Langwaden. Die Bürgerinitiative Lebensqualität Langwaden (BILL) ist wieder aktiv: Auslöser sind die aktuellen Entwicklungen für den geplanten Bau einer zweigleisigen Bahntrasse zwischen Frankfurt und Mannheim. Dabei insbesondere die im Frühjahr von der Deutschen Bahn (DB) AG veröffentlichte Absicht, die etwa 90 Meter breite Trasse nördlich der Gemeinde Einhausen in einen Tunnel münden zu lassen, der erst Lorsch und dann den Wald bei Lampertheim passiert, ehe er nach 15 Kilometern oberirdisch an die bestehende Trasse angeschlossen werden soll.
„Schön für Lorsch und Einhausen, schlecht für Langwaden“
„Das ist schön für Lorsch und Einhausen sowie deren Einwohner, aber gar nicht schön für den Bensheimer Stadtteil Langwaden und seine Bewohner“, heißt es in einer Pressemitteilung der BILL. Namentlich geht es dabei um die Einschätzung der DB AG, dass mit der vorgeschlagenen Variante dem gesetzlich festgeschriebenen Schutz des Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Gebietes und des Vogelschutzgebietes Rechnung getragen werden soll. „Das Umdenken der DB AG freut uns“, heißt es in einer von Reiner Ofenloch im Namen der BILL herausgegebenen Pressemitteilung weiter.
Es bleibe jedoch die Frage, warum das geschützte FFH-Gebiet nicht in seiner Gesamtheit als schützenswert eingestuft wird. Die als Grundlage für das noch zu eröffnende Planfeststellungsverfahren der DB AG sieht vor, die Trasse von Allmendfeld (Kreis Groß-Gerau) kommend stattdessen höhengleich entlang der A67 an Langwaden vorbei oberirdisch zu führen, ehe bei Einhausen der Tunnel gebaut werden soll.
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Dem Vorschlag von Langwadens Ortsvorsteher Robert Loreth, den bergmännischen Tunnel um drei Kilometer zu verlängern und damit faktisch den sogenannten „Bergsträßer Konsens“ umzusetzen, könne der verantwortliche DB-Projektleiter Jörg Ritzert nichts abgewinnen. „Zu teuer“, habe Ritzert bei der Ortsbeiratssitzung am 14. März im Dorfgemeinschaftshaus nicht mal den Versuch gemacht, in eine sachliche Diskussion einzusteigen.
„Auffällig“, so die BILL in der Pressemitteilung weiter, dass Ritzert die Mehrkosten mit 140 Millionen Euro exakt beziffern konnte. „Auf Nachfrage war er aber nicht in der Lage oder willens, die aktuell geschätzten Kosten für das Gesamtprojekt zu nennen“, schreibt die Initiative.
Stand 2006 hat die Bahn die Baukosten für die etwa 70 Kilometer lange Strecke mit 1,3 Milliarden Euro angegeben. „Knapp zwanzig Jahre später wird diese veraltete Kostenschätzung bei weitem nicht mehr reichen“, schreibt die BILL. Allein die Kosten für den 15 Kilometer langen Tunnel zwischen Einhausen und Mannheim würden – die Kostenangabe von Projektleiter Ritzert zugrunde gelegt – 2,1 Milliarden Euro erfordern.
Drei Kilometer mehr für Schutz von Bürgern und Natur
Mit einem um etwa drei Kilometer verlängerten Riedtunnel kämen zwar nochmal 420 Millionen Euro hinzu. „Dafür würden Wald und Schutzgebiete geschont, die erst vor einigen Jahren neu gebauten Brücken über die A67 müssten nicht abgerissen und die L3345 und K65 in Richtung Einhausen nicht verlegt werden“, schreibt die BILL weiter. Zusammengefasst lässt sich nach Darstellung der BILL feststellen, dass die alte Kostenschätzung der DB AG für das Bauvorhaben weder seriös noch plausibel sei.
Die Forderungen der BILL bei einem Bau der Trasse lassen sich kurz zusammenfassen:
Verlängerter bergmännischer Tunnel beginnend vor Langwaden und damit größtmöglicher Schutz von Natur, Umwelt (FFH-Gebiet und Natura 2000), den für die Region und das Rhein-Main-Gebiet lebensnotwendigen Trinkwassergewinnungsanlagen im Jägersburger Wald und der Anwohner.
Die von der DB AG vorgesehenen Schallschutzmaßnahmen bei täglich etwa 240 ICE und 160 Güterzügen nachts sind laut BILL ungenügend, weil damit die Belastung der Einwohner von Langwaden als weniger wichtig eingeschätzt werde als die der südlichen Nachbarn in Einhausen, Lorsch und Lampertheim.
Zum dritten sei ein verlängerter bergmännischer Tunnel auch deshalb zwingend, weil zwischenzeitlich geplant ist, die zwei zusätzlichen Spuren der A67 auf der östlichen, also der Bebauung zugewandten Seite zu bauen. Damit würden Autobahn und Bahntrasse noch näher an den Stadtteil heranrücken.
Außerdem tue eine seriöse Kostenschätzung für das Projekt dringend not.
Wie es in der Pressemitteilung der BILL weiter heißt, sei ein Blick auf das 2005 abgeschlossene Raumordnungsverfahren für dieses Jahrhundert-Projekt aufschlussreich und führe zu neuen Fragen über das Prozedere und die von der DB AG zugrunde gelegten Belastungen und dauerhaften Folgen für Mensch und Natur.
Untersucht wurde damals einzig die Raumverträglichkeit einer ICE-Schnellbahntrasse. Als klar geworden sei, dass eine ICE-Trasse niemals wirtschaftlich zu betreiben und kaum genehmigungsfähig gewesen wäre, hätten die Verantwortlichen bei der Bahn AG zu einem Kniff gegriffen und eine kombinierte Strecke mit ICE und Güterverkehr buchstäblich „aufs Gleis“ gebracht.
Mit der besseren Nutzung der kombinierten Trasse im Vergleich zur anfangs geplanten ICE-Trasse habe sich der Koeffizient für die errechnete Wirtschaftlichkeit zwar verdoppelt. Einziges Manko: Bei unveränderten Baukosten von 1,3 Milliarden Euro (Stand 2006). Doch die seien alleine wegen der allgemeinen Kostensteigerungen rein theoretischer Natur, dazu kämen die Kosten für den Tunnel, die allein schon die fast 20 Jahre alten Schätzungen deutlich übersteigen würden, schreibt die BILL abschließend in einer Pressemitteilung. red
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