Ukraine

Bensheimer Festplatz könnte Unterkünfte für Flüchtlinge beherbergen

Von 
Dirk Rosenberger
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Bensheim. Auf dem Festplatz am Berliner Ring könnten bald wieder provisorische Unterkünfte für Flüchtlinge errichtet werden – dieses Mal für Menschen aus der Ukraine. Bereits 2015 wurde auf dem Gelände eine Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen eingerichtet. Die Geflüchteten wurden damals vom Land in Zelten untergebracht.

Detaillierte Planungen gibt es zurzeit nicht, zumindest keine öffentlichen. Im Haupt- und Finanzausschuss informierten Bürgermeisterin Christine Klein, Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung und Stadtrat Adil Oyan über den aktuellen Stand der Dinge. Die Fraktion der Grünen hatte darum gebeten. „Wir haben eine Anfrage für den Festplatz“, erklärte Rauber-Jung. Das könne konkret werden. Wie konkret, ist jedoch bisher nicht absehbar. Das betrifft sowohl den Zeitraum als auch die Frage, ob die Hilfsbedürftigen, sofern der Platz überhaupt benötigt wird, in Zelten oder Containern unterkommen sollen.

Die Erste Stadträtin hält es aber für durchaus wahrscheinlich, dass solche Kapazitäten benötigt werden. „Es dürften viel mehr Menschen kommen, als man heute vielleicht glaubt“, sagte sie. Grundsätzlich hat die Stadt eine Liste mit städtischen Liegenschaften an den Kreis übermittelt, die als Unterkunft in diesen Notzeiten zur Verfügung gestellt werden könnten. Allerdings eignen sich offenkundig die wenigstens, um eine ausreichende Anzahl einigermaßen sinnvoll unterzubringen.

Dorfgemeinschaftshäuser fallen demnach wohl durch das Raster, die Weststadthalle hingegen wäre ein Thema, bestätigte Bürgermeisterin Klein. Jedoch müsste dort zunächst die Infrastruktur geschaffen werden, unter anderem mit Waschmaschinen und Trocknen, erwähnte die Rathauschefin beispielhaft. Sie habe deshalb nicht den Eindruck, dass die Halle auf der Prioritätenliste des Kreises ganz oben rangiere. Zumal dort weniger Personen ein Dach über dem Kopf bekommen könnten, als gedacht.

Das Führungstrio im Magistrat betonte die gute Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung, die von der Kommune größere Leerstände ebenso wie Privatwohnungen, die der Stadt angeboten werden, gemeldet bekommt. „Gesucht werden vom Grundsatz her Unterkünfte, in denen die Geflüchteten langfristig ein Zuhause haben“, so Klein.

Wie viele Wohnungen von Privatleuten allein aus Bensheim für eine eher kurzfristige Aufnahme bisher weitervermittelt wurden, lässt sich nach ihren Angaben nicht beziffern. Kreisweit seien es mehr als 430 bislang. Neben leeren Werkshallen und Büroräumen hatte die Bürgermeisterin den alten Trakt des Heilig-Geist-Hospitals ins Gespräch gebracht. Der wurde aber schon 2015 als ungeeignet angesehen, weil er zu dieser Zeit bereits zu lange leer stand. Und seitdem hat sich die Situation nicht verbessert.

Das frühere Allee-Hotel, seit Anfang 2022 geschlossen, stand ebenso auf der Liste der Rathausspitze, die nach Heppenheim ging. Was aus möglichen Verhandlungen mit den Eigentümern wurde, weiß man in Bensheim nicht. „Die Gespräche werden direkt zwischen dem Kreis und den Besitzern geführt, wir sind da nicht eingebunden“, erläuterte Christine Klein.

Das starke Engagement der Heppenheimer Behörde wiederum führe vor Ort in den Städten und Gemeinden durchaus zu einer Entlastung. „Der Kreis könnte die Flüchtlinge auch einfach zuweisen, dann müssten wir uns direkt kümmern“, kommentierte die Erste Stadträtin. Die Bereitschaft zur Unterstützung sei deshalb sehr groß. Man müsse mit möglichen Liegenschaften in Bensheim den Kreis mit aller Macht helfen.

Containerdorf kein Thema

Das ehemalige Containerdorf zwischen A 5 und Berliner Ring soll allerdings nicht für ukrainische Geflüchtete wieder aufgebaut werden. „Wir haben aktuell keine Kenntnis, was dort passieren soll“, antwortete Klein auf Nachfragen aus dem Ausschuss.

Das Land hatte die Fläche (wie berichtet) als Reservestandort noch vor dem Krieg in der Ukraine reaktiviert, um dort womöglich Flüchtlinge aus anderen Ländern unterzubringen. An dieser Grundausrichtung scheint sich nichts geändert zu haben. Wobei vor einem Einzug (von wem auch immer) zunächst die komplette Infrastruktur neu installiert werden müsste.

Im Rathaus sieht man sich, darauf deuten die Aussagen vom Montagabend hin, so gut gerüstet wie es in einer solchen dynamischen Situation eben geht. Adil Oyan verwies auf die ehrenamtlichen Helferkreise vor allem aus dem kirchlichen Bereich, die sehr aktiv seien. Die Caritas bringt sich verstärkt ein und im Familienzentrum hatte in der vergangenen Woche ein Familiencafé Premiere, das einmal in der Woche für Mütter (und Väter) mit Kindern aus der Ukraine geöffnet werden soll.

In den Reihen der städtischen Integrationslotsen gibt es ukrainische und russische Muttersprachler, an der Geschwister-Scholl-Schule werde beispielsweise ein Sprechtag eingerichtet, Sprachkurse sind in Vorbereitung. Der ehrenamtliche Einsatz dürfte aber nach Ansicht von Experten auch an Grenzen stoßen, berichtete die Bürgermeisterin. Es sei schwierig, vom Krieg traumatisierte Menschen zu begleiten. Andererseits gebe es kaum so viele Psychologen für eine professionelle Hilfe, macht sie das Dilemma deutlich.

In Bensheim haben sich nach dem 24. Februar, dem Tag, an dem Wladimir Putin seinen Angriffskrieg auf das Nachbarland startete, 79 Menschen aus der Ukraine angemeldet. Die Zahl dürfte unzweifelhaft weiter ansteigen.

Von den Ausschussmitgliedern wurde das bisherige Engagement im Rathaus positiv und dankend zur Kenntnis genommen. „Wir wünschen weiterhin eine glückliche Hand“, meinte Vorsitzender Werner Bauer (SPD). Die dürften in den nächsten Wochen alle Beteiligten brauchen – spätestens wenn konkreter wird, wo tatsächlich im Stadtgebiet Unterkünfte geschaffen werden müssen und ob nach 2015 erneut auf dem Festplatz Zelte (oder Container) als provisorische Lösung aufgebaut werden müssen.

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