Bensheim. Nachdem das Original bereits im vergangenen Sommer seine Farewell-Tour spielte, stehen jetzt die Epigonen in den Startlöchern. Whiteshake huldigen im Rex den Vorbildern von Whitesnake. Die Hardrock-Legenden sagten schon leise Servus, die Tribute-Band erfreut sich bester Gesundheit. Vor allem Sänger David Readman stellt David Coverdale in seinen späten Jahren ein ums andere Mal stimmlich in den Schatten.
Dessen Power hatte im Laufe der Zeit immer mehr abgenommen und konnte nur noch durch seine Backgroundsänger aufgefangen werden. Kein Vergleich mehr zu der Blues- und Rockröhre, als die Coverdale in seinen jungen Jahren 1973 bei Deep Purple gestartet war. „Burn“ mit einem eingestreuten „Stormbringer“, wie es Mitte der 70er auf den Konzerten zu hören war, gibt in Bensheim einen Eindruck dessen, wie kraftvoll es auf der Bühne zugegangen sein muss.
Frontman von Pink Cream 69
Die Show ist klar auf Readman zugeschnitten. Der Brite hat sich bereits viele Meriten als Frontmann von „Pink Cream 69“ und „Voodoo Circle“ erworben. Und das zu Recht, zeigt er immer wieder gerade bei den bluesig angehauchten Stücken aus den Anfangsjahren von Whitesnake. Da kann der 52-Jährige brummen wie Coverdale, seine ganze stimmliche Power rausschreien.
Die erste Hälfte des Konzerts wird aber dominiert von den beiden erfolgreichsten Platten der Bandgeschichte: „Slide it in“ von 1984 und „1987“, benannt nach dem Erscheinungsjahr. Mit der Hinwendung zum Poser-, Power- und Glam-Metal feierten die Rocker ihren endgültigen Durchbruch – und davon rückte Coverdale auch nicht mehr ab.
Slide it in, Bad Boys, Guilty of Love, Is this Love oder Love ain’t no Stranger: Mr. Coverdale hatte es seit je her mit der Liebe und dem eindeutigen Zweideutigen. Die Songs mögen zwar kommerziell durch die Decke gegangen sein, aber den Liedern fehlt irgendwie die Seele. Sie sind austauschbar.
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Überhaupt ist der 71-Jährige die Konstante in einem sich ständig drehenden Personalkarussell. So ziemlich alle bekannten Rockmusiker der 70er bis 90er Jahren dürften schon bei ihm gespielt haben. Unter anderem holte er mit Keyboarder Jon Lord und Schlagzeuger Ian Paice zwei ehemalige Deep-Purple-Kollegen in die Band, während die ersten Platten von DP-Bassist Roger Glover produziert wurden.
Die waren noch sehr bluesrocklastig und getränkt mit der Musik von Coverdales musikalischer Herkunft. Ihnen wird endlich in der zweiten Konzerthälfte gehuldigt. Und prompt gehen die Fans mehr mit, wenn die Songs unterscheidbarer werden, musikalisch anspruchsvoller. Schon „Walking in the shadow oft he Blues“ vom 1979er-Werk „Lovehunter“ mit seinem Stampfrhythmus zeigt, welches Potenzial damals in der Band steckte.
Micky Moody, Bernie Marsden und Neil Murray lauten die klangvollen Namen aus der Anfangszeit: gestandene Bluesrocker, die teilweise auch heute noch in der Szene mitmischen. Zusammen mit Jon Lord und Ian Paice bilden sie fast so was einen Deep-Purple-Nachhfolger.
Auch Readman kann sich besser in Szene setzen, wenn mehr Facetten seines Organs gefordert sind. Außerdem sind die alten Klassiker für einen Live-Auftritt besser geeignet. Sie haben eingängige Mitsing-Refrains, in die der Saal aus voller Kehle einstimmt. Die Stimmung ist auf den Höhepunkt. Die Gäste schwelgen in Nostalgie. Die Uhr wird mehr als 40 Jahre zurückgedreht. Die Luft vibriert.
Bei „Ready an’ Willing“ von der gleichnamigen 1980er-Platte kann das Rex schon mal den Refrain „Sweet Satisfaction“ kraftvoll üben. „Ain’t no love in the Heart oft he City“, ein klasse Cover eines R’n’B-Hits von Michael Price und Dan Walsh, gab sogar einer unvergessenen Live-Platte vor 43 Jahren seinen Namen.
Dazu noch „Fool for your Loving“ und „Don’t break my heart again“: Readman bringt Whiteshake ganz nah ans Original, auch wenn seine Mitmusiker manchmal etwas blass bleiben. Aber die großen Vorbilder waren eigentlich ebenso immer nur eine One-Man-Show.
Worauf alle gewartet haben, kommt zum Schluss: der Überhit „Here I go again“. Der findet sich zum ersten Mal – wie auch „Crying in the Rain“ – auf der 82er-Scheibe „Saints and Sinners“ noch mit einem bluesigen Einschlag. Etwas weichgespülter dann die viel bekanntere Neuaufnahme fünf Jahre später auf dem ungleich erfolgreicheren 1987er-Album, die noch heute auf jeder Party hoch und runter gespielt wird. Egal welche Version: Das Publikum im Rex steht voll drauf und geht ab.
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