Bensheim. Über Besuch auf der Baustelle freuten sich am Dienstag Architekt Sanjin Maracic und Bauherr Helmut Kuzbida: Auf dem Sommerprogramm der CDU-Fraktion stand die Besichtigung der Metzendorf-Häuser in der Friedhofstraße mit Schwerpunkt auf dem Haus Friedhofstraße 86.
Die ehemaligen Werkmeisterhäuser für Mitarbeiter der Papierfabrik Euler werden seit Jahren von Maracic saniert, der schon für mehrere Metzendorf-Projekte verantwortlich zeichnete. Beauftragt ist er von Helmut Kuzbida mit Tochter und Sohn, die in dem 1904 von Heinrich und Georg Metzendorf errichteten, innovativen Gebäude drei Wohneinheiten zur Vermietung entstehen lassen.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Petra Jackstein führte in die Thematik ein und resümierte am Ende begeistert: „Das wird richtig gut.“ Sanjin Maracic betonte, wie wichtig es sei, dass politische Entscheidungen nicht nur anhand der Baupläne getroffen würden, sondern durch direkte Inaugenscheinnnahme. Er betonte auch die gute Zusammenarbeit mit der Bauherrengemeinschaft - dass der Auftraggeber die Entwicklung mitgehe, sei am Ende entscheidend. Bemerkenswert fand Maracic das Verständnis, das die Nachbarn für die langwierigen Maßnahmen aufbrächten. Auf dem Bau sei derzeit alles schwierig, was zum Beispiel Materialbeschaffung und Mitarbeiter betreffe. Nach Corona sei der Ukrainekrieg gekommen und nun lasse der Taiwan-Konflikt nichts Gutes erwarten.
Außen fast fertig
Maracic fasste kurz die Geschichte des Hauses zusammen, das zum Prototyp für die Bauten Georg Metzendorfs für die Gartenstadt Margarethenhöhe in Essen wurde. In einer katholischen Umgebung wollte der evangelische Unternehmer Wilhelm Euler Wohnraum für seine evangelischen Mitarbeiter schaffen, um sie an den Standort zu binden. Wo drei Reihenhäuser entstanden - mit je zwei Wohnungen -, sah man von außen ein Gebäude, das eher an eine Villa erinnerte.
Nach fast 120 Jahren, in denen letztlich nichts zur Instandhaltung der Räume getan wurde, stand nun eine umfassende Sanierung an, bei der am Ende sogar gegen die ursprüngliche Absicht der originale Innenputz entfernt wurde und im Erdgeschoss derzeit durch einen vier Zentimeter dicken Wärmedämmputz ersetzt wird. Was derzeit von außen schon fast fertig erscheint, gleicht im Inneren an manchen Stellen noch einem Rohbau, stellten die Vertreter der CDU-Fraktion fest.
Die Entscheidung, erst die Außenseite zu sanieren, diente nicht nur dazu, den Passanten möglichst schnell einen schönen Anblick zu bieten, sondern auch praktischen Erfordernissen: „Bevor ich an den Innenausbau gehe, muss ich ein Gebäude von außen dicht kriegen“, erklärte Maracic.
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Zur ästhetischen Wirkung gehört auch die entsprechende Planung des Außengeländes: Entgegen der bisherigen Gestaltung verlegte der Architekt die Zufahrt zum Gebäude nach hinten. Die über den Meerbach führende Brücke wird stattdessen zur Terrasse für die mittlere Wohnung. Auch die beiden anderen Wohneinheiten bekommen ein unmittelbar zugehöriges Außengelände und Platz für Pkws auf einer gemeinschaftlichen Parkfläche westlich des Gebäudes.
Optisch soll das Haus möglichst nah am Original sein. So betonen relativ dunkle Fugen nach dem Willen Heinrich und Georg Metzendorfs die plastische Wirkung der Natursteine. Die Fensterläden wurden nach den ursprünglichen Plänen angefertigt. Für die Eingangstür, die ebenfalls nachgebaut wird, werden die alten Gitter und Griffe wieder verwendet - denn, so Maracic, den alten Charme könne man nur mit alter Technik wieder herstellen. Sogar die originale, aus Metall gegossene Hausnummer gibt es noch - vermutlich aus regionalem Handwerk, das zu fördern erklärtes Ziel Heinrich Metzendorfs war - und sie kann als typisches Metzendorfdetail gelten, denn gleichartige Hausnummern findet man noch heute an vielen Metzdorfhäusern.
Abweichend vom früheren Bild wird die Holzfassade im Obergeschoss gestaltet. Einst braun, entspricht sie mit dem jetzigen freundlichen Grauton besser heutigen Sehgewohnheiten, erklärte Maracic. Heute ist die Fassade außerdem unter dem Holz gedämmt. Doch gibt es bei denkmalgeschützten Gebäuden keine Energiesparauflagen und auch Solar- und Photovoltaikanlagen dürfen nicht aufs Dach gebracht werden - ein Punkt, über den man noch mal nachdenken müsse, sagte Maracic, angesichts der Bedeutung des Themas.
Auch im Innern musste immer wieder überlegt werden, wie man heutigen Anforderungen gerecht wird und doch das Original erhält. Die ursprünglichen Wände sind zum Beispiel alle geblieben, nur die Türen und Durchgänge wurden größer. Der Dachstuhl wurde mit einer 28 Zentimeter dicken Isolationsschicht versehen und ist über eine das Raumgefüge nicht störende Wendeltreppe zugänglich.
Wann genau die Arbeiten abgeschlossen sein werden, ist noch unklar. Dann jedoch, so waren sich Architekt und Bauherr einig, gilt es noch, die für die Räume passenden Mieter zu finden.
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