Einhausen. Umgeknickte Weiden-stämme, die ins Wasser oder auf den Damm gefallen sind: Spaziergänger an der Weschnitz sind bisweilen verwundert, weil die Natur aussieht, als sei ein Unwetter darüber hinweggezogen. In sozialen Netzwerken posten Einhäuser Bilder mit erschrockenen Smileys. Die meisten wissen, wer der Verursacher ist: der Biber, seit 2016 heimisch in Einhausen.
Auch Florian Schumacher, Vorsitzender der Einhäuser Gemeindevertretung und von Beruf Technischer Leiter beim Gewässerverband Bergstraße, bekommt ab und zu Anrufe von verunsicherten Einhäusern. Er betreut mit seinen Kollegen 280 Kilometer Fließgewässer im Kreis. Die Hauptachsen sind die Weschnitz und ihre Zuflüsse bis Biblis sowie die Lauter im Odenwald.
Schumacher kennt sich also bestens aus mit den Revieren des Bibers. Mancherorts, sagt er, gerate das nachtaktive Tier mit dem Menschen in Konflikt, weil es nicht weiß, dass ein Baum, den es im Begriff ist zu fällen, zum Beispiel auf ein Wohnhaus im Odenwald oder auf die Autobahn fallen würde.
Oder, dass es durch die Dämme, die es baut, Wasser aufstaut und damit ganze Landstriche fluten kann, obwohl es nur für ausreichend Wasser über seinem Höhleneingang sorgen wollte, um sich darin sicher vor Feinden zu fühlen.
Biber-Manager entwickeln Ideen
Landschaftsgestalter werde der Biber genannt, erzählt Schumacher, und das könne man negativ und positiv verstehen. In Fällen wie den oben geschilderten greife heutzutage der Mensch ein, fälle etwa die angeknabberten Bäume gezielt, so dass sie keinen Schaden anrichten können, oder baue Entwässerungssysteme, die den Wasserspiegel absenken, „damit der Biber nicht so hoch bauen muss“. Das Land Hessen setze Biber-Manager, etwa in Darmstadt, ein, die sich um kreative Lösungen kümmern.
In Einhausen bestehe jedoch kein Problem. Das Biber-Paar, das sich hier angesiedelt und mittlerweile drei Junge hat, habe mit der renaturierten Weschnitz ein ideales Revier. Hier könne man vom Biber als Landschaftsgestalter im positiven Sinne sprechen, stellt Schumacher klar, denn der Biber trage mit seiner natürlichen Verhaltensweise zum Naturschutz bei.
„Wenn die Weiden, die wir am Weschnitzufer gesetzt haben, eine bestimmte Größe erreichen, müssen wir sie per Hand kürzen, was mit hohen Kosten verbunden ist“, erläutert der Experte und fährt fort: „Der Biber macht diesen Einsatz kostenlos.“ Zudem seien die vom Biber gefällten und ins Wasser gefallenen Weiden gut für das Ökosystem. „Totholz und Laub gehören zu einem natürlichen Gewässer.
Sie ziehen wirbellose Tiere an, die darauf spezialisiert sind, dieses organische Material zu zersetzen. Diese Tiere wie Muscheln und Schnecken werden von Fischen gefressen, die wiederum am Wasser lebenden Vögeln wie dem seltenen Eisvogel als Nahrung dienen. Er wurde in Einhausen schon gesichtet. Fazit: „An den Weiden lassen wir den Biber gewähren“, so Schumacher. Hochwertige Gehölze werden von ihm und seinen Kollegen durch Zäune geschützt. Derzeit sei die Situation klar: „Was wir schützen wollten, haben wir geschützt, alles andere ist freigegeben“, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Ein Ausflug in die Vergangenheit
Zum Schluss macht der Experte einen Ausflug in die Vergangenheit: Biber seien in früheren Jahrhunderten regelrecht verteufelt worden, weil sie, indem sie Äcker unter Wasser setzen, die Lebensgrundlage der Menschen gefährdeten. Heute habe man wirksame Schutzmaßnahmen. Und, in Bezug auf die gerade begonnene Fastenzeit: Wegen seiner beschuppten Kelle habe man den Biber kurzerhand zum Fisch erklärt - und gegessen.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/einhausen_artikel,-einhausen-biber-einhausen-weschnitz-tiere-_arid,2176794.html