Bensheim. Johnny Logan ist ein Tausendsassa, der sich in keine Schublade stecken lässt. Ihn nur an seinen Grand-Prix-Gewinnen zu messen, würde ihm absolut nicht gerecht. Der Ire kann alles: Festzelt-Party, heimische Traditionals, Pop-Songs, Rock’n’Roll und sogar mal ein gitarrenlastiges Hardrock-Einsprengsel. Ein bunter Mix, für den er im Musiktheater Rex frenetisch gefeiert wird.
Logan macht mit seiner Show etlichen jüngeren Kollegen was vor. In enges Lederoutfit gezwängt, ist er mit seinen 68 Jahren topfit. Sein Hüftschwung würde bei so manch anderem zu einem veritablen Hexenschuss führen. Der Sänger ist der geborene Entertainer, ständig in Kontakt mit seinen Fans. Er ist sich für nichts zu schade, macht Witzchen und zieht die Besucher allein mit seinem charmanten Deutsch auf seine Seite.
Obendrauf kommt noch die Musik. Johnny Logan ist der Einzige, der dreimal den Eurovision Song Contest gewann, zweimal selbst und einmal mit einem von ihm geschrieben Song. Klar, dass diese in seinem Set nicht fehlen dürfen und von einem großen Chor mitgesungen werden. Aber darauf lässt sich der Ire absolut nicht reduzieren.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Logan ist stimmlich präsent wie eh und je, als wäre seit seinem ersten ESC-Gewinn 1980 keine Zeit vergangen. Während andere Kollegen nur noch wehmütig an frühere Glanzzeiten zurückdenken können, schmettert Logan so volltönend-sonor die Stücke Richtung Publikum, dass er immer wieder das Mikro weiter entfernt halten muss, um nicht alle umzublasen.
Zwischendurch ist mal der irische Einfluss unverkennbar, wie in „Galway Girl“, das durch Ed Sheeran bekannt ist, dessen Wurzeln aber weit in die Zeit zurückreichen. Oder im 92er-Siegertitel „Why me?“, dominiert von der Tin Whistle. Die „Belle of Belfast City“, die Logan durch seinen Vater kennenlernte, geht mit einem krachenden Gitarrensolo hingegen voll ab. Nicht umsonst ist der 68-Jährige gerade auf „Irish-Soul-Tour“.
Seine enorme Wandlungsfähigkeit hat er schon in früheren Jahren bewiesen. So trat Logan 2010 als Artus in der Rockoper Excalibur auf, veröffentlichte 2017 das Album „It is what it is“, in dem er musikalisch Bilanz von Jazz bis Rock’n’Roll zieht. Natürlich dürfen die Balladen in Gestalt von „Side by side“ und „Crazy Hearts“ nicht fehlen. Er findet eine gelungene Mischung aus eigenen Stücken und Cover-Songs.
Unterstützung aus dem Saal
Leonard Cohens „Halleluja“ wird von ihm förmlich zelebriert, wobei der Sänger auf vielstimmige Unterstützung aus dem Saal zählen kann. Dann gibt’s kein Halten mehr, wie überhaupt der zweite Teil seines Sets die Begeisterungsschraube noch einmal kräftig anzieht. Bei „Wild Rover“ handelt es sich eigentlich auch um eine irische Volksweise, die aber Klaus & Klaus als „An der Nordseeküste“ hierzulande bekannt gemacht haben. Klar, dass Johnny Logan diesen Refrain einstreut.
Ob in der Folge noch Josh Grobans „You raise me up“ oder Janis Joplins „Piece of my heart“ mit leichtem Reggae-Rhythmus: Logan wird gefeiert ohne Ende. Er gibt diesen Dank auch mit vielen Worten an seine deutschen Fans zurück und ist überglücklich, nach der Pandemie endlich wieder touren zu dürfen.
Der Gesang ist das eine, die Musiker das andere. Hier kann der Künstler auf eine bestens eingestellte Band zurückgreifen, die ihn in den wichtigen Momenten gut in Szene setzt, andererseits aber auch immer mal wieder selbst solistisch ran darf. Vor allem das Saxofon sticht ein ums andere Mal hervor.
Viele wollen’s nicht wahrhaben, aber irgendwann muss Schluss sein. Weit mehr als zwei Stunden sind bereits vergangen, als „Hold me now“ noch einmal in einer völlig anderen Version erklingt, von Logan einmal durch den Musikfleischwolf gedreht wird und als poppig-fetzige Version hintenraus kommt. Einer geht noch: Als Verbeugung vor B. B. King gibt’s den Rock’n’Roll-Stampfer „House of Lucille“.
Logan zeigt sich als sympathischer Musiker zum Anfassen, der den Kontakt mit seinem Publikum sucht, gleichzeitig in seinen Songs aber auch als nachdenklicher Mensch, der die Situation auf der Welt reflektiert.
Es ist sicher auch dieses Komplettpaket, das dem Künstler solchen Erfolg auch noch 42 Jahren nach seinem ersten großen Auftritt beschert.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-johnny-logan-im-bensheimer-rex-_arid,1956151.html