Kommunalpolitik

Container-Camp auf dem Bensheimer Festplatz

Auf dem Festplatz am Berliner Ring sollen Container als Unterkunft für Geflüchtete aufgebaut werden. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte den Plänen der Verwaltung im Grundsatz nun mehrheitlich zu.

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Thomas Tritsch
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Im vorderen Bereich des Festplatzes am Berliner Ring sollen Container als Unterkunft für Geflüchtete aufgebaut werden. © Thomas Neu

Bensheim. An der Nibelungenstraße 12 wird eine Flüchtlingsunterkunft für bis zu 83 Menschen von der Stadt angemietet. Das gilt zunächst für die Dauer von fünf Jahren. Darin enthalten sind die komplette Ausstattung, die Gebäudeunterhaltung, die Sicherstellung des Betriebs und die Nebenkosten. Die zurzeit dort vom Kreis untergebrachten Personen werden - wie berichtet - der Zuweisungsquote für Bensheim angerechnet. Die Miete beträgt bei einer Mindestbelegung von 75 Personen genau 34 875 Euro im Monat. Der Kreis übernimmt knapp zehn Euro pro Tag und pro Person.

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Die Stadtverordnetenversammlung hat den Beschlussvorschlag - in der Rubrik „ohne Aussprache“ - einstimmig angenommen. Bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause im Dorfgemeinschaftshaus Schwanheim war das Thema damit aber längst nicht abgehakt: Die Beschlussvorlage über die Aufstellung von Containern auf dem Parkplatz am Festplatz am Berliner Ring wurde auf der Tagesordnung auf Antrag der Fraktion Bürger für Bensheim (BfB) zur Aussprache freigegeben.

Platz für bis zu 200 Menschen

Bis zu 200 Menschen sollen im vorderen Bereich des Areals vorübergehend leben. Die Gesamtkosten für drei Jahre belaufen sich auf gut 4,5 Millionen Euro, exklusive der Ausgaben für den Rückbau der Container. Ab Mitte 2024 sollen die ersten Bewohner einziehen. Auf dem Gelände sind darüber hinaus Parkplätze und Fahrradabstellplätze vorgesehen.

Im Haupt- und Finanzausschuss wurde der Beschlussvorschlag rege diskutiert, und auch im Stadtparlament gab es Redebedarf, bevor der Punkt mit 29 Ja-Stimmen mehrheitlich durchgebracht war.

„Wir haben es uns bei der Auswahl der infrage kommenden Orte nicht leicht gemacht“, betonte Stadträtin Nicole Rauber-Jung. Man habe unbedingt vermeiden wollen, dass öffentliche Plätze wie die Weststadthalle oder die Gemeinschaftshäuser als Notunterkünfte ausgewiesen werden und so nicht mehr der Allgemeinheit für einen Sport- oder Spielbetrieb zur Verfügung stehen.

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Die Fläche am Festplatz sei aktuell die einzige, die verfügbar und ohne größeren Erschließungsaufwand nutzbar sei. Es fehle momentan an freien Bestandsimmobilien. Die Stadt sehe sich vor immensen Herausforderungen, und sie erwartet noch zahlreiche ähnliche Entscheidungen, die im Kontext der Flüchtlingsfrage gelöst werden müssten.

„Es handelt sich um eine Notsituation und es ist Eile geboten“, kommentierte Doris Sterzelmaier für Bündnis 90/Die Grünen. Es gehe zunächst um den grundlegenden Beschluss und nicht um den Betrieb der Container. Daher sei klar, dass die Gesamtkosten heute noch nicht feststehen könnten. „Man würde sich vielleicht schönere und bessere oder auch kostengünstigere Unterkünfte wünschen, aber es stehen derzeit keine zur Verfügung“, so Sterzelmaier in Schwanheim. Eine Alternative sieht ihre Fraktion derzeit nicht.

Auch die CDU könnte sich eine bessere Lösung vorstellen. Eine Konzentration geflüchteter Menschen entlang des Berliner Rings sei „unschön“, sagte Feridun Bahadori. Dort befindet sich bereits die Zeltstadt des Kreises. Auch die SPD stimmte der Vorlage nur „zähneknirschend“ zu, wie es Jürgen Kaltwasser ausdrückte: „Es gibt aber derzeit leider keine Alternative!“ Eine Zentralisierung am Berliner Ring hätte man gerne verhindert, so Kaltwasser.

Franz Apfel (BfB), dessen Wählergemeinschaft das Thema in den Ausspracheteil geschoben hatte, begründete dies mit dem Gesprächsbedarf an einer wichtigen Stelle des öffentlichen Diskurses. „Wir können und wollen uns nicht ängstlich wegducken vor einem strittigen Thema.“ Die BfB-Fraktion stehe zum Grundgesetz und dem Artikel 16 a, der politisch Verfolgten ein Asylrecht garantiert. Was die genauen Kosten des laufenden Betriebs angehe, sei die Verwaltungsvorlage alles andere als vollständig und transparent, kritisierte Apfel.

Finanzieller Aufwand ist höher

Es seien darin längst nicht alle Positionen vorhanden und der finanzielle Aufwand somit weitaus höher. Seiner Meinung nach würden Bund und Land die Kommunen „am ausgestreckten Arm verhungern lassen“. Dies zerschlage die kommunale Selbstständigkeit.

Die Enthaltung der BfB-Fraktion zu diesem Punkt will er als Signal und Zeichen verstanden wissen, dass es so nicht weitergehen könne. Peter Leisemann (FWG) erkennt ebenfalls ein Aushebeln der kommunal-parlamentarischen Hoheit, die Freie Wählergemeinschaft enthielt sich daher ebenfalls ihrer Stimmen.

Thorsten Eschborn (FDP) hält die Kostenberechnung in der Vorlage - wie Franz Apfel - für lückenhaft. Es sei zwar klar, dass es niemals ein kostendeckendes Containerdorf für Geflüchtete geben könne, doch müsse die Stadt mit dem Kreis über eine vernünftige Pauschale verhandeln, um die Aufnahme der Menschen vor Ort leisten zu können. Die Zahlungen des Kreises seien derzeit zu gering.

Zudem seien dauerhafte Lösungen - also Häuser - sinnvoller als Container aufstellen, betonte Eschborn. Baurechtlich gebe es weitaus mehr Optionen als von der Stadt ausgeschöpft würden. Aus Sicht von Rolf Kahnt („Vernunft und Augenmaß“) könne die Stadt in der momentanen Lage nicht wählerisch sein. Eine zu starke Zentralisierung sieht auch er kritisch.

Auch die Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Unterbringung von Flüchtlingen und anderen ausländischen Personen wird angepasst. Dadurch kann die Stadt in Einzelfällen mit höheren Erträgen rechnen.

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