Naturschutz - 40 Helfer säubern den Bereich rund um die Winkelbach-Aue / Plädoyer für mehr Achtsamkeit und ökologisches Bewusstsein

Winkelbach in Bensheim vom Müll befreit

Von 
tr
Lesedauer: 
An der Winkelbach-Aue sammelten ehrenamtliche Helfer am Samstag wieder jede Menge Müll. © Zelinger

Bensheim. „Das ist der Anfang vom Mikroplastik im Meer“, betont Ulrich Androsch vom Gewässerverband Bergstraße. Was in der Nachbarschaft ins Wasser geworfen wird, findet ziemlich sicher irgendwann seinen Weg in die Ozeane. Als winzige Partikel, die in ihrer Masse ein riesiges Ökosystem in enorme Schwierigkeiten bringen. Um diese Belastung zu reduzieren, haben am Samstag rund 40 Helfer die Winkelbachaue von Unrat befreit.

Neben Verbandsgeschäftsführer Androsch, der auch professionelles Equipment für den feuchten Einsatz dabei hatte, waren erneut viele motivierte Umweltschützer dem Aufruf gefolgt. Unter dem Motto „Bensheimer krempeln die Ärmel hoch“ hatte Michelle Leist die Putzaktion vor sieben Jahren über Facebook ins Leben gerufen.

Gefährdete Schönheit

Damals war sie gerade nach Bensheim gezogen und hatte den renaturierten Winkelbach während ihrer Nordic-Walking-Aktivitäten kennen und schätzen gelernt. Doch sie erkannte auch, dass die Schönheit der Auenlandschaft durch angeschwemmten Müll massiv gefährdet ist. Seither finden konzertierte Mülleinsätze statt, meistens zwei Mal im Jahr.

Mehr zum Thema

Abfallentsorgung

Bergsträßer Biomüll-Sünder haben noch Schonfrist

Veröffentlicht
Von
Sina Roth
Mehr erfahren
Umweltschutz

Junge Bensheimer gehen mit Zange und Mülltüte durch die Natur

Veröffentlicht
Von
Thomas Tritsch
Mehr erfahren
Naturschutz

Müllsammlung am Bensheimer Winkelbach

Veröffentlicht
Von
red
Mehr erfahren

An vielen Stellen ist der Abfall derzeit aufgrund der Vegetationsruhe besonders gut zu sehen. Wird er nicht entfernt, kann er mit Beginn des Pflanzenwachstums im Frühjahr regelrecht in die Biomasse einwachsen und ist nicht mehr zu erkennen. Beim nächsten Mähen der Grünflächen werden die Kunststoffe dann in kleinste Teile zerschreddert und gelangen in die Nahrungskette der Tierwelt. Die Aktion soll zu einem allgemeinen Umdenken zum Thema Müllentsorgung in der Gesellschaft beitragen. „Das hat sich sehr positiv entwickelt, es kommen immer wieder neue Helfer dazu“, so Michelle Leist, die mit den kleinen Trupps trotz Schmuddelwetter über eineinhalb Stunden lang unterwegs war.

Unter den Teilnehmern waren diesmal auch acht Mitglieder der Bensheimer Ahmadiyya Muslim Jamaat. Die muslimische Gemeinde ist in puncto Umweltschutz unter anderem für ihre Silvester-Reinigungsaktionen bekannt. Die Natur sei als Gottes Schöpfung unbedingt zu bewahren, so ein Gemeindemitglied, das mit einem blauen Sack unterwegs war. Der Gewässerverband hat am Ende den Müll eingepackt und entsorgt.

Aber auch Kommunalpolitiker wie Eddi Winkler, Doris Sterzelmaier und Rolf Tiemann haben mit angepackt. Tiemann appellierte am Samstag besonders an alle Raucher, die ihre Zigarettenstummel gern achtlos in die Natur werfen. Diese Kleinteile brauchen viele Jahre, um zu verrotten und setzen während des Zersetzungsprozesses außerdem giftige Substanzen frei. Die Filter bestehen aus dem Kunststoff Celluloseacetat. Landen sie in der Umwelt, kleben an ihnen Nikotin, Schwermetalle und andere Schadstoffe, die ins Gewässer gelangen.

Andere Fundstücke landeten nicht im Sack. So zum Beispiel ein kleiner Plastik-Tiger und eine gelbe Kinderschaufel. Diese Objekte wurden ebenso wie manches bunte Spielzeugbällchen mitgenommen und an die Zielgruppe weitergeleitet. Durch ein solches Gebrauchsrecycling wird nicht nur die Natur gesäubert, es entsteht noch nicht einmal Müll zur Entsorgung. „Der Idealfall“, so einer der Helfer am Winkelbach.

Durch die großflächige Uferöffnung und der Einbringung verschiedener Strukturelemente wie Totholz und Kiesbänke hat sich der Bachlauf in den vergangenen Jahren auf einer Strecke von rund einem halben Kilometer zu einem kleinen Öko-Paradies für Kleinlebewesen entwickelt.

Der Eisvogel findet hier ebenso ideale Lebensbedingungen wie die Mehlschwalbe oder die Bachstelze. Beim Reinigen des Naturschutzgebiets hatten die Teams in der Vergangenheit aber auch positive Entdeckungen gemacht: 2015 wurde eine lebende Schwanenmuschel, auch „große Teichmuschel“ genannt, im Wasser gefunden, die in ganz Deutschland als gefährdete Art eingestuft ist. Im Jahr darauf stießen die Helfer dann auf ein Tüpfelsumpfhuhn.

„Die Winkelbachaue ist wertvoll für Tiere und keine Müllkippe“, so Michelle Leist an der verlängerten Saarstraße nahe der Autobahn. Sie plädiert für mehr Achtsamkeit und hofft auf ein wachsendes ökologisches Bewusstsein ihrer eigenen Artgenossen. Die nächste Aktion der Initiative soll im Frühjahr stattfinden. tr

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

  • Winzerfest Bensheim