Bensheim. Die Forderung nach einem Lebensmittel-Nahversorger in der Bensheimer Innenstadt ist nicht neu, doch sie bleibt aktuell. Seit der Schließung des Rewe-City-Marktes im Untergeschoss des Neumarkt-Centers im Jahr 2011 klafft mitten in der Stadt eine Lücke in der Nahversorgung. Besonders für ältere Menschen, die ohne Auto unterwegs sind, ist das ein spürbares Problem. Das Thema wurde zwar immer wieder politisch aufgegriffen, eine dauerhafte Lösung gibt es bisher aber nicht. Wer in der Innenstadt wohnt, muss für den täglichen Einkauf meist in andere Stadtteile ausweichen.
Versorgungslücke in der Innenstadt seit 2011
Die Versorgungslücke entstand mit der Aufgabe des Rewe-City-Marktes im März 2011. Rewe begründete den Schritt damals mit sinkenden Kundenzahlen und mangelnder Rentabilität. Für viele war das ein harter Einschnitt. Der Supermarkt war über Jahre hinweg nicht nur Einkaufsstätte, sondern auch ein sozialer Treffpunkt.
Das kleine Geschäft der Bäckerei Schulz in der Zeller Straße konnte diese Lücke nur teilweise schließen. Nach dessen Schließung 2015 blieb auch diese letzte Anlaufstelle für den spontanen Lebensmitteleinkauf in der Innenstadt weg. Bereits 2017 zeigte sich im sogenannten Innenstadtdialog, einer Bürgerbeteiligung zur Stadtentwicklung, dass die Wiederansiedlung eines Nahversorgers ganz oben auf der Wunschliste der Bewohner stand.
An Ideen und Initiativen hat es seither nicht gemangelt. Immer wieder wurde im Ortsbeirat Mitte und der Stadtverordnetenversammlung darüber diskutiert, wie sich ein Nahversorger wirtschaftlich und räumlich realisieren ließe. Die Fraktionen von BfB und VuA haben das Thema zuletzt in der vergangenen Stadtverordnetenversammlung im September erneut aufgegriffen.
In einer gemeinsamen Anfrage wollten sie vom Magistrat wissen, ob der Beschluss des Ortsbeirats Bensheim-Mitte tatsächlich umgesetzt werde. Der Ortsbeirat hatte den Magistrat „dringend aufgefordert, konzeptionell zu prüfen, wie ein Nahversorger in der Innenstadt angesiedelt werden kann“ und entsprechende Gespräche mit Eigentümern und möglichen Betreibern zu führen.
Wochenmarkt bleibt einzige Anlaufstelle
Die Antwort der Stadt fiel diplomatisch aus. Laut Schreiben des Teams Stadtplanung arbeitet die Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim (MEGB) „kontinuierlich an der Umsetzung des Beschlusses“. Dabei werden Leerstände in der Innenstadt geprüft und Kontakte zu potenziellen Nahversorger-Ketten oder Betreibern gesucht. „Gespräche werden mit allen Interessenten geführt, welche ein Interesse an einer Ansiedlung in der Innenstadt signalisieren“, heißt es in dem Schreiben. Konkrete Zusagen oder Verhandlungen über einen bestimmten Standort gibt es bislang jedoch nicht.
Ganz ohne Lebensmittelangebote ist die Innenstadt allerdings nicht. Von Mittwoch bis Samstag bietet der Wochenmarkt auf dem Marktplatz wechselnde Stände mit frischem Obst, Gemüse, Käse, Fleisch und Backwaren. Viele Besucher schätzen das Angebot – nicht nur wegen der Produkte, sondern auch wegen der Begegnungen und des lebendigen Ambientes. Doch so wichtig der Markt für das Stadtleben ist: Er ersetzt keinen Supermarkt. Wer unter der Woche spontan Milch, Nudeln oder Konserven braucht, steht weiterhin vor verschlossenen Türen.
Dass ein Nahversorger auch auf kleiner Fläche funktionieren kann, zeigen Beispiele aus Nachbarstädten. In Lorsch, Pfungstadt oder Lindenfels betreiben CAP- und AQB-Märkte ihre Geschäfte erfolgreich als Sozialprojekte, bei denen Menschen mit Behinderung im Verkauf arbeiten. Diese Märkte werden vom Landeswohlfahrtsverband Hessen gefördert und könnten – so die Hoffnung mancher Kommunalpolitiker – auch für Bensheim ein Modell sein.
„Solche Konzepte verbinden soziale Verantwortung mit praktischer Daseinsvorsorge“, betonte bereits 2022 BfB-Ortsbeirätin Yvonne Dankwerth. Zusammen mit SPD-Vertreter Martin Zencke hatte sie damals auf die dringende Notwendigkeit eines Nahversorgers hingewiesen.
Druck steigt nach kommender dm-Schließung
Mit der angekündigten Schließung der dm-Filiale in der oberen Fußgängerzone zum Jahresende hat das Thema erneut an Brisanz gewonnen. Für viele Bewohner war der Drogeriemarkt einer der letzten Gründe, regelmäßig in die Innenstadt zu kommen.
„Es wäre sehr wünschenswert, wenn sich dort wieder ein Nahversorger ansiedeln würde“, sagte Bürgermeisterin Christine Klein im Mai. „Solche Geschäfte sind nicht nur Einkaufsmöglichkeiten, sondern wichtige Frequenzbringer.“ Mit der Schließung der dm-Filiale droht der Innenstadt ein weiterer Verlust an Lebendigkeit und Kundenfrequenz.
Dass sich bislang kein Betreiber gefunden hat, liegt nicht nur am fehlenden Willen, sondern auch an den Rahmenbedingungen. Viele Flächen in der Innenstadt seien entweder zu klein, zu verwinkelt oder nicht für den Lebensmittelhandel geeignet. Auch die hohen Mieten und logistischen Herausforderungen – etwa bei Anlieferung und Lagerung – könnten potenzielle Investoren abschrecken.
Die Stadt selbst kann keine Märkte betreiben, wohl aber die Weichen stellen. Durch Anreize, Konzepte und Gespräche mit Eigentümern. Dass die MEGB diese Aufgabe ernst nimmt, zeigt die laufende Prüfung von Leerständen, doch Ergebnisse lassen weiter auf sich warten. Trotz aller Rückschläge bleibt die Hoffnung bestehen, dass irgendwann wieder ein Lebensmittelmarkt ins Zentrum zieht. Viele Bürger wünschen sich nicht nur kurze Wege, sondern auch eine Stärkung des urbanen Lebensgefühls.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-nahversorger-innenstadt-lebensmittelmarkt-_arid,2334187.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html