Berliner Ring

Zeltdorf für Geflüchtete wird in Bensheim aufgebaut

Von 
Dirk Rosenberger
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Auf dem Festplatz am Berliner Ring haben die Aufbauarbeiten für ein Zeltdorf begonnen. Dort sollen bis zu 1000 Geflüchtete aus der Ukraine eine kurzfristige Unterkunft erhalten, bevor sie weiterverteilt werden können. © Zelinger

Bensheim. Das Zeltdorf für Geflüchtete aus der Ukraine könnte auf dem Bensheimer Festplatz am Berliner Ring schneller die ersten Personen aufnehmen, als es in der vergangenen Woche noch den Anschein hatte.

Seit Dienstag laufen auf dem Gelände in der Nähe des Badesees offenkundig vorbereitende Arbeiten für das Aufstellen der Unterkünfte. Bodenkonstruktionen wurden angeliefert, ein Gabelstapler war ebenso im Einsatz wie kleinere Transporter. Aufgrund der aktuellen, sehr dynamischen Situation überrascht es nicht, dass der Kreis eine große zentrale Anlaufstelle schaffen will.

Das hatte Landrat Christian Engelhardt auch bei einem Pressegespräch vor knapp einer Woche bestätigt, verbunden mit dem Hinweis, keinen detaillierten Zeitplan nennen zu können. Vielmehr sei man dabei, den Markt zu sondieren, weil Zelte nachvollziehbar stark nachgefragt werden. Trotz des hohen Bedarfs scheint es den Verantwortlichen zügig gelungen zu sein, die benötigte Ausrüstung zu beschaffen.

Fertigstellung Mitte April

Die Pressestelle des Kreises teilte am Mittwoch auf Nachfrage dieser Zeitung mit, dass aktuell mit einer Aufbauzeit von 14 Tagen gerechnet werde – immer abhängig von der „Komponentenlieferung“. Sprich: Sollte der Nachschub ins Stocken geraten, könnte es etwas länger dauern. Läuft jedoch alles reibungslos, sollen die ersten Geflüchteten in der dritten April-Woche einziehen können, „ein entsprechender Bedarf vorausgesetzt“, heißt es dazu aus Heppenheim. Das wäre voraussichtlich um oder nach Ostern.

Ausgelegt ist das Camp auf jeden Fall für einen großen Bedarf. Bis zu 1000 Personen sollen dort kurzzeitig Unterschlupf finden können. Das wären sogar deutlich mehr als die 600 bis 800 Flüchtlinge, die in einer Beschlussvorlage der Bensheimer Stadtverwaltung für den Magistrat stehen und die den Stadtverordneten für ihre Sitzung am Donnerstag zur Info vorgelegt wurde.

Schlaf- und Aufenthaltszelte müssen ebenso errichtet werden wie Sanitärcontainer mit Dusche und WC, Container für Waschmaschinen und Trockner, hinzu komme ein Zelt für die Essensausgabe. Ähnlich wie vor knapp sieben Jahren könnte man in Zelten die Option für andere Angebote (wie Kinderbetreuung) schaffen, schreibt die Stadtverwaltung in ihrer Vorlage.

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Konkretere Angaben lieferte die Pressestelle des Kreises. Es sei derzeit vorgesehen, vier Zelte aufzustellen (drei Schlafzelte, eines für Catering sowie Essen und Soziales). Dazu kommen elf Container mit Duschen, Waschbecken und zehn WC-Container. Darüber hinaus plant man mit zwei Doppelcontainern für Waschmaschinen und Trockner, einem Info- sowie einem Sanitätszelt.

Für Anlieferung und weitere Infrastruktur könnte außerdem ein Teil des angrenzenden Parkplatzes bei Bedarf bereitgestellt werden. Für das Personal will man an der Zufahrt zur Raststätte Parkplätze ausweisen. Der Kreis trägt nach Angaben der Stadt alle Kosten für Unterbringung, Herrichtung und Betrieb der Einrichtung. Eine Miete wird nicht verlangt. „Durch den Krieg und die dadurch schnell und unkalkulierbar ansteigende Flüchtlingszahl werden kurzfristig realisierbare Möglichkeiten zur Unterbringung benötigt“, heißt es in der Begründung der Verwaltung.

Der Kreis habe um Überlassung des Geländes bis Herbst gebeten. „Die Dauer der Nutzung hängt jedoch von der Anzahl der geflüchteten Menschen ab, die hier ankommen, und vom Zeitraum, über den diese Unterkünfte benötigen. Es ist das Bestreben des Kreises, in Zusammenarbeit mit den Kommunen auch weiterhin geeignete Unterkünfte zu akquirieren, um den Aufenthalt in der Zeltunterkunft so kurz als nötig zu gestalten. Gleiches gilt für den Betrieb der Einrichtung“, erläuterte eine Sprecherin.

In der Sporthalle der Werner-von-Siemens-Schule in Lorsch, dort soll heute der Betrieb aufgenommen werden, dient ebenfalls nur als kurzfristige Lösung und erste Anlaufstelle. Von dort sollen die Geflüchteten möglichst zügig auf andere Standorte, wie das ehemalige Luisenkrankenhaus in Lindenfels mit 200 Plätzen, verteilt werden. Wie schnell die Halle in Lorsch, die für den Schul- und Vereinssport benötigt wird, wieder freigegeben wird, wenn in Bensheim die Zelte stehen, lässt sich momentan nicht sagen. Auf Nachfrage betonte die Heppenheimer Behörde, dass es grundsätzlich das Ziel sei, öffentliche Hallen möglichst nicht oder nur kurzfristig zu belegen. Bei entsprechender Entwicklung gebe es deshalb eine „priorisierte Abbaustrategie für die Sammelunterkünfte“.

Erfahrungen aus 2015

Bei der Einrichtung des Zeltdorfs in Bensheim sollten die Verantwortlichen auf die Erfahrung von 2015 zurückgreifen können. Damals entstand auf dem Festplatz im August innerhalb kürzester Zeit eine Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes. Ausgelegt war es für 600 Personen. Die meisten Bewohner kamen aus Syrien. Betrieben wurde das Camp von der DRK Service GmbH, aber auch andere Hilfsorganisationen wie die Malteser, das THW und die Feuerwehr brachten sich ein. Beim Aufbau packte der Bauhof mit an. Das Rote Kreuz könnte auch dieses Mal wieder zum Zug kommen bei der Betreuung.

Bis in den Spätherbst hinein lebten Männer, Frauen und Kinder in dem Zeltdorf. Kurz vor Wintereinbruch bekamen diese Menschen in Darmstadt ein festes und warmes Dach über dem Kopf.

In Bensheim wollte das Land im Gegenzug bis Weihnachten 2015 eine Containersiedlung weiter nördlich am Berliner Ring hochgezogen haben. Das Projekt verzögerte sich ohne weitergehende Begründung. Bis die Unterkünfte schließlich bezugsfertig waren, wurden sie nicht mehr benötigt. Fragen zu den Kosten für die gesamte Aktion bleiben unbeantwortet.

Das Gelände zwischen Autobahn und Berliner Ring wurde vom Land weiterhin gepachtet, mittlerweile hat man es als Reservestandort reaktiviert. Geflüchtete aus der Ukraine sollen dort nach Angaben von Bürgermeisterin Christine Klein und Erster Stadträtin Nicole Rauber-Jung im Haupt- und Finanzausschuss jedoch nicht untergebracht werden.

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