Einhausen. Gerüchte, dass Grundstücke im Baugebiet im Knippel auch zu „deutlich höheren Preisen“ verkauft wurden, als es der von der Gemeinde festgelegte Satz vorsieht, haben nach Einschätzung der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Hanna Blumenschein zu „massiven Unmut“ bei einigen Bürgern gesorgt.
Die Grünen hatten daher eine offizielle Anfrage an den Gemeindevorstand gerichtet, die jedoch bei der vergangenen Sitzung der Gemeindevertretung nicht mündlich beantwortet wurde. Stattdessen erhielt die Fraktion eine schriftliche Antwort aus dem Rathaus, die nach Einschätzung von Hanna Blumenschein „durchaus von öffentlichem Interesse“ ist.
Nächstes Baugebiet frühestens im Jahr 2025
Die annähernd 100 Baugrundstücke für Einzel- oder Doppelhäuser im neuen Baugebiet „Im Knippel“ wurden nach Angaben der Gemeinde ausschließlich an private Bauherren vergeben.
Die Grundstücke für Mehrfamilien- und Reihenhausbebauung werden im Zuge einer Konzeptvergabe an Bauträger veräußert.
Aktuell besteht keine Möglichkeit mehr, sich auf die Interessentenliste aufnehmen zu lassen, die Vergabeverfahren sind abgeschlossen.
Die Gemeinde beabsichtigt jedoch, in den kommenden Jahren weitere Wohnbaugebiete zu entwickeln. Die Gemeindevertretung brachte in diesem Jahr das Bebauungsplanverfahren für die Wilbers IV auf den Weg. Dabei handelt es sich um ein 2,2 Hektar großes Areal nördlich der Geschwister-Scholl-Straße.
Mit einem möglichen Baubeginn rechnet man im Rathaus allerdings erst frühestens 2025, wird auf der Homepage der Gemeinde betont.
Es besteht bereits jetzt die Gelegenheit, sich auf eine neue Interessentenliste für künftige Wohnbaugebiete aufnehmen zu lassen. Hierfür genügt eine formlose E-Mail an die Gemeinde mit Angabe von Name, aktueller Adresse und Telefonnummer.
Aus rechtlichen Gründen werde jedoch ein öffentlich bekanntgemachter Stichtag erforderlich, ab dem man sich um ein Baugrundstück in einem bestimmten Gebiet bewerben kann.
Bereits gelistete Interessenten genießen den Vorteil, dass sie von der Gemeindeverwaltung per Mail über Stichtag und Bewerbungsbedingungen informiert werden.
Für zukünftige Verfahren sollen zudem die Vergabekriterien neu festgelegt werden. Ein entsprechender Antrag der SPD soll laut Beschluss der Gemeindevertretung in den Ausschüssen beraten werden. Ziel ist es, vom aktuellen „Windhundprinzip“ bei der Bauplatzvergabe – wer zuerst kommt, mahlt zuerst – wegzukommen.
Nach dem Antrag der SPD sollen verschiedene Kriterien wie ein Bezug zur Gemeinde, nicht vorhandener Grundbesitz sowie weitere soziale und ökologische Aspekte bei der Vergabe berücksichtigt werden.
Schon beim Baugebiet im Knippel hatte die Gemeindevertretung erstmals eine soziale Komponente als zusätzliches Vergabekriterium eingebaut. Zehn Prozent der Bauplätze sollten demnach vornehmlich an Besitzer der Ehrenamts-Card vergeben werden – also an Menschen, die sich in besonderer Weise ehrenamtlich engagieren. kel
Nach Angaben der Verwaltung wurden demnach alle Einzel- und Doppelhausgrundstücke im Baugebiet im Knippel, die über die Hessische Landgesellschaft (HLG) zum Verkauf standen, zu einem Kaufpreis von 330 Euro pro Quadratmeter veräußert. Grundlage dafür ist ein Beschluss der Gemeindevertretung aus dem Jahr 2014. Seinerzeit wurde der Quadratmeterpreis von zuvor 270 auf 330 Euro angehoben.
Steigender Bodenrichtwert
Damit dürften die Bewohner des großen Neubaugebiets zumindest auf dem Papier schon mal ein Schnäppchen gemacht haben. Der offizielle Bodenrichtwert in den Neubaugebieten im Norden von Einhausen belief sich nach Angaben aus dem Rathaus nämlich bereits im vergangenen Jahr auf 390 Euro pro Qudratmeter. Es sei zu erwarten, dass dieser (Richtwert) weiter ansteigen wird, heißt es in der Antwort auf die Grünen-Anfrage.
Den Gewinn einfach in Bares umwandeln können die Häuslebauer, die ein Grundstück somit vergleichsweise günstig über die Hessische Landgesellschaft erworben haben, jedoch nicht.
„Gemäß den vertraglichen Regelungen in den Kaufverträgen bedarf es für den eventuellen Fall eines Weiterverkaufs durch einen Erwerbenden an Dritte einer expliziten Zustimmung der Hessischen Landgesellschaft beziehungsweise der Gemeinde“, erläutert die Verwaltung. Darüber hinaus könne ein erzielter Mehrerlös von der HLG eingefordert werden.
Eine Ausnahme von dieser Regelung besteht jedoch nach Angaben der Verwaltung bei Alteigentümern, die Flächen für das Baugebiet eingebracht und im Gegenzug hierfür Baugrundstücke erhalten haben. Diese dürfen demnach ihre Grundstücke ohne Preisbindung an Dritte weiterveräußern. „In den bislang sechs Verkaufsfällen, die bei der Gemeinde aktenkundig sind, wurden Verkaufspreise bis zu 560 Euro pro Quadratmeter erzielt“.
Die Mehrfamilienhausgrundstücke im südöstlichen Bereich des Knippel wurden nach Angaben der Gemeinde zu einem Preis von 380 Euro pro Quadratmeter durch die HLG veräußert. „Der Mehrpreis ist in der mit der 1. Änderung des Bebauungsplans ermöglichten höheren Ausnutzbarkeit der Grundstücke begründet“, erläutert die Verwaltung. Im Gegensatz zu den Einzel- und Doppelhausgrundstücken sind dort drei Vollgeschosse erlaubt.
Die zentrale Vermarktung des Baulandes durch die öffentliche Hand ist in Einhausen eine zwingende Voraussetzung zur Schaffung eines neuen Baugebietes. Damit soll Spekulationen entgegengewirkt werden. Die Grundstückspreise sollen in der Weschnitzgemeinde auch für Familien erschwinglich bleiben. Ausgewiesen werden Baugebiete in Einhausen seit einem Grundsatzbeschluss aus dem Jahr 1998 nur noch, wenn sich das gesamte Areal im Besitz der öffentlichen Hand befindet.
Dafür, dass die Vorbesitzer der in einem neuen Baugebiet liegenden Grundstücke dennoch zu einem eigenen Haus kommen können, sorgt eine Rückkaufsregelung. Einen festgelegten Teil der eingebrachten Baulandgröße können die Vorbesitzer unter Aufschlag der Erschließungskosten wieder zurückerwerben.
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