Archäologie

Huldigten die Ureinwohner in Einhausen einem Schädelkult?

Von 
Jörg Keller
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Das heutige Wohngebiet Im Knippel im Jahr 2018 vor der Bebauung. Im Untergrund entdeckten Archäologen Hinweise auf eisenzeitliche Siedlungen. © Keller

Einhausen. Wurden im Bereich des heutigen Neubaugebiets Im Knippel in früheren Zeiten Schädel von Feinden aufgespießt oder aufgehängt. Hinweise auf einen solchen Kult wurden nach Angaben der Gemeinde in dem Baugebiet entdeckt. Das geht aus der Stellungnahme der Gemeinde zur Umweltverträglichkeitsprüfung des A 67-Ausbaus hervor. In dem Papier wird unter anderem auch auf archäologische „Befunde und Funde“ bei der Entwicklung des Einhäuser Baugebiets verwiesen, das schließlich nur 200 Meter westlich der Autobahn liegt.

Die seinerzeit veranlassten Untersuchungen hätten Hinweise auf eine „eisenzeitliche Siedlung mit Versorgungs-, Entsorgungsgruben, einer Feuerstelle und möglicherweise mehreren Bauten (Pfähle)“ gegeben. Als besonders interessant wird der Fund eines Schädels in einer Grube hervorgehoben. Dieser deute auf den besagten Schädelkult hin.

Hiebwaffe entdeckt

Zu diesen Annahmen passe eine bereits im Jahr 1973 in diesem Bereich gefundene Breitsax. Dabei handelt es sich um eine einschneidige Hiebwaffe, die in verschiedenen Varianten von der vorrömischen Eisenzeit bis ins Hochmittelalter in Mitteleuropa und Nordwesteuropa verbreitet war.

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Im Einhäuser Rathaus kann man zu den Details der im Vorfeld der Bebauung gemachten Entdeckungen keine detaillierte Auskunft geben. Die entsprechenden Funde seien von einem archäologischen Fachbüro gesichtet und an das zuständige Denkmalamt weitergereicht worden, sagt Bürgermeister Helmut Glanzner auf Nachfrage.

Keine spektakulären Funde

Ein neues Weltkulturerbe liege aber sicherlich nicht unter dem Knippel, heißt es aus dem Bauamt des Rathauses. Nach der Dokumentation durch die beauftragten Archäologen wurde das Areal für die Bebauung freigegeben.

So spektakulär wie 2015 der Fund eines 7100 Jahre alte Skeletts im Bürstädter Baugebiet Sonneneck IV scheinen die archäologischen Hinweise in Einhausen also nicht zu sein. In der Nachbarkommune waren die Fachleute seinerzeit auch auf viele Gruben aus der Zeit der Bandkeramik – etwa 5100 bis 5200 vor Christus – gestoßen. Die zeitliche Eingrenzung wurde er anhand der Verzierungen auf der Keramik vorgenommen. Entdeckt wurden in Bürstadt auch die Reste einer römischen Villa. Außerdem gab es Einzelfunde aus unterschiedlichen Epochen: ein Armring aus Glas aus der keltischen Zeit sowie Materialien aus dem Mittelalter.

Auch in der aktuellen Stellungnahme zum A 67-Ausbau weist die Gemeinde darauf hin, dass das Vorhaben in einem Gebiet realisiert werden soll, das bereits vorgeschichtlich besiedelt war – in der Steinzeit, der Bronzezeit und zu Zeiten der alten Römer. Es sei „allgemein bekannt“, dass in dem weiteren Umfeld – einschließlich des Jägersburger Waldes – Hügelgräber und Schanzen gefunden wurden und noch weitere vermutet werden. Dies gelte auch für den Bereich zwischen der Weschnitz und der L 3111, die die A 67 quert.

Deshalb müsse damit gerechnet werden, dass eine Baustelle zur Verbreiterung der Autobahn auch „Auswirkungen auf archäologische Fundstellen sowie Bodendenkmäler“ haben könnte.

Bei der Entwicklung des Neubaugebiets Im Knippel hatte sich die Gemeinde daher schon rechtzeitig im Vorfeld abgesichert. Da in der Tiefe historische Gräberfelder vermutetet wurden, wurde bereits 2017 durch die Hessische Landgesellschaft die Fachfirma Posselt & Zickgraf beauftragt, eine sogenannte geomagnetische Prospektion durchzuführen. Bei dieser Messung lassen sich magnetischen Anomalien finden, die etwa durch Artefakte wie Eisenteile, Schlacken, Tonscherben verrottete Baumpfähle erzeugt werden.

Zusammenfassend stellte das Unternehmen im Abschlussbericht fest, „ dass aus Sicht der Geophysik einige Anomalien identifiziert werden konnten, für die ein archäologischer Hintergrund möglich ist. Darunter befinden sich ausschließlich Gruben unbekannter Zeitstellung. Aufgrund der unterschiedlichen Größen und der Formen der Gruben ist es eher unwahrscheinlich, dass es sich bei ihnen um Gräber handelt“.

Aufgrund dieser Ergebnisse wurden weitere Untersuchungen beauftragt. Unabhängig davon nahm auch der Kampfmittelräumdienst das Gelände in Augenschein. Ein verfüllter Bombentrichter aus dem zweiten Weltkrieg führte 2019 zu einer kurzzeitigen Bauunterbrechung.

Nach den gleichen Vorgaben wurde nach Angaben aus dem Rathaus jetzt auch das nördlich vom Knippel gelegene Gelände untersucht, auf dem das Gewerbegebiet Nord II entstehen soll. Dort habe es keine Funde von archäologisch interessanten Hinterlassenschaften oder Kampfmitteln gegeben, heißt es von Seiten des Bauamtes.

Redaktion Redakteur, Ressorts Lorsch, Einhausen und Region

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