Stadtbibliothek

"Es muss weitergehen" bei der Stadtbibliothek in Bensheim

Die Bücherkisten sind schon längst gepackt. Doch für den Umzug der Bensheimer Stadtbibliothek muss der Haupt- und Finanzausschuss noch den Sperrvermerk im Haushalt aufheben. Über die Hintergründe.

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Der Standort der Stadtbibliothek im Neumarkt ist seit Monaten dicht. © Dietmar Funck

Bensheim. Die Stadtbibliothek sucht ein neues Zuhause. Und zumindest übergangsweise scheint sie nun eines gefunden zu haben. Oder besser gesagt zwei. Die Interimslösung, an deren Ende unbedingt der vollständige Umzug in die Innenstadt stehen soll, sieht wie folgt aus: Die Institution zieht in ein ehemaliges Firmengebäude im Gewerbegebiet (Schwanheimer Straße) plus Dependance in der Alten Gerberei als Veranstaltungsraum und Treffpunkt. Auch die Ausleihe mit Click und Collect sowie die Medienrückgabe ist dort vorgesehen. Das frühere Varieté-Theater befindet sich im städtischen Besitz, für den Einzug bedarf es noch einer Nutzungsänderung und unter anderem statischer Gutachten.

Am alten Standort stapeln sich seit Wochen die Umzugskartons, die Anlaufstelle in der Innenstadt ist bekanntlich seit Ende Juli dicht - wegen Wasserschaden, baulicher Mängel und der fehlenden Bereitschaft des Eigentümers, am Zustand des Gebäudes etwas zu verbessern. „In der Öffentlichkeit, in Medienberichten und Leserbriefen wird das Thema diskutiert. Mal sachlich, mal sehr spitz. Das zeigt, wie sehr die Stadtbibliothek den Bürgerinnen und Bürgern am Herzen liegt“, erklärte Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung in der Stadtverordnetenversammlung vergangene Woche.

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Im nun genehmigten Haushalt für das Jahr 2024 sind die für Umzug und bauliche Maßnahmen hinterlegten 200 000 Euro nach wie vor mit einem Sperrvermerk versehen. Über seine Aufhebung soll der Haupt- und Finanzausschuss dann entscheiden, wenn dem Gremium genaue Angaben zum finanziellen Aufwand für den Umzug und die Folgekosten vorliegen. Der HFA entscheidet abschließend im Rahmen des Grundsatzbeschlusses für den Umzug. Und danach kann es losgehen.

Tobias Heinz (CDU) monierte, dass es zu eben diesen Angaben noch keine neuen Erkenntnisse gebe. Sein Fraktionskollege Maximilian Gärtner ergänzte: „Es ist folgerichtig, dass die Bücherei auszieht und einen neuen Standort bekommt. Vor allem die Dependance in der Innenstadt ist für die Bürger wichtig. Für uns alle ist klar, dass diese Lösung nur ein Übergang ist. Die Bibliothek wird kreisweit genutzt und hat einen guten Ruf, den es zu erhalten gilt.“ Man solle nicht weiter auf der Vergangenheit herumreiten, sondern anpacken.

Stadtbibliothek in Bensheim: Was es alles „muss“

Einen kurzen Ausflug in die Vergangenheit machte Adriana Filippone (SPD) aber doch: „Die Neumarkt-Misere ist ein unendliches Kapitel und wir sollten uns fragen, wie es dazu kommen konnte. Der Investor versprach Besserung, aber es wurde nur schlimmer. Muss sich eine Stadt diesem Schicksal ergeben und sind wir wirklich so ohnmächtig?“, fragte sie. Für dem Umzug brauche es die ausführlichen Zahlen und eine Entscheidungsbasis für den HFA.

„Ich hebe heute die Hand dafür, dass es irgendwie weitergehen muss. Das Hauptaugenmerk sollte auf der Alten Gerberei liegen, hier brauchen wir kreative Vorschläge.“ Wirklich glücklich sei wohl niemand mit dem Konzept. „Man muss der Realität aber ins Auge sehen. Die Sachlage ist ein Symptom tief liegender Missstände. Solche Situationen gilt es in Zukunft zu vermeiden. Dafür müssen wir uns besser aufstellen und unsere Stadt aktiv gestalten“, forderte Filippone.

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Damals hatte der Bezug des Neumarktes wegen seiner Lage etwas für sich, sagte Thorsten Eschborn (FDP). Handlungsfähiger wäre die Stadt sicher in eigenen Räumlichkeiten gewesen. Wichtig sei vor allem zu klären, was passieren soll, wenn der Vermieter plötzlich im Neumarkt saniert, was bei der Vertragskündigung beachtet werden müsse und ob möglicherweise doppelte Kosten entstehen. Hanns-Christian Wüstner (Grüne) ergänzte: „Es muss aufgeklärt werden, wie der Vermieter die Stadt so in Geiselhaft nehmen kann. Ich hoffe, eine Klage für die Umzugskosten ist anhängig.“

Nicht nur Norbert Koller (BfB) ist sich bewusst, dass man 900 Quadratmeter Bibliotheksfläche nicht von heute auf morgen an einem neuen Standort unterbringen kann. Nicole Rauber-Jung hatte zuvor einen Auszug aus dem Kriterienkatalog, die die Interimslösung - und sofern er dann gefunden ist, auch der künftige Standort - erfüllen muss, verlesen: Das Gebäude muss statisch für die Lasten der Medien ausgelastet sein, es braucht Flächen für Büros und die Verwaltung, einen barrierefreien Zugang, Glasfaserkabel, Stellplätze und einen erfüllten Brandschutz. Eine städtische Arbeitsgruppe hat diesbezüglich schon mehr als 20 Vorschläge untersucht.

Sowohl für die Übergangslösung als auch das finale Zuhause der Stadtbibliothek bat Koller darum, keine Nachsicht walten zu lassen, sondern ganz genau hinzuschauen. „Bensheim braucht hier dringend ein Erfolgserlebnis nach so vielen Pleiten in der Vergangenheit.“ Einen Neubau in der Innenstadt hält er indes für unwahrscheinlich, weil zu teuer. ame

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