Innenstadt

Im Bensheimer Neumarkt gehen die Lichter aus

In Teilen des Neumarkt-Centers in Bensheim wurde am Freitag der Strom abgestellt. Die Stadtbibliothek ist davon nur bedingt betroffen. Das in dieser Woche gestartete "Click und Collect"-Verfahren kann fortgesetzt werden.

Von 
Dirk Rosenberger
Lesedauer: 
Alle Schotten dicht: Weil der Strom abgestellt wurde, kann die Tiefgarage unter dem Neumarkt-Center nicht mehr genutzt werden. © Thomas Neu

Bensheim. Dem kurzen Hoffnungsschimmer folgte zum Glück nicht gleich der nächste Rückschlag: Die Stadtbibliothek kann „Click und Collect“ weiter anbieten - obwohl am Freitag in Teilen des Neumarkt-Centers der Strom abgestellt wurde. „Aus rechtlichen Gründen“, teilte dazu die GGEW AG auf Nachfrage kurz und knapp mit. Einzelheiten könne man beim Eigentümer erfahren.

Die Bensheimer Problem-Immobilie gehört bekanntlich der Darmstädter Blackrock Real Estate GmbH mit Geschäftsführer Murat Karakaya. Licht ins Dunkel brachte dieser allerdings nicht. Eine Anfrage dieser Zeitung zu den Gründen für die Stromabschaltung blieb unbeantwortet.

Eigentlich wollte Karakaya auf dem Gelände Wohnungen errichten. Neben der ohnehin leerstehenden und wenig ansehnlichen Markthalle sollte auch die Häuserzeile zur Promenadenstraße abgerissen werden. Erhalten wollte der Darmstädter Geschäftsmann die Gebäude, in denen sich unter anderem die Stadtbücherei befindet.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Wie es um das Millionen-Projekt aktuell steht, lässt sich schwer abschätzen - die handelnden Akteure halte sich dazu bedeckt. Aus der Stadtverwaltung war zuletzt nur zu erfahren, dass man sich weiter im Austausch mit den Architekten des Eigentümers befindet. Die aktuelle Entwicklung dürfte jedoch nicht als vertrauensbildende Maßnahme gewertet werden, vorsichtig formuliert. Zumal sie die Stadt vor die Herausforderung stellte, in kurzer Zeit die Tiefgarage sichern und Fahrzeughalter ermitteln zu müssen.

Verbarrikadiert werden musste die Tiefgarage aus Sicherheitsgründen. Nicht nur, weil es ohne Licht dort unten zappenduster ist, sondern auch, weil alle Sicherheitsanlagen voraussichtlich nicht laufen, erklärte Stadträtin Nicole Rauber-Jung am Donnerstag in der Stadtverordnetenversammlung.

Die Stellplätze dienen zwar schon seit Jahren nicht als Beispiel für ein modernes Parkhaus, allerdings war die Tiefgarage meistens gut frequentiert, besonders auch bei Veranstaltungen im Parktheater und im Bürgerhaus. Diese zentralen Abstellmöglichkeiten fallen nun auf unbestimmte Zeit weg.

Wasserschaden und bauliche Mängel

An diesem Beispiel zeigt sich, wie sehr das Neumarkt-Center ein Vielmengenproblem ist - angefangen von städtebaulichen Fragen bis nun hin zum Drama um die seit Ende Juli zunächst wegen eines Wasserschadens und nun baulicher Mängel geschlossenen Stadtbibliothek. Dazu nahm Bürgermeisterin Christine Klein am Donnerstag im Stadtparlament ebenfalls Stellung.

„Wir sind stolz, dass das Einzugsgebiet unserer Stadtbibliothek weit über die Stadtgrenzen hinaus reicht. Aber die Position ist gefährdet“, betonte die Rathauschefin. Die aktuelle Entwicklung im Neumarkt zeige, dass die Immobilie keine langfristige Planung zulasse. „Click und Collect“ sei nun mit großem Erfolg angelaufen, man hoffe, dass man diesen Service weiter anbieten könne. 100 Pakete hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den erste Ausgabetag gepackt. Was am Donnerstag noch ungewiss war, bestätigte sich immerhin am Freitagvormittag.

„Aber auf Hoffnung kann man nicht bauen. Hoffnung reicht nicht für ein Fundament und das Angebot sowie den Service einer Stadtbibliothek, die schmerzlich vermisst wird“, konstatierte Klein. Daher müsse man sich auf verschiedene Szenarien vorbereiten. Daran arbeite man mit Hochdruck.

Entscheidung im Sinne der Stadt und der Nutzer der Bibliothek

Klein skizzierte in ihrer Rede Varianten, die man zurzeit durchspiele: Eine Stadtbibliothek an einem Standort außerhalb des Zentrums mit einem komplette Medienangebot und der Möglichkeit, „wieder in den Räumen und Büchern stöbern zu können“. Ob als Dauerlösung oder Übergangsoption lasse sich noch nicht sagen.

Zudem sprach sie - wohl ergänzend - von einem Kommunikationszentrum im Herzen der Stadt. Dort solle stattfinden, was Schüler und Senioren vermissen: die Möglichkeit, gemeinsam Hausaufgaben zu erledigen, sich auszutauschen oder einfach Zeitung zu lesen. „Das können keine Spontanentscheidungen sein. Alles muss durchdacht sein, um eine gute und richtige Entscheidung im Sinne der Stadt und der Nutzer der Stadtbibliothek zu treffen“, bemerkte die Bürgermeisterin.

Sie appellierte an die Stadtverordneten, nicht nur mit dem Rathaus an einem Strang zu ziehen, sondern „an einem Strang in die gleiche Richtung“. Ob das ein frommer Wunsch bleibt, wird auch davon abhängen, welche Wege aus dieser Dauerkrise aufgezeigt oder angeboten werden können.

Mehr zum Thema

Bensheim

Kleiner Lichtblick bei der Stadtbibliothek in Bensheim

Veröffentlicht
Mehr erfahren
Kommunalpolitik

Optionen für die Stadtbücherei

Veröffentlicht
Von
red
Mehr erfahren
Aktionstag

Büchereien sind Bildungsort und Treffpunkt

Veröffentlicht
Von
red
Mehr erfahren

Immerhin gab die Verwaltungschefin zu verstehen, dass das fast schon überbordend angeführte Argument, die Stadt sei nicht Herrin des Verfahrens, „uns nicht weiterbringt“. Natürlich lässt sich in diesem Zusammenhang nicht ausblenden, dass Abhängigkeiten von Dritten bestehen und man nur Mieter in einem Gebäude ist, in das man rückblickend vielleicht nicht hätte einziehen sollen.

Nur ist man hinterher immer schlauer und beim Umzug überwog ohnehin die Freude, die Stadtbücherei mit ihrem erstklassigen Angebot für alle Altersklasse wieder direkt in die Fußgängerzone holen zu können. Zuvor war die Einrichtung in der Alten Post sowie in der Alten Faktorei und im Haus am Markt untergebracht - die Älteren erinnern sich.

Die Frage nach der Zukunft der Stadtbibliothek (und selbstredend des gesamten Centers) ist eine mindestens genauso spannende wie die Frage nach dem Marktplatz der Zukunft. Oder der Zukunft des Hoffart-Geländes, sollte die Fläche nicht zur Dauerausstellung für mobile Hochbeete werden. An Aufgaben und Herausforderungen mangelt es demnach nicht. Aber das ist in Bensheim ja nichts Neues.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

  • Winzerfest Bensheim