Haupt- und Finanzausschuss

Bensheimer Stadtbibliothek bereitet Bauchschmerzen

Die Mitglieder stimmen mehrheitlich für eine Zwischenlösung – auch wenn der Umzug in die zwei Standorte deutlich teurer wird.

Von 
Thomas Tritsch
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Bevor ein Teil der Stadtbibliothek in die Alte Gerberei in der Platanenallee umziehen kann, muss das Gebäude noch modernisiert werden. © Thomas Neu

Bensheim. Ein Umzug kostet Geld. Doch mit so viel Aufwand haben die Bensheimer Kommunalpolitiker nicht gerechnet: 520 000 Euro soll der Umzug der Stadtbibliothek inklusive aller dafür nötigen Umbau- Renovierungs- und Installationsarbeiten kosten. Bekanntlich ist eine Verlagerung in die Alte Gerberei sowie in die Schwanheimer Straße vorgesehen. Das ist deutlich mehr als ursprünglich beziffert. Noch im Mai dieses Jahres waren die Kosten der Gesamtmaßnahme mit rund 200 000 Euro kalkuliert worden.

Vor allem die Kosten für die Beleuchtung schlagen zu Buche. Eine Bestandsanalyse habe ergeben, dass an beiden neuen Standorten der technische Zustand der Elektrik nachgebessert werden müsse, heißt es in der Verwaltungsvorlage, die am Montag im Haupt- und Finanzausschuss lang und breit diskutiert wurde.

Insbesondere in der Alten Gerberei an der Platanenallee sei eine Bibliotheksnutzung ohne Modernisierung nicht möglich. Auch der TÜV hätte etwas dagegen, heißt es. Da es keinen Projektvorlauf gegeben habe, so die Stadt, habe man von Beginn an keinen konkreten Kostenrahmen für den Bereich Beleuchtung und Elektro darstellen können. Solche überplanmäßigen Kosten sind laut Hessischer Gemeindeordnung (HGO) aber nur dann möglich, wenn sie unvorhergesehen und unvermeidlich sind und innerhalb eines abgesteckten Kostenrahmens rangieren, also gedeckt sind.

Eine Verschiebung würde noch weitere Kosten verursachen

Alle Voraussetzungen seien gegeben, betont die Stadt. Der erhöhte Aufwand habe sich erst durch eine detaillierte Planung ergeben, so Bürgermeisterin Christine Klein bei der Sitzung des Gremiums im Rathaus. Würde man die Maßnahme – aus diesen oder anderen Motiven – nun verschieben, wären noch weitere Kosten zu erwarten. Außerdem käme es zu Einnahmeverlusten durch eine verlängerte Schließung der städtischen Einrichtung. Eine Deckung der Mehrkosten könne über Einsparungen bei einer anderen Kostenstelle im Ergebnishaushalt erfolgen. Konkret handelt es sich um die Einrichtung einer Unterkunft für Geflüchtete auf dem Festplatz am Berliner Ring.

„Wir investieren nicht mehr als nötig“, betonte Architektin Nicole Fabian vom städtischen Team Gebäude und Freiflächen. Es gäbe momentan keine Möglichkeit, an weiteren Details zu sparen, ohne erhebliche qualitative Verluste hinzunehmen. An dem wesentlich größeren, angemieteten Standort an der Schwanheimer Straße 151 werden neben dem Großteil der Medien und einem Schüler-Center auch die Büros der Mitarbeiterinnen untergebracht. In der Alten Gerberei (Besitz der Stadt) können zwei Arbeitsplätze vorgehalten werden. Für beide Standorte habe man laut Fabian versucht, so viel Inventar wie möglich wiederzuverwenden. In dem angemieteten Gebäude Schwanheimer Straße muss eine weitere Toilette eingebaut werden. Die Architektin spricht von einer Minimallösung ohne weiteren Spielraum nach unten.

Da es sich bei der Immobilie nicht um städtisches Eigentum handelt, will man die Ausgaben im Rahmen halten. Konkret sind dies allerdings gut 250 000 Euro. Plus 264 000 Euro für bauliche und Elektromaßnahmen in der Alten Gerberei. Mit Auslaufen des Mietvertrages nach fünf Jahren soll dann entschieden werden, welche Änderungen wieder zurückgebaut werden müssen.

