Bensheim. Schnell, verbindlich und unbürokratisch hat das Familienzentrum Bensheim geholfen, als ab März dieses Jahres immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine - zum Großteil Frauen mit Kindern - in die Stadt gekommen sind. Neben Sprachkursen, Vernetzungstreffen und regelmäßigen Begegnungsangeboten stand bald auch die Frage nach adäquaten Wohnmöglichkeiten im Raum. Denn die sogenannte Zeltstadt am Berliner Ring stellt in den Augen des Familienzentrums keine menschenwürdige Lösung dar - schon gar nicht in den bevorstehenden Wintermonaten.
In der Einrichtung versteht man sich als Koordinator und barrierefreier Ansprechpartner der Gastfamilien. Und als solcher bemüht man sich nach wie vor, diese bei der Suche nach einer passenden Bleibe zu unterstützen. Seit Frühsommer konnten bereits 30 Unterkünfte erfolgreich vermittelt werden. Zumeist bei Privatpersonen, die ein oder mehrere Zimmer zur Verfügung stellen. Die ehrenamtlichen Helfer des Zentrums kümmern sich darum, dass dabei alles möglichst harmonisch und rund läuft - von der bürokratischen über die organisatorische bis hinaus auf die menschliche Ebene.
Doch es gibt weiterhin Bedarf nach Wohnraum für Kriegsflüchtlinge als bessere Alternative zur Sammelunterkunft auf dem Festplatz: Dort gibt es Stockbetten hinter blickdichten Bauzäunen und wenig Freiräume für den Nachwuchs. Insgesamt könnten auf dem Gelände bis zu 1000 Menschen kurzzeitig untergebracht werden.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
„Vor allem für traumatisierte Kinder, die hier ankommen, ist das kein idealer Ort“, so Katharina Naegele aus der Geschäftsleitung des Familienzentrums. Die Diplom-Sozialpädagogin hofft, dass sich in den kommenden Wochen weitere Bensheimer melden, die freie Kapazitäten anbieten können: leerstehende Zimmer oder Etagen, in denen geflüchtete Menschen zumindest übergangsweise leben können. Dass dabei auch die persönliche, zwischenmenschliche Beziehung passen muss, steht für sie außer Frage: „Es geht darum, für jeden Topf einen richtigen Deckel zu finden.“
Und dieser kann im gesamten Bensheimer Stadtgebiet und darüber hinaus auch kreisweit entdeckt werden. Das Familienzentrum hat bereits bis nach Viernheim vermitteln können. Man müsse im Einzelfall schauen, wo die Menschen am besten untergebracht werden können, sagt auch Micha Neubauer.
Der Sozialpädagoge ist noch recht neu im Familienzentrum. „Wir wollen den Menschen eine Perspektive anbieten“, sagt er. Meistens handelt es sich um Mütter mit Kindern oder alleinstehende Frauen. Gelegentlich ist auch ein Großelternteil dabei. Die Ansprüche der Geflüchteten seien nicht hoch, betont er. „Das meiste ist besser als ein Zelt.“ Man werde sich gerade jetzt im Herbst aktiv darum bemühen, möglichst vielen dieser schutzsuchenden Kriegsopfer ein Angebot machen zu können.
Dafür will der gemeinnützige Verein mit seinen rund 120 Mitarbeitern jetzt eine neue Offensive starten und mit Plakaten und Flyern direkt an die Öffentlichkeit gehen. Die Ehrenamtler des Familienzentrums wissen, worauf es ankommt und können den gesamten Prozess kompetent begleiten. Auch bezüglich der Unterkunftskosten. Denn Geflüchtete aus der Ukraine gelten als wohnungslos, wenn sie zum ersten Mal in Deutschland eine Wohnung anmieten.
Für jene, die keine Arbeit gefunden haben, ist das Jobcenter zuständig. Es übernimmt die Kosten für die Miete und für die Heizung bis zu einer bestimmten Höhe. Geflüchtete aus der Ukraine erhalten die gleichen Leistungen wie andere Hartz-IV-Empfänger. Außerdem gibt es Hilfen bei der Gesundheitsversorgung und bei der Integration in den Arbeitsmarkt. „Bei der Frage nach den Mietzahlungen gibt es demnach keinerlei Unsicherheiten“, betont Micha Neubauer.
Für den Dialog zwischen Gastfamilien und Wohnungsinhabern kann der Verein auf zahlreiche Dolmetscher zurückgreifen, ergänzt Katharina Naegele, die auch auf das Thema Sachspenden verweist: Was im Einzelfall gebraucht wird, erfährt man auf Plakaten im Spenden-Fenster des Café Storch. Dort steht, was eine Familie momentan benötigt - aktuell unter anderem ein Akkordeon und ein Keyboard.
Sobald der betreffende Gegenstand ins Haus kommt, wird der Zettel entfernt. Man versteht sich nicht als wahllose Sammelstelle, sondern möchte gezielt auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen, so die Geschäftsleiterin.
Aber auch Gutscheine für Bensheimer Geschäfte und Geldspenden helfen dabei, die Situation der Geflüchteten insgesamt zu verbessern. Dafür hat das Haus eine eigene Kostenstelle eingerichtet, die gewährleistet, dass die Gelder nur in diese Richtung fließen.
Kontakt über Telefon 06251/80 5310 oder info@familienzentrum-bensheim.de
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-ukrainische-familien-suchen-wohnungen-in-bensheim-_arid,1998580.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html