Umzug

Die Bensheimer Stadtbibliothek soll ins Gewerbegebiet

Im Neumarkt hat die Bensheimer Stadtbibliothek keine Zukunft mehr. Und ist ohnehin wegen baulicher Mängel und einem Wasserschaden seit Juli geschlossen. Als Zwischenlösung soll nun ein Gebäude im Gewerbegebiet angemietet werden.

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Dirk Rosenberger
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Die Stadtbibliothek soll in dieses Gebäude in der Schwanheimer Straße 151 umziehen – und eine Filiale in der Alten Gerberei erhalten. © Thomas Neu

Bensheim. Jetzt ist es raus: Die Bensheimer Stadtbibliothek soll in die Schwanheimer Straße 151 umziehen – und eine Dependance in der Alten Gerberei erhalten. Die innenstadtnahe Filiallösung im ehemaligen Varieté Pegasus war bereits bekannt.

Mit Verweis auf Vertragsgespräche hatte Bürgermeisterin Christine Klein bisher um Verständnis gebeten, dass man den favorisierten Standort außerhalb der Innenstadt nicht nennen könne. Weil aber die Stadtverordneten in der aktuellen Sitzungsrunde einen Grundsatzbeschluss fassen müssen, damit konkrete Planungen anlaufen können, lässt sich die künftige Adresse nun in den entsprechenden Unterlagen nachlesen.

Das dank vieler Fenster lichtdurchflutete Gebäude steht auf dem früheren Obi-Parkplatz an der Einmündung zur Straße An der Hartbrücke. Auf Immobilienportalen wird es als repräsentatives Bürohaus (Baujahr 2001) mit „exklusiver Architektur“ und einer Fläche von 670 Quadratmetern beschrieben. Der Zustand könne ohne weiteres mit „wie neu“ angegeben werden. Bei der konventionellen Bauweise seien hochwertige Baumaterialien verwendet worden – was mit Blick auf die alte Heimat der Bücherei – das Neumarkt-Center – durchaus eine tragende Information sein könnte.

Das Ziel: Wieder zurück ins Zentrum

Bahnhof und Stadtzentrum sollen in optimistisch geschätzten 15 Gehminuten erreichbar sein. Man darf aber jetzt schon davon ausgehen, dass die wenigsten Bibliotheksnutzer diesen Weg zu Fuß auf sich nehmen werden. Ohnehin, und darauf wird in der Beschlussvorlage auch verwiesen, handelt es sich bei der Anmietung nur um eine Interimslösung „mit dem ausdrücklichen Ziel“, die Stadtbibliothek komplett in die Innenstadt zurückzuholen.

Betont wird darüber hinaus, dass eine Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern städtischer Teams verschiedene Alternativen geprüft habe. Dabei habe man einige Gebäude begutachtet und bewertet. Unterm Strich landete man bei der Zwei-Standorte-Lösung.

Der Vorschlag wurde nach Angaben der Verwaltung der Fachstelle für öffentliche Bibliotheken sowie der ekz.bibliotheksservice GmbH zur Stellungnahme vorgelegt. Die GmbH gilt als das führende Serviceunternehmen für Bibliotheken und unterstützt Kommunen bei der Raum- und Ausstattungsplanung.

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Beide Institutionen halten die Ausweichquartiere in Kombination für geeignet, allerdings verbunden mit der ausdrücklichen Empfehlung, mittelfristig ins Zentrum zurückzukehren.

Doch zunächst braucht es die Zustimmung der Stadtverordneten, bevor es an die Umzüge gehen kann. Notwendig wird dieser Schritt bekanntlich, weil im sanierungsbedürftigen Neumarktcenter mit all seinen Problemzonen keine verlässliche Zukunftsplanung möglich ist. Seit dem letzten größeren Wasserschaden Ende Juli 2023 hat die Bücherei geschlossen.

Die Immobilie an der Schwanheimer Straße soll künftig als Medienstandort und Lernort fungieren. Dort könnten auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze haben. Das geht aus einer Stellungnahme der Bibliotheksleitung hervor. Die Alte Gerberei dient dann als zentraler Anlaufpunkt in der Innenstadt, in dem Veranstaltungen angeboten und Kindermedien präsentiert werden könnten sowie Zeitschriften und Zeitungen bereitliegen.

Mitte 2024 soll die Wiederöffnung der Stadtbibliothek stattfinden

„Mit dem kulturellen Standort in der Alten Gerberei bleibt die Stadtbibliothek im besten Sinne sichtbar und wird von hier kreative Möglichkeiten schaffen, einen Austausch mit der Außenstelle zum Beispiel über Click und Collect zu betreiben“, heißt es weiter. Mitte 2024 soll die Bibliothek wiedereröffnen, dieser Zeitraum wurde bereits kommuniziert. Erfahrungen als „Reisebücherei“ hat die Stadtbibliothek in den vergangenen Jahrzehnten ausreichend gesammelt. Im mittlerweile abgerissenen Haus am Markt sowie in der Alten Faktorei gab es bereits die Ausleihe, bis Herbst 2010 residierte man in der Alten Post.

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Von dort aus ging es dann mit 50 000 Medien in das Neumarkt-Center. Knapp 14 Jahre später steht der nächste Ortswechsel an. Dafür hat das Team im Dezember 600 Kartons mit rund 33 000 Medien gepackt. 5600 sind zurzeit noch ausgeliehen.

Für den Umzug wurden außerdem in der Haushaltssitzung des Haupt- und Finanzausschusses noch kurzfristig 200 000 Euro bereitgestellt. Damals war zumindest öffentlich noch nicht klar, wohin die Reise gehen wird. Nun steht der Standort fest, der sicherlich für die eine oder andere Debatte sorgen wird – jedoch immer verbunden mit der Frage nach tragfähigen Alternativen.

Filiale im alten Varieté, das sich in städtischer Hand befindet

In der Schwanheimer Straße zieht man zumindest in ein architektonisch auffälliges Gebäude, in dem zuletzt unter anderem Pools verkauft wurden – die Mitarbeiterinnen dürften sich dort also schnell heimisch fühlen und trotzdem froh sein, im Trocknen sitzen und arbeiten zu dürfen.

Bei all der Ironie des Schicksals darf aber nicht vergessen werden, welche Bedeutung die Stadtbibliothek hat. Mit mehr als 50 000 Besuchern, 3300 aktiven und registrierten Nutzern sowie über 180 000 Ausleihen im Jahr „ist sie die größte und leistungsstärkste Bibliothek im Kreis Bergstraße und hat seit Jahren in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert“, schreibt die Leitung der Einrichtung in ihrer Stellungnahme.

Ein Ziel soll es daher auch weiterhin sein, Familien mit Kindern, Schülerinnen und Schülern, Kita-Gruppen und Schulklassen, lernende Erwachsene, Senioren und sozial benachteiligte Menschen zu erreichen. Kurzfristig sollte dies mit der Filiale im alten Varieté, das sich in städtischer Hand befindet, möglich sein.

Mittelfristig sind auch das alles sehr gute Argumente, um die Stadtbibliothek wieder in der Innenstadt zu vereinen.

Freier Autor

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