Bensheim. Eine Kita mit eigenem Kino, das hat nicht jede Stadt - und Bensheim selbstredend auch nicht. Aber das Panoramafenster im ersten Stock der neuen Kindertagesstätte am Berliner Ring mit Blick auf die Straße „ist für die Kinder schon großes Kino“, erklärte Ralph Gettel, der Leiter der Einrichtung.
Nicht nur, dass die Jungs und Mädchen von oben ihren Eltern zum Abschied winken können. Viel spannender ist vielmehr, was im Tagesverlauf auf der anderen Seite der Glasscheibe erspäht werden kann: Viele Autos, klar, aber auch Blaulicht, große Lkw, Fahrradfahrer. Das wird es den Drei- bis Sechsjährigen so schnell nicht langweilig.
Wobei selbst ohne den „Bildschirm“ in die Außenwelt Langweile wohl ein Fremdwort wäre. In der siebenzügigen Kita, mit 136 Plätzen die größte im Stadtgebiet, wird eine zeitgemäße, qualitativ hochwertige Betreuung angeboten - mit sportlichen Elementen, Sprachförderung, Werkraum und Atelier oder Rückzugsmöglichkeiten, falls der Trubel im Kollektiv zu überfordern droht.
Einzug war Anfang April
Seit Anfang April füllen Erzieherinnen und Erzieher sowie die Kinder den Neubau mit Leben aus und prüfen ihn nebenbei auf Herz und Nieren. Nach den ersten Monaten zeigt sich: Das Raumkonzept, die Ideen für das Außengelände und die Gestaltung im Inneren erfüllen die Anforderungen an eine moderne Kita.
Am Dienstagnachmittag schaute die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz erstmals vorbei, um Bürgermeisterin Christine Klein und Armin Zeißler, dem Leiter des Eigenbetriebs Kinderbetreuung, einen Förderbescheid zu überreichen. Das Steuergeld kommt aus den extra geschaffenen Töpfen des Landes (wir haben bereits berichtet), die Vize-Landrätin bereits seit einigen Wochen das Kreisgebiet, um die offiziellen Schreiben an die Frau und den Mann zu bringen.
Für die Kita Berliner Ring gab es laut Stolz die größte Einzelzuwendung überhaupt, dafür sei sie in anderen Kommunen, Beispiel Heppenheim, öfter in verschiedenen Einrichtungen vorstellig gewesen. In Bensheim wird man es verschmerzen können, nur zweimal (neben dem Berliner Ring noch die Kita Sankt Winfried) bedacht worden zu sein. „Hoffentlich ist der Scheck groß und hat viele Nullen“, machte die Rathauschefin auf den hohen Finanzierungsbedarf der Kindergärten aufmerksam.
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Nullen wies die Summe am Ende zwar nicht auf, mit 1,279572 Millionen Euro reichte es aber immerhin für eine siebenstellige Zahl. „Lohnt sich doch, dass ich vorbeigekommen bin“, fügte Stolz an. Dem wollte selbstredend niemand widersprechen, wobei der Eigenbetrieb in seiner ursprünglichen Kalkulation von einer finanziellen Unterstützung in Höhe von 2,1 Millionen Euro ausgegangen war. „Die Fördertöpfe waren halt erschöpft“, nahm Armin Zeißler die knappe Million, die man selbst aufbringen musste, gewohnt gelassen zur Kenntnis. Insgesamt mussten in den Neubau 9,1 Millionen Euro investiert werden.
Wie spendabel sich Land oder Bund bei der Verteilung der Steuergelder in diesem Bereich künftig zeigen, steht ohnehin in den Sternen. Stolz und Klein hoffen auf neue Quellen, die angezapft werden können. „Wir haben ja noch einiges in der Pipeline“, verdeutlichte die Bürgermeisterin mit den angepeilten Neubauten für Fehlheim und Schwanheim. Darüber hinaus braucht es bis Ende 2024 eine baulich gefestigte Alternative für die in Containern untergebrachte Krippe Weidenkätzchen in der Werner-von-Siemens-Straße, die sich als „Außenstelle“ der Kita Hollerbusch unter der Trägerschaft des Familienzentrums befindet.
Beim Rundgang durch die Räumlichkeiten erläuterten Ralph Gettel und seine Stellvertreterin Lea Molitor das Konzept, die Aufteilung der Gruppen und das Angebot. 36 Plätze stehen für die U 3-Betreuung zur Verfügung, 100 für den Kindergartenbereich.Bei den Jüngsten wird wert gelegt auf eine reizreduzierte Umgebung mit wenig Dekoration oder Bildern an den Wänden. Bei der Ausstattung wird meist nur ein Material verwendet, die Farbgebung eher dezent gehalten. Dafür gibt es großzügige Fensterflächen mit Blick auf den kürzlich fertiggestellten Außenbereich. Gettel lobte beim Ortstermin die „gute architektonische Lösung“ mit Blick auf die Gesamtkomposition des Hauses.
Vielfalt und Integration sind ebenso Themen, denen man sich widmet. Eine eigens aufgehängte Weltkarte belegt eindrucksvoll, aus wie vielen Ländern die Kinder stammen - beispielsweise den USA, Indien, Russland, dem Senegal oder Montenegro. Nur Australien ist noch ein weißer Fleck, „da müssen wir wohl ein Austauschprogramm starten“, meinte Gettel augenzwinkernd.
Große Eingewöhnungszeit haben er, sein Team und die Kinder im Frühjahr nicht gebraucht. Die Stamm-Mannschaft war schließlich zuvor in Auerbach übergangsweise untergebracht, nach dem Umzug kamen lediglich zwei Kindergartengruppen neu dazu.
Apropos Neuzugang: Diana Stolz hatte neben dem Förderbescheid die Drachendame Nila im Gepäck. Das rote Stofftier dient als Maskottchen des Nibelungenlands und hat schon so manches Kinderherz höherschlagen lassen. Selbst Bürgermeisterin Klein besitzt nach eigenem Bekunden eine kleine Nila - „ein Geburtstagsgeschenk, das habe ich im Keller verstaut“. Mit Kuscheltieren könne sie nicht so viel anfangen. Es gehe dem Drachen aber gut, versicherte sie.
Die Erste Kreisbeigeordnete hätte sich vermutlich ein besseres Plätzchen vorstellen können, immerhin verwies sie darauf, dass es eine Drachendame („gibt es nicht so häufig“) und quasi die hohe Repräsentantin des Nibelungenlands sei. Ob das reicht, um aus dem Keller eine Etage höher ziehen zu dürfen? Man weiß es nicht.
Die Nila für den Berliner Ring jedenfalls wurde mit großem Ernst von zwei Kindern entgegengenommen und im Eingangsbereich positioniert. An Spielkameraden dürfte es der feurigen Dame künftig nicht mangeln.
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