum, auch noch diverse Tanzeinlagen mit Disco-Bürgermeister und Oma zu „Stayin’ Alive“ abgefeuert werden, die Tochter singend fragt warum „de Rhoin so braat is“, Opa mit seinen derben Sprüchen rundum Schamesröte in Gesichter treibt und die zwei Rentner am Ende planen, einen sechswöchigen Urlaub in Korsika im Odenwald zu verbringen, inklusive Segelflugzeug-Hinreise aus Schwanheim und Fallschirmsprung aufgrund einer fehlenden Landebahn, dann gibt es für das Publikum kein Halten mehr. fw

Nach einer kurzen Pause betraten dann die Dancing Chicks die Bühne. Das ehemalige Nachwuchsballett des Vereins ist mittlerweile zu einem festen Bestandteil der Narrengiggelsitzungen geworden und aus dem Vereinsleben nicht mehr wegzudenken. Unter Leitung der Trainerinnen Alexandra Hartmann und Josefine Bickel hatten sie eine neue Choreographie erarbeitet. Unterstützt von der neuen Lichttechnik der Halle, gesteuert und aufgebaut von Holger Grüner und Niklas Bauer, präsentierten sie ihr Sommer-Medley. Zu Liedern, wie „Waka Waka“ von Shakira, zeigte die Formation in ihren sommerlich-bunten Outfits ihr Können. Der Auftritt wurde mit tosendem Beifall quittiert und es gab lautstarke „Zugabe“-Rufe. Diesem Wunsch kamen die Dancing Chicks selbstverständlich nach.

Ein klassischer Bestandteil der Narrengiggelsitzung sind die Büttenreden. Da es sich beim Bunten Abend jedoch nicht um eine Fastnachtssitzung handelte, wurde dieses Konzept angepasst. Hans Peter Florl, Kristof Glanzner und Markus Glanzner hatten einen Vortrag vorbereitet. Als „RTL extra: der große Corona-Freizeit-Report“ sahen sie sich eine kleine Gemeinde in Südhessen im Hinblick auf die dortigen Freizeitaktivitäten und die Vereinsarbeit genauer an. Der Ort, an dem „Gott wohl die Erde geküsst hat“, war selbstverständlich die Gemeinde Einhausen. Was folgte, war ein Rückblick auf die vergangenen Jahre Vereinsgeschichte des VzEdT. Es gab Fotos der Vorsitzenden Christiane Hiemenz im Damenballett zu sehen, Bilder des Kerwevadders Lukas Mahr, und auch der ehemalige Kerwevadder und heutige Bürgermeister Helmut Glanzner bekam bei diesem Vortrag sein Fett weg.

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In humoristischer Art und Weise führten die Redner durch ein klassisches Jahr im VzEdt. Dieses beginnt im Oktober mit den Proben für die Fastnachtssitzungen, dann folgen die Aufführung des Theaters, die Hahnekammspiele, bei der die verschiedenen Kerwegruppen des Vereins in unterschiedlichen Disziplinen und Spielen gegeneinander antreten, und endet schließlich im Oktober mit dem „Fest der Feste“, der Einhäuser Giggelskerwe. Bilder dieser Veranstaltungen wurden während des Vortrages gezeigt, Filmmaterial der Kerwe von 1959 sorgte für nostalgische Stimmung und zeigte, dass damals nicht weniger gefeiert und auch nicht weniger getrunken wurde als heute.

Im engen Lederoutfit

Die Reggaetones sorgten danach für einen Anstieg der Raumtemperatur in der Halle. In engen Lederoutfits, Masken und Peitschen zeigten sie eine energiereiche Choreografie zu treibenden Elektro-Remixen bekannter Popsongs. Die Soundanlage der Halle peitsche wabernde Bässe direkt in die Magengrube und die Reggaetones um Trainer und Tänzer Pedro Blas gaben auf der Bühne Vollgas. Die Performance wurde vom Publikum mit lautem Klatschen begleitet. Mit nicht weniger Power als zuvor ging die Formation dann in die eifrig eingeforderte Zugabe.

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Ein unangekündigter Test zum Wissensstand des Einhäuser Dialekts sorgte im Anschluss für rege Gespräche an den Tischen, etwa wenn darüber diskutiert wurde, wie man Begriffe wie „Brabbel“, „Dibbe“ oder „kniggerisch“ am ehesten ins Hochdeutsche übersetzen könnte.

Das Finale des Abends bestritt das Vereinsballet Chicken Girls. Mit geballter feministischer Kraft betraten sie die Bühne. Auf den T-Shirts eine rosa-farbene Hand, zur Faust geballt und in den Himmel gestreckt. Mit impulsiven, dynamischen und energievollen Bewegungen tanzten sie zu Herbert Grönemeyers „Männer“, ehe sie die Hüte abnahmen, die Haare öffneten und mit ihrer Choreographie zu „Run The World (Girls)“ von Beyoncé dem Patriachart den Kampf ansagten. Die Frage danach, wer denn nun die Welt regiere, hatten sie damit eindeutig beantwortet. Die Chicken Girls beherrschten die Mehrzweckhalle.

Stehende Ovationen und ein Helau

Nach zwei Jahren standen die Gruppen wieder auf der Bühne, das Publikum war begeistert und überschüttete alle Gruppen, die sich zum Ende gemeinsam auf der Bühne einfanden, mit jeder Menge Applaus. Kristof Glanzner ließ auch außerhalb der Fastnachtszeit eine „Rakete starten“. Zu den Ankündigungen von „Stufe 1“ zu „Stufe 2“ und „Stufe 3“, trommelten und stampften Akteure und Publikum lautstark mit, ehe es im kollektiven „Helau“-Ruf endete. In allen Gesichtern zeichnete sich ein strahlendes Lächeln ab, ehe die Gruppen unter stehenden Ovationen die Halle verließen. Ein bunter und vor allem gelungener Abend ging zu Ende.

Redaktion

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