Einnahmen

Die Stadt Bensheim plant, eine Verpackungssteuer zu prüfen

Das Konzept vereint finanzielle und ökologische Aspekte. Auswirkungen auf den lokalen Handel müssen mitgedacht werden.

Von 
Anna Meister
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Nach dem Rechtsspruch des Bundesverfassungsgerichts am 22. Januar denkt auch die Stadt Bensheim über eine mögliche Verpackungssteuer nach. Im Vorfeld sollen die Umsetzbarkeit und der praktische Nutzen eingehend geprüft werden. © Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Bensheim. Seit 2022 erhebt die Stadt Tübingen eine Abgabe auf Einwegverpackungen, die von Gastronomiebetrieben wie Imbissen, Bäckereien und Fast-Food-Restaurants genutzt werden. Die Steuer beträgt 50 Cent für Becher aus Pappe und 20 Cent für kleinere Einwegartikel wie Strohhalme oder Plastikdeckel. Ziel dieser Maßnahme ist es, das Müllaufkommen zu reduzieren und zugleich zusätzliche Einnahmen für die Stadt zu generieren.

Trotz der Erhebung der Steuer hat sich die Menge des Verpackungsmülls bislang nur geringfügig verringert. Dennoch sorgt die Abgabe für erhebliche Mehreinnahmen im städtischen Haushalt – jährlich fließen rund 800.000 Euro in die Kasse der Kommune. Am 22. Januar dieses Jahres hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden, dass diese Abgabe verfassungsgemäß ist und somit weiter erhoben werden darf.

Die Klägerin des Verfahrens, eine Franchise-Nehmerin von McDonald‘s, hatte sich gegen die Steuer gewehrt. Sie argumentierte, dass Städte nicht berechtigt seien, eine solche Abgabe zu erheben, da steuerliche Regelungen in die Zuständigkeit des Bundes oder der Länder fielen.

Das Bundesverfassungsgericht wies diese Argumentation zurück. Die Richter stellten fest, dass die Verpackungssteuer einen eindeutigen lokalen Bezug hat, da die betroffenen Einwegverpackungen in der Regel innerhalb der Stadtgrenzen anfallen und entsorgt werden. Zudem sei die Steuerbelastung nicht so hoch, dass sie die wirtschaftliche Existenz der Betriebe gefährde oder unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit eingreife.

Der Fast-Food-Konzern reagierte enttäuscht auf die Entscheidung, der Deutsche Städtetag hingegen begrüßte das Urteil ausdrücklich und betonte, dass Kommunen nun mehr Spielraum hätten, um Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung zu ergreifen. Bisher haben nur wenige Städte wie Konstanz und Freiburg ähnliche Verpackungssteuern eingeführt. Mit dem Urteil aus Karlsruhe könnte sich dies jedoch ändern – weitere Städte könnten nun nachziehen und eigene Abgaben auf Einwegverpackungen beschließen.

Über die Verpackungssteuer: „Ein grundsätzlich interessantes Konzept“

Zum Beispiel Bensheim? Die Idee einer Verpackungssteuer, wie sie derzeit in Tübingen umgesetzt wird, ist grundsätzlich ein interessantes Konzept, das sowohl ökologische als auch finanzielle Aspekte berücksichtigt. „Daher haben wir die Entwicklung in Tübingen und nun das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit Interesse verfolgt“, erklärt die Stadt auf Anfrage der BA-Redaktion.

„Nach dem Urteil und der damit einhergehenden Rechtssicherheit werden wir die Einführung einer Verpackungssteuer für Bensheim prüfen. Diese muss grundsätzlich in einem größeren Kontext bewertet werden – insbesondere im Hinblick auf die praktische Umsetzung: Dazu zählen ein zusätzlicher Personalaufwand in der Verwaltung und mögliche Herausforderungen beim Aufbau einer Infrastruktur zur Erhebung der Steuer.“

Im Blick behalten müsse die Stadt dann zudem die potenziellen Auswirkungen auf den lokalen Handel und die Wirtschaft. Die Vorteile liegen allerdings auf der Hand: „Eine Verpackungssteuer könnte zusätzliche Einnahmen für die Stadt generieren. Sie könnte dazu beitragen, den Verpackungsmüll zu reduzieren und die Bürger für nachhaltigeres Verhalten zu sensibilisieren.“

FDP und Grüne äußern sich zu der Idee

Die FDP Bensheim hat in ihrer Sitzung Ende Januar der Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer eine klare Absage erteilt. „Man kann die Uhr danach stellen: Immer, wenn sich eine Möglichkeit ergibt, eine neue Steuer oder Abgabe zu erheben, findet sich jemand, der diese auch direkt einführen will“, so der Vorsitzende der Freien Demokraten in Bensheim, Jascha Hausmann.

Es sei grundsätzlich nachvollziehbar, dass zur Verbesserung der Sauberkeit und Schonung natürlicher Ressourcen Einwegverpackungen reduziert werden sollen. Dies sei aber sicher nicht über eine neue Bagatellsteuer zu erreichen. Stattdessen würde diese massive zusätzliche Belastungen für Gastronomiebetriebe bedeuten, die ohnehin mit schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu kämpfen haben. Weiterhin seien die Unternehmen dadurch gezwungen, den höheren Aufwand durch die Steuer oder die komplette Umstellung auf Mehrwegalternativen an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben.

„Durch die steigenden Lebensmittel- und Energiekosten der letzten Jahre sind die Preise in der Gastronomie ohnehin bereits stark gestiegen. Jeder, der jetzt künstlich weiter an der Preisschraube dreht, sollte sich überlegen, was er damit verursacht. Am langen Ende können sich immer weniger Bürgerinnen und Bürger noch leisten, Essen in einem gastronomischen Betrieb zu bestellen, auf die Hand zu kaufen oder in Restaurants zu gehen“, so die Vorsitzende der FDP-Fraktion im Stadtparlament, Lisa-Marie Blumenschein.

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Schon jetzt bestehe die Pflicht, ein entsprechendes Mehrwegangebot zu unterbreiten. Insoweit könne sich jede Bürgerin und jeder Bürger selbst überlegen, ob man dies zu den entsprechenden Konditionen in Anspruch nehme. Bei Kleinbetrieben gebe es zudem die Möglichkeit, selbst Mehrweggeschirr mitzubringen und dies befüllen zu lassen.

Das sehen die Bensheimer Grünen anders. Auch sie befassten sich im Januar mit dem Thema: „Die kommunale Verpackungssteuer ist rechtmäßig. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Seit 2022 gilt die Verpackungssteuer in Tübingen. Zahlen müssen sie die Verkaufsstellen von Einwegverpackungen, -besteck und -geschirr, die darin Getränke und Speisen zum Mitnehmen oder sofortigen Verzehr ausgeben. Es ist ein Anreiz auf Mehrweg-Verpackungen umzusteigen. Energie, Material und Transportwege für Einwegverpackungen können durch deren Verzicht eingespart werden. Für die Grünen ist es auch wichtig, die zunehmende Vermüllung des Stadtbildes durch solche Verpackungen zu reduzieren. Weiterhin würden die Einnahmen bei der angespannten Haushaltslage helfen“, erklärte die Fraktion über eine Pressemitteilung.

Redaktion

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