„Wichtig ist, dass ein Angebot in der Stadtmitte erhalten bleibt“

Manche Ausschussmitglieder bereitet das gelinde Bauschmerzen. Tobias Heinz (CDU) tut sich schwer damit, viel Geld in einen angemieteten Standort zu stecken, ohne zu wissen, wie dieser nach der Übergangsbibliothek genutzt wird und ob sich der dadurch erzeugte Mehrwert des Gebäudes am Ende auch positiv für die Stadt auswirke. „Die Schwanheimer Straße ist ja als Provisorium gedacht“, erinnerte er. Man wolle, dass die Bibliothek baldmöglichst wieder eröffnet wird und habe daher dem Vorschlag zugestimmt, vorerst einen Standort in der Alten Gerberei einzurichten und einen zweiten Ort vorrangig als Lager zu nutzen.

„Wichtig ist, dass ein Angebot in der Stadtmitte erhalten bleibt“, so der Fraktionsvorsitzende. Die CDU kritisiert, dass nicht früher ein belastbares und umfassendes Konzept aufgestellt worden sei. Stattdessen habe man unter Zeitdruck eine Entscheidung durchboxen müssen, zu der jetzt auch noch erhebliche Mehrkosten kommen – die man weiter hinterfragen müsse. Zum Beispiel bei der Art und Qualität der Beleuchtung. Offenbar habe die Stadt aber einen bestimmten Kurs eingeschlagen, ohne zuvor den finanziellen Rahmen abzuklopfen, so Heinz. Nach der Schließung im Neumarkt-Center gehe es nun darum, dass man jetzt nicht noch mehr Zeit verliere. Ein Ausstieg sei keine Option.

Dass Bemühungen um eine Zukunft der Stadtbibliothek noch teurer werden, sei mehr als ärgerlich

Auch Franz Apfel (BfB) monierte, über den Zustand des Gebäudes zu spät informiert worden zu sein. Auf diese Weise habe man die Chance vertan, frühzeitig potenzielle Mehrkosten erkennen zu können. „Es war klar, dass es teurer werden wird“, kommentierte Doris Sterzelmaier (Grüne). Mit dieser Dimension habe man allerdings nicht gerechnet. Dennoch bringe es nichts, das Vorhaben jetzt abzubrechen. „Wir werden daher mit Bauchschmerzen zustimmen.“ Harald Boeddinghaus von der FDP sieht das ähnlich. Das Kapitel Stadtbibliothek brauche ein Happy End und dürfe nicht zu einer unendlichen Geschichte werden. Die SPD fragt sich, ob die aktuelle Planung tatsächlich so alternativlos ist, wie argumentiert wird, so Ausschussvorsitzender Werner Bauer. Seine Fraktion befinde sich noch in der Entscheidungsfindung.

Am Ende wurde der Vorlage mehrheitlich zugestimmt. Ihrer Stimme enthielten sich Tobias Heinz, Petra Jackstein und Bernhard Stenger (alle CDU) sowie Harald Boeddinghaus. Rolf Tiemann (Freie Wähler) votierte dagegen. Es sei mehr als ärgerlich, dass die Bemühungen um eine Zukunft der Stadtbibliothek nun noch teurer werden als erwartet. Tiemann bedauerte, dass der bisherige Standort im zentral gelegenen Neumarkt-Center aufgegeben werden musste.

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Christine Klein erinnerte an den maroden Zustand der Immobilie. Wegen baulicher Mängel war die Einrichtung dort im Juli 2023 geschlossen worden. „Seit 2011 gab es immer wieder massive Probleme“, so die Bürgermeisterin. Zeitweise waren Strom, Gas und Wasser ganz abgestellt. Mehrere Wassereinbrüche hätten massive Schäden am Estrich verursacht. Es sei weder Kunden noch Mitarbeitern zuzumuten, sich in einer solchen Umgebung zu bewegen. Kein einziger Mangel, der von der Stadt angezeigt worden war, sei bislang instandgesetzt worden, unterstrich Nicole Fabian. Eine Handhabe gegenüber dem Eigentümer gebe es nicht.

Klein wiederholte, dass es das ausdrückliche Ziel sein müsse, die Bibliothek wieder komplett in die Innenstadt zurückzuholen. Derzeit zeichne sich dafür aber keine Perspektive ab. Ohne Zwischenlösung gehe es nicht. Auch, wenn ein zweigeteilter Standort alles andere als ideal sei.

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