Bensheim. Jährlich erhält die Tochtergesellschaft der Stadt Bensheim, die Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim (MEGB), 500 000 Euro an Zuwendungen für die Sparte „sozial-bildungspolitische und kulturelle Projekte“ – dahinter verbirgt sich vornehmlich der Betrieb des Bürgerhauses. Im laufenden Betrieb hat sich jedoch gezeigt, dass die vor Abschluss der Sanierung des Bürgerhauses kalkulierte Summe in dieser Höhe nicht ausreicht.
Auf der Stadtverordnetenversammlung diskutierten die Mitglieder darüber, ob die bisher geltende Obergrenze der halben Million künftig aufgehoben werden soll. Dem wurde allerdings, in Zeiten, in denen es um die Finanzen der Stadt mehr als schlecht bestellt ist, einstimmig eine Absage erteilt. Der Sperrvermerk über weitere 100 000 Euro, die im diesjährigen Haushalt für die MEGB-Sparte eingeplant waren, wird indes aufgehoben. Ebenso sollen im Haushalt für 2025 die Mittel für die entstandenen Unterdeckungen für die Jahre 2019 bis 2023 eingestellt werden. Hierbei geht es um rund 170 000 Euro.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Die MEGB ist von der Stadt Bensheim mit verschiedenen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut. Unter anderem betriebt sie das Bürgerhaus, diese Aufgabe ist allerdings nicht kostendeckend. Um Kostenunterdeckungen bei der MEGB aus der Sanierung und dem Betrieb solcher Einrichtungen auszugleichen, leistet die Stadt Ausgleichszahlungen in Form von Zuwendungsbescheiden. Entstehende Über- oder Unterdeckungen werden nach Ablauf des jeweiligen Jahres verrechnet. Ersteres kam allerdings bisher nicht vor.
Die Modernisierung des Bürgerhauses wurde 2022 abgeschlossen. Wegen der damals noch geltenden Corona-Beschränkungen war ein Betrieb 2022 nicht möglich. Somit ist 2023 das erste Jahr, in dem das Bürgerhaus unter Volllast hätte betrieben werden können – ausgelastet ist das Haus bei weitem nicht.
„Preisentwicklungen waren so nicht absehbar“
Per Beschluss der Stadtverordneten wurde 2019 der jährliche Zuwendungsbetrag an die MEGB in dieser Sparte auf 500 000 Euro begrenzt. „Diese Regelung muss nun an die tatsächliche Entwicklung angepasst werden. Es wurden sowohl im Bereich der Erträge als auch im Bereich der Aufwendungen mit Annahmen und Erwartungen gearbeitet, die so nicht eingetreten sind“, hatte der Geschäftsführer der MEGB Helmut Richter schon bei der vergangenen Sitzung des Bauausschusses erklärt. Konkret bezog er sich dabei auf nicht vorhersehbare Preisentwicklungen bei Energie-, Service- und Wartungskosten.
Die Höhe der jährlichen Zuwendungen an die Gesellschaft ergibt sich aus dem Wirtschaftsplan der MEGB und deren Mittelanmeldung. Auf dieser Grundlage entscheidet die Stadtverordnetenversammlung über Art und Höhe der jeweiligen Ausgleichsleistungen. Entsprechend habe die MEGB darauf auch im Rahmen ihres Wirtschaftsplans 2024 reagiert und einen höheren Mittelbedarf angemeldet. Hierauf bezieht sich der Sperrvermerk über 100 000 Euro.
Über die Entwicklung – Rückgang der Erträge, Anpassung der Umsatzpacht, höhere Energiekosten und mehr – sei auch in den Gesellschaftsgremien der MEGB umfassend informiert worden. Basierend auf der Planung von 2024 ist laut Richter nicht davon auszugehen, dass in den folgenden Jahren in dieser Sparte ein besseres Ergebnis erzielt werden kann als in Vergangenheit. Dementsprechend sollten die Unterdeckungen der vergangenen Jahre ausgeglichen werden.
„Die MEGB braucht weiter einen finanziellen Rahmen“
Maximilian Gärtner (CDU) bemerkte hierzu: „Wir können der Forderung nicht zustimmen, künftig auf die Deckelung zu verzichten und sehen nach wie vor, dass die MEGB einen Finanzrahmen braucht, innerhalb dessen sie wirtschaften muss. Ob die 500 000 Euro noch realistisch sind, muss in den Haushaltsverhandlungen für das kommende Jahr aufgegriffen werden.“ Das Geld aus dem Sperrvermerk solle die Gesellschaft bekommen, ebenso stünden der MEGB die Zahlungen für die Unterdeckungen der vergangenen Jahre zu.
Auch, wenn viel Kritik an der Tochtergesellschaft geübt werde, könne man deren Geschäftsführer nicht vorwerfen, er habe schlecht gewirtschaftet. Darüber waren sich die Fraktionen einig, man wünschte Helmut Richter, der bald in den Ruhestand geht, alles Gute – und seiner Nachfolgerin ein glückliches Händchen.
Die Grünen sahen vor allem den Punkt mit den Nachzahlungen kritisch: „Wieso kommen diese Forderungen erst jetzt? Im neuen Haushalt ist hierfür kein Platz“, sagte Hanns-Christian Wüstner. Entsprechend stimmte die Fraktion als einzige dagegen. Und auch eine fehlende Deