Innenstadt

Bensheimer Stadtbibliothek soll 2024 umziehen

Die Bensheimer Stadtbibliothek soll in ein Gebäude außerhalb der Innenstadt umziehen. Das teilte die Verwaltung mit. "Click und Collect" wird eingestellt.

Von 
Dirk Rosenberger
Lesedauer: 
Auch wenn der Strom nicht gekappt wird, gehen in der Stadtbibliothek im Neumarkt-Center bald die Lichter aus. Die Bücherei soll an einen neuen Standort umziehen. Das „Click und Collect“-Angebot wird zum 8. Dezember eingestellt. © Thomas Neu

Bensheim. Das Ende kommt schneller als erwartet: Die Stadtbibliothek wickelt zum 8. Dezember das „Click und Collect“-Verfahren ab. Bestellungen sind nur noch bis Montag (4.) möglich. Letzter Abhol- und Rückgabetermin vor Ort ist dann am Freitag, 8. Dezember, von 11 bis 12 Uhr und von 16 bis 17 Uhr.

Etwas mehr als vier Wochen lief das Angebot, jetzt ist es schon wieder Geschichte. Die Stadtverwaltung liefert in einer am Mittwoch versandten Pressemitteilung allerdings einen Grund für das Aus mit, der immerhin einen kleinen positiven Ausblick erlaubt.

Die Mitarbeiterinnen der Stadtbücherei müssen nämlich (im übertragenen Sinn) die Koffer packen, besser: Bücher und Co. reisetauglich verstauen. Im neuen Jahr soll eine Immobilie angemietet werden, in die man mit dem kompletten Sortiment einziehen möchte. Angepeilt wird eine Eröffnung Mitte 2024, die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung vorausgesetzt.

Diese könnte einen entsprechenden Beschlussvorschlag wohl in ihrer ersten Sitzung im neuen Jahr auf dem Tisch haben. Wo sich das Gebäude befindet, ist vorerst und vermutlich bis zur Entscheidung des Gremiums ein Geheimnis. Offizielle Begründung: die laufenden Vertragsgespräche mit dem Eigentümer. Daher könne der genaue Standort zum momentanen Zeitpunkt nicht kommuniziert werden.

„Verlässliches Angebot schaffen“

Auf Nachfrage, ob sich die neue Heimat der Stadtbibliothek in der Innenstadt oder wenigstens im näheren Umfeld des Zentrums befindet, gab es folgende Auskunft: „Einen Standort in der Innenstadt, der allen Anforderungen der Stadtbibliothek mit ihrem großen und vielfältigen Medienangebot nachkommt, gibt es aktuell nicht. Da wir aber eine klassische Ausleihe vor Ort so schnell wie möglich wieder anbieten wollen, haben wir uns für die Anmietung einer Immobilie außerhalb der Innenstadt entschieden.“

Für die Bürger will man ein verlässliches Angebot schaffen. Das Neumarkt-Center biete diese Verlässlichkeit aufgrund der aktuellen Entwicklung nicht mehr. Die Sicherung der Medien sowie die Fürsorge-Pflicht und Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten oberste Priorität.

„Mit dem neuen Standort wollen wir eine verlässliche Präsenzausleihe ermöglichen und das vielfältige Angebot unserer Bibliothek wieder zugänglich machen“, erklärte Bürgermeisterin Christine Klein und führt weiter aus: „Wir sind in sehr guten Gesprächen über die künftigen Räume, die wir wieder sehr attraktiv gestalten werden. Das Zeitfenster bis zur Wiedereröffnung ist schwer zu definieren, da Umbauarbeiten nötig sind und Genehmigungen eingeholt werden müssen.“

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Die Wahl des Standorts zeigt zugleich das Dilemma, in dem die Verantwortlichen stecken. In der Innenstadt, besser noch in der Fußgängerzone, gibt es kein Gebäude, das die tonnenschwere Stadtbibliothek ohne Weiteres aufnehmen könnte. Es dürfte jedoch unstrittig sein, dass eine solche Einrichtung, die sich quer durch alle Altersklassen großer Beliebtheit erfreut, ins Zentrum gehört – gut erreichbar auch für Laufkundschaft, eben ein belebendes Element für die Innenstadt.

Mit jedem Meter, den man sich von der Fußgängerzone entfernt, riskiert man zwar nicht gleich einen immensen Bedeutungsverlust. Aber ob der neue Standort, von dem man aktuell nicht weiß, ob er eine Dauerlösung oder ein langes Provisorium wird, tatsächlich gut angenommen wird, kann bezweifelt werden. Erinnert sei an dieser Stelle an die Alte Post in der Darmstädter Straße, nur einen kräftigen Steinwurf entfernt von der Hauptstraße. Unabhängig vom Platzangebot wurde vor allem seitens der Kommunalpolitik der damalige Umzug von der viel befahrenen B 3 ins familienfreundlich zentraler gelegene Neumarkt-Center begrüßt.

Zeitlicher Vorlauf, um Vorbereitungen zu treffen

Andererseits stellt sich die Frage nach der Alternative: Der sanierungsbedürftige Neumarkt ist ein zu unsicherer Protagonist, stabile Zukunftsplanungen scheinen dort nicht möglich. Zumal man Gefahr läuft, dass einem vielleicht tatsächlich mal die Decke auf den Kopf fällt oder Lichter und Heizung endgültig ausgehen.

Selbst wenn es einen stadtgesellschaftlichen und politischen Konsens für einen Neubau (Hoffart-Gelände oder Marktplatz exemplarisch genannt) gäbe, verlaufen in Bensheim solche Verfahren eher mit bräsiger Gemütlichkeit und gerne mal im Sande. Will man daher die Bibliothek wieder mit klassischer Ausleihe an den Start bringen, muss man in der jetzigen Situation das kleinere Übel wählen.

Nur was tatsächlich das kleinere Übel ist, darüber wird es im diskussionsfreudigen Bensheim mehr als nur eine Meinung geben – ebenso wie darüber, warum „Click und Collect“ noch vor den Weihnachtsferien das Zeitliche segnet, wenn erst irgendwann im Sommer 2024 wiedereröffnet wird. Im Rathaus verweist man in diesem Zusammenhang nicht nur auf die Verhältnisse im Neumarkt, sondern auch auf die „logistisch großen Leistungen“, mit denen ein solcher Umzug verbunden ist. Hierfür sei ein gewisser zeitlicher Vorlauf nötig, um zu packen und Vorbereitungen zu treffen.

Mehr zum Thema

Innenstadt

Strom im Bensheimer Neumarkt vorerst nicht gekappt

Veröffentlicht
Von
Dirk Rosenberger
Mehr erfahren
Innenstadt

Stadt will Vorkaufsrecht für Bensheimer Neumarkt

Veröffentlicht
Von
Dirk Rosenberger
Mehr erfahren
Ortsbeirat Mitte

„Das Parkchaos ist nicht ausgebrochen“

Veröffentlicht
Von
Jeanette Spielmann
Mehr erfahren

Wobei man in Bensheim schon auf einen reichlichen Erfahrungsschatz zurückblicken kann, wenn es um Umzüge von Stadtbibliotheken geht. Beim Wechsel von der Alten Post ins Neumarkt-Center blieb die Ausleihe für sechs Wochen geschlossen. Im Herbst 2010 mussten 50 000 Medien (aktuell 45 000) verpackt und auf die Reise geschickt werden. Knapp 14 Jahre später scheint gut Ding ein bisschen mehr Weile zu brauchen.

Ein argumentativer Hoffnungsschimmer könnte eine Andeutung der Bürgermeisterin in der letzten Stadtverordnetenversammlung sein. Dort sprach sie von einer innerstädtischen Anlaufstelle, einer Mischung aus Begegnungsstätte und Kommunikationszentrum, das ergänzend eingerichtet werden könnte. Quasi eine zentral gelegene Filiale mit besserer Erreichbarkeit und Pluspunkten beim Gemütlichkeitsfaktor. Ob es so kommt, wird sich zeigen.

Auf Nachfrage hieß es dazu am Mittwoch aus dem Rathaus, dass ein weiterer kleinerer Standort der Bibliothek in der Innenstadt geplant sei. Konkret geht es um die Alte Gerberei, in der noch bis zum Frühjahr das Varieté-Theater Pegasus untergebracht war. Diese könnte, ebenfalls vorbehaltlich einer Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung, als besagte Anlaufstelle für Familien, Kinder und Zeitungsleser eingerichtet werden. „Uns ist bewusst, dass eine Stadtbibliothek langfristig ins Zentrum gehört“, betonte die Rathausspitze abschließend auf Anfrage dieser Zeitung.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke
  • Winzerfest Bensheim