Stadtverordnetenversammlung

Ideenwettbewerb für den Marktplatz soll würdiges Ende finden

Das Haushaltsdefizit prägt die Debatte um das Vorhaben in Bensheim. Wann und ob die Arbeiten losgehen, steht in der Sternen.

Von 
Anna Meister
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Der Bensheimer Marktplatz wird wohl noch eine Weile genauso aussehen wie jetzt. © Thomas Neu

Bensheim. Bleibt der Marktplatz der Zukunft am Ende der Marktplatz der Gegenwart? Vor allem die Debatte um die Neugestaltung in Zeiten der Haushaltskrise war für die – ausnahmsweise – zahlreichen Besucherinnen und Besucher der Stadtverordnetenversammlung von Interesse. Trotz des Defizits haben die Stadtverordneten mehrheitlich für eine Vorlage der Verwaltung gestimmt, die dem Ideenwettbewerb ein „würdiges Ende“ bringen soll und gleichzeitig die Grundlage für weitere Planungen liefert. Wann beziehungsweise ob es einen Realisierungswettbewerb geben wird, hängt ganz von den finanziellen Geschicken Bensheims ab.

Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung (CDU) betonte noch einmal, dass ein qualifizierter Abschluss des Themas an die Ergebnisse des Wettbewerbs gebunden sei. Man habe bereits viel Geld investiert und sollte jetzt nicht kurz vor Schluss wieder „die berühmte Reißleine“ ziehen.

„Nun stehen wir vor der Situation, dass wir den Startschuss für die Realisierungsphase geben könnten. Da erwischt es uns kalt mit dem Haushaltsdefizit. In einer solchen Situation können wir uns nur noch solche Ausgaben leisten, die aktuell unabwendbar und absolut notwendig sind. Unter dieses Kriterium fällt die Realisierungsphase für die Neugestaltung des Marktplatzes nicht“, sprach Rolf Tiemann für die FWG.

Sanierung wäre nicht wirtschaftlich

Wahrlich keine Schönheiten sind die Fachwerkhäuser Am Marktplatz 2 und 3. Seit vielen Jahren schon besteht die Forderung beziehungsweise der Wunsch, dass sich an dem schlechten Zustand der Gebäude etwas ändert. Im Zuge der Neugestaltung des Marktplatzes sollte auf Wunsch der FWG und der Grünen wieder Bewegung in die Sache kommen, der Eigentümer, falls nötig, rechtlich dazu bewegt werden, zu sanieren und die Häuser wieder nutzbar zu machen. Erste Wahl wäre natürlich, die Gespräche wieder aufzunehmen.

„Die Häuser haben ein großes städtebauliches Gewicht, der Eigentümer verweigert eine sinnvolle Nutzung und der Denkmalschutz hat sich als stumpfes Schwert entpuppt“, so Hanns-Christian Wüstner (Grüne). Denn laut Denkmalschutz sei der Eigentümer nur dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Häuser erhalten bleiben – nicht, sie zu sanieren und nutzbar zu machen.

Derzeit gebe es keinen Anlass, Verhandlungen zu führen, zumal die Neugestaltung des Marktplatzes, der Aufhänger der Forderungen, Zukunftsmusik sei. „Es wurde schon viel getan. Wir können niemanden zwingen, zu handeln. An dieser Stelle hat die Stadt keine Handhabe“, sagte Tobias Fischer (FDP). Zudem gebe es kaum wirtschaftliche Anreize, die Gebäude zu sanieren. Auch, wenn sie natürlich ein Gewinn für das Stadtbild wären. ame

Er stütze sich damit auf die vorangegangene Empfehlung des Bauausschusses, das Projekt zurückzustellen, bis die Haushaltslage eine Realisierung möglich erscheinen lässt. Für die Stadtverordnetenversammlung stellte die Fraktion gleich zwei Änderungsanträge. Einer zielte auf die Zurückstellung ab, ein weiterer auf einige Formulierungsänderungen der Verwaltungsvorlage. Unter anderem sollte die Stadtbibliothek bei der Nutzung gestrichen werden, damit der Bau eines Gebäudes kleiner erfolgen könnte. Beide wurden abgelehnt.

