Innenstadt

Lage im Neumarkt-Center in Bensheim spitzt sich weiter zu

Am 27. November sollen im Bensheimer Neumarkt-Center weiter Stromzähler vom Netz genommen werden. Das bestätigte die GGEW AG auf Nachfrage. Auswirkungen könnte das unter anderem auf die Heizungsanlage haben.

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Dirk Rosenberger
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Im Neumarkt-Center gehen immer weiter die Lichter aus. Nun sollen am 27. November weitere Stromzähler vom Netz genommen werden. © Thomas Neu

Bensheim. Die Situation im Neumarkt-Center droht weiter zu eskalieren. Die GGEW AG hat in einem Schreiben an die verbliebenen Mieter angekündigt, am 27. November vormittags weitere Stromzähler vom Netz zu nehmen. „Aus rechtlichen Gründen“, teilte Pressesprecher Dominik Rudolf auf Nachfrage dieser Zeitung mit.

Bereits am 3. November hatte der Energieversorger – wie berichtet – die Stromzufuhr für die Tiefgarage und die leerstehende Ladenzeile gekappt. Die Tiefgarage musste daraufhin von der Stadt aus Sicherheitsgründen gesperrt werden, wann sie wieder öffnen kann, steht in den Sternen.

Die damalige wie nun auch kommende Maßnahme richtet sich nach Angaben des Unternehmens nicht gegen die Mieter, sondern den Eigentümer – die Blackrock Real Estate GmbH aus Darmstadt. „Leider können wir nicht ausschließen, dass auch die Mieter davon indirekt betroffen sein können“, erläuterte Rudolf. Heißt in der Praxis: In Treppenhäusern und Fluren könnte das Licht aus- und nicht mehr angehen.

Welche Folgen es hat, den Strom abzuschalten, ist nicht ganz klar

Wesentlich gravierender ist allerdings, dass Auswirkungen auf die Steuerung der Heizungselektronik nicht auszuschließen sind. Im schlimmsten Fall sitzen die Mieter kurz vor Winterbeginn im Kalten. „Die Entscheidung ist wohl abgewogen und leider aus der Gesamtsituation heraus alternativlos. Wir haben uns diese Entscheidung aber nicht leicht gemacht und würden es natürlich sehr bedauern, wenn die Mieter betroffen sein würden“, so der Unternehmenssprecher weiter.

Die Betroffenen habe man informiert, auch wenn man rechtlich dazu nicht verpflichtet gewesen sei. Man habe dies aber für den richtigen Schritt gehalten. Dieser Aufgabe muss eigentlich der Eigentümer nachkommen. Darauf wollte man sich aber offenkundig nicht verlassen. Den Mietern habe man empfohlen, sich an den Vermieter und die Hausverwaltung zu wenden.

Warum man vorher nicht mitteilen kann, welche Folgen es im Nachhinein hat, wenn der Strom abgestellt wird, erläuterte Frank Thurau, Leiter Recht bei der GGEW AG: „Wenn ein Kunde einen Zähler bei uns anmeldet, dann wissen wir nicht, welche Anlage damit betrieben wird. Das könnte in der Theorie ein Gerät oder ein ganzes Haus sein. Unsere Verantwortung endet am Ende des Zählers.“ Alles andere falle in den Bereich Haustechnik, da habe kein Versorger in Deutschland irgendwelche Informationen.

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Sichergestellt ist indes, dass bei den Mietern, die über ihre eigenen privaten Stromzähler verfügen, zumindest der Strom nicht ausfällt. Abgesehen von der Stadtbibliothek sind wohl aktuell noch acht Wohnungen und ein Geschäft, der Spielzeugladen Mikado, vermietet.

Dessen Mit-Inhaberin Eva Bergmann kann ob der Vorkommnisse nur mit dem Kopf schütteln. „Das ist schlimmer als vorher bei allen anderen Besitzern“, spielt sie auf die wechselvolle Historie des Gebäudekomplexes mit verschiedenen Eigentümern an – die oftmals weder aus der näheren Umgebung kamen noch ein großes Interesse an den Tag legten, den Neumarkt vorzeigbar herzurichten.

Im Mikado werden aber auch nach dem 27. November nicht die Lichter ausgehen, selbst wenn die Heizung aus bleibt. „Dann ziehen wir uns eben ein bisschen wärmer an“, meinte Eva Bergmann. Immerhin könnten sie und ihre Kolleginnen wenigsten abends nach Ladenschluss nach Hause gehen. „Mir tun aber die Mieter sehr leid. Für sie ist es jetzt schon nicht einfach, aber wenn man vielleicht eine kalte Wohnung hat, das mag man sich kaum vorstellen.“

Auch die Stadtbibliothek steht vor einer ungewissen Zukunft

Dem Vernehmen nach soll es schon seit dem 3. November mindestens eine Wohnung geben, in der nicht mehr geheizt werden kann, nachdem der Strom abgestellt wurde. Eigentlich untragbare Zustände in einer Immobilie mitten in der Stadt, die 2023 an einem kaum zu fassenden Tiefpunkt angekommen ist.

Eva Bergmann und ihre Kolleginnen haben sich bereits nach Alternativen umgeschaut. Von jetzt auf gleich sei aber generell kaum etwas zu bekommen. Einen Laden in der Innenstadt habe man sich angeschaut, als die „horrenden Mietvorstellungen“ (Bergmann) aufgerufen wurden, mussten die Inhaberinnen abwinken. Das Spielwarenfachgeschäft eröffnete 2002 im Neumarkt, seit 2005 ist es das einzige in der Innenstadt. „Wir sind gerne in Bensheim“, verdeutlicht Bergmann, aber in der Aussage schwingt deutlich mit, dass man in Zukunft ob der Umstände gezwungen sein könnte, der größten Stadt im Kreis den Rücken zu kehren.

Vor einer ungewissen Zukunft steht bekanntlich auch die Stadtbibliothek, die nach dem Wasserschaden Ende Juli geschlossen ist. Monatelange konnten keine Bücher ausgeliehen werden, seit dem 2. November ist immerhin mit dem „Click und Collect“-Verfahren eine Übergangslösung geschaffen worden.

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Ob dieses Angebot aufrechterhalten werden kann, wenn tatsächlich die Heizung ausfällt, wird sich zeigen müssen. Zumal davon vermutlich auch die Büros der Mitarbeiterinnen und der Veranstaltungsraum, der aktuell noch genutzt werden kann, betroffen wäre.

Für die Verantwortlichen im Rathaus sollte die sich anbahnende Zuspitzung der allerletzte Warnschuss sein, verbunden mit der ohnehin schon bestehenden Erkenntnis, dass die Bücherei im Neumarkt-Center keine Zukunft hat und es Alternativen braucht. „Wir arbeiten weiter mit Hochdruck an einer Lösung“, erklärte Bürgermeisterin Christine Klein und sprach von einer „schwierigen Hängepartie“ auch für die Mitarbeiter.

Lösungsorientiert ist man zurzeit nach Angaben der Rathauschefin auch in Sachen geschlossener Tiefgarage unterwegs – die neuste drohende Dauerbaustelle in einer an Dauerbaustellen nicht armen Innenstadt. Aus der Kommunalpolitik liegt der Vorschlag der CDU auf dem Tisch, den Beauner Platz abends bei Veranstaltungen zum Parken freizugeben. „Wir prüfen das“, bemerkte Klein am Mittwoch auf Nachfrage.

Eine Anfrage dieser Zeitung an den Eigentümer des Neumarkt-Centers blieb bislang unbeantwortet.

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