Bensheim. Der Auftritt von Kayvan Soufi-Siavash, besser bekannt als Ken Jebsen, im Kolpinghaus hat auch am Veranstaltungstag für Empörung und Gesprächsstoff gesorgt. Kritik an der Vermietung der Räume durch die Bensheimer Kolpingsfamilie kam auch aus den eigenen Reihen.
„Mit Erschrecken haben wir über den Auftritt eines Verschwörungsideologen im Kolpinghaus Bensheim erfahren. Wir als Diözesanvorstand und in meiner Person als Vorsitzenden des Kolpingwerks Diözesanverband Mainz lehnen diese Vermietung an einen deutschlandweit bekannten Antisemiten und Corona-Leugner vehement ab“, erklärte Diözesanvorsitzender Thomas Isser in einer Stellungnahme.
Adolph Kolping habe immer und zu jeder Zeit – wie auch der gesamte Sozialverband heute noch – für einen respektvollen und weltoffenen Umgang miteinander gestanden. Weder Religion, Herkunft, sexuelle Orientierung noch Nationalität „spielen bei uns eine Rolle“.
Die Kolpingsfamilien, in die die einzelnen Diözesanverbände untergliedert sind, seien allesamt eigenständig und könnten ihre Räume selbstständig vermieten und so Einnahmen generieren.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
„Da haben wir als Diözesanverband Mainz keine Handhabe, etwas dagegen tun zu können. Wir können nur die Verantwortlichen dringend darum bitten, die gemachten Verträge zu überdenken und sich des Ausmaßes der Vermietung für den gesamten Verband bewusst zu sein“, so Isser weiter.
Antisemitisches Gedankengut habe und werde niemals innerhalb des Kolpingwerks seinen Platz finden. Auch die Vermietung an die Partei „Die Basis“ sieht der Diözesanverband Mainz mehr als kritisch und empfiehlt hier ebenfalls, von dieser Vermietung abzusehen. Die Partei hat das Kolpinghaus für eine Veranstaltung am Freitag gemietet und auch die Buchung für den Vortrag von Ken Jebsen übernommen.
Dieser wird, wie berichtet, unter seinem bürgerlichen Namen zum Thema „Angst essen Freiheit auf“ sprechen. Tickets konnte man nur vorab online für 27 Euro kaufen, der Veranstaltungsort wurde den Käufern dann 48 Stunden vorher per Mail mitgeteilt.
Der Vorsitzende der Kolpingsfamilie Bensheim, Josef Roesch, hatte die Vermietung des Saals für 250 Personen mit dem Verweis auf Meinungsfreiheit und den Rechtsstaat begründet und die Entscheidung, vorsichtig formuliert, vehement verteidigt.
Differenziertere Beurteilung der Lage
Der Referent und seine umstrittenen Aussagen seien im nicht bekannt gewesen, informiert, wen man sich da ins Haus holt, hatte sich der Vorsitzende nicht. Kritische Nachfragen könne er nicht nachvollziehen, eine Veranstaltungsabsage käme für ihn nur infrage, wenn ein Staatsanwalt es anordne.
Über Nacht und vermutlich nach einem internen Abstimmungsprozess kam es dann zu einer differenzierteren Beurteilung der Lage. „Die Kolpingsfamilie Bensheim distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten externer Veranstalter in ihren Räumlichkeiten. Insbesondere dann, wenn demokratiefeindliches, rassistisches oder antisemitisches Gedankengut geäußert wird“, heißt es in einer Stellungnahme der Kolpingsfamilie, die vom Vorsitzenden unterzeichnet wurde.
Die Kolpingsfamilie Bensheim als Teil eines generationsübergreifenden katholischen Sozialverbands stehe fest zu ihren christlichen Werten. „Unser ehrenamtliches Engagement fußt auf Toleranz, solidarisches Miteinander und Förderung der Gemeinschaft, schreibt der Verein weiter. Umso bedauerlicher sei es, dass bei der Vermietung der Räumlichkeiten weder die Dimension noch die Inhalte dessen bewusst gewesen seien, was externe Dritte am Mittwoch vermitteln wollen.
Da ein rechtskräftiger Vertrag zustande gekommen sei, würde eine Kündigung seitens der Kolpingsfamilie Regressanforderungen des Vertragspartners zur Folge haben können. Die Einnahmen der Vermietung belaufen sich nach Angaben der Kolpingsfamilie auf 350 Euro, „die wir aus eigenen Mitteln auf 500 Euro aufstocken und einem sozialen Zweck zukommen lassen werden, der sich für die demokratische Bildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen einsetzt“.
Zukünftig wolle man „selbstverständlich“ jede Mietanfrage externer Dritter sehr sensibel prüfen, genauso wie eine Überarbeitung des Mietvertrags. Dies hatte die Regionalstelle Süd des Beratungsnetzwerks Hessen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus am Dienstag im Zusammenhang mit der Veranstaltung in Bensheim dringend empfohlen (wir haben berichtet).
Ungeachtet dessen kam es vor dem Kolpinghaus am Mittwochabend zu einer angemeldeten Demonstration (wir werden berichten). Akteurinnen und Akteure der Bensheimer Stadtgesellschaft hatten sich versammelt, um gegen den Auftritt von Kayvan Soufi-Siavash zu protestieren.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-kolpingsfamilie-bensheim-will-miete-spenden-_arid,2120353.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-grosse-aufregung-um-vortrag-im-bensheimer-kolpinghaus-_arid,2120062.html
[2] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html