Rauber-Jung merkte an, dass zunächst die konkrete Nutzung des Gebäudes definiert werden müsse. Danach könne man ermitteln, wie viel Fläche man benötige. „Wir haben doch jetzt einen Konsens, hinter dem wir alle stehen können“, zeigte sich Tobias Heinz (CDU) überrascht über die Position der FWG. „Die Bürger wollen, dass sich jetzt etwas tut und dass es weitergeht. Es braucht jetzt die Informationen, um den nächsten Schritt zu gehen.“ Die CDU habe über eine Zurückstellung der Vorlage nachgedacht, sehe aber doch davon ab. Man solle wegen des Haushaltsdefizit kein Exempel statuieren: „Wir dürfen Stadt nicht kaputt sparen, es muss zu diskutieren sein, ob der Marktplatz Priorität hat.“

Tobias Heinz (CDU): „Müssen Signal für die Innenstadt setzen“

Was die Finanzierung der Neugestaltung angehe, so müsse zu gegebenem Zeitpunkt geklärt werden, welche Fördermittel abgeschöpft werden könnten. „Die Zeichen sind da: Handel und Gastronomie in der Innenstadt haben Probleme. Mit der Neugestaltung des Marktplatzes kann die Stadt dem entgegenwirken. Wir müssen die Abwärtsspirale unterbrechen und ein Aufbruchsignal für die Innenstadt setzen – gerade in dieser herausfordernden Situation.“

Nach einem so guten Prozess wie dem Ideenwettbewerb sei auch ein Ergebnis zu erwarten, forderte Doris Sterzelmaier (Grüne). Bei der Unterbringung der Bibliothek sei noch vieles zu klären: „Es gibt zum Beispiel noch Überlegungen und eine Anfrage, ob die Bibliothek auch in das Haus Michael nach Umbau einziehen könnte. Allerdings fehlen dazu noch die Informationen aus Mainz aus der Machbarkeitsstudie des Bistums. Auch das Neumarktcenter wurde kürzlich wieder in die Diskussion gebracht. Sollte der Eigentümer doch noch neu bauen und es doch wieder Platz für eine neue Bibliothek am Rand des Beauner Platzes geben? Wir wissen es nicht. Erneute Gespräche mit dem Eigentümer würden Klarheit bringen.“

Es ist also nicht ausgeschlossen, dass die Bibliothek wieder an den Marktplatz kommt, aber sicher ist es eben auch noch nicht.

Wie soll es nun mit dem Marktplatz weitergehen?

Weiterverfolgt werden soll nach Abstimmung des Gremiums nun also die freiräumliche Gestaltung des Marktplatzes sowie der Realisierung eines Neubaus. Der darf sich maximal in den Konturen der beiden prämierten Entwürfe 1007 von Jezdamzik und Partner (Stadthaus) und 1016 Architekten Rintz und Quak aus Berlin mit der „Schublade“, bewegen.

Folgende Nutzungen sollen als Grundlage für die weitere Bearbeitung dienen: Multifunktionsraum, Gastronomie, Freiflächengestaltung, Stadtbibliothek beziehungsweise Mediathek und öffentliche Toiletten. Hierfür soll die Verwaltung den nötigen Flächenbedarf ermitteln, ein Raumprogramm erstellen und erste Kosten für die Umsetzung einholen. Wenn das Verfahren nach Ermittlung der nötigen Kennzahlen weitergeführt wird, soll es an den Realisierungswettbewerb gehen.

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„Wir dürfen uns aber nicht der Illusion hingeben, dass das in den kommenden Jahren passieren wird“, mahnte Rolf Kahnt (VuA) an. Trotzdem: Für eine weitere Reißleine hätte wohl niemand Verständnis, man könnte, so Jürgen Kaltwasser (SPD), den aktuellen Stand wohlwollend als „geordneten Zwischenabschluss“ sehen.

Die Kosten hierfür seinen verschmerzbar und liegen nach Nicole Rauber-Jungs erster Schätzung unter 50 000 Euro. Ob es sich der der Entscheidung nun um einen geordneten Zwischenschritt oder einen würdevollen Abschied vom Projekt Marktplatz der Zukunft handelt, werden die kommenden Jahre zeigen.

Redaktion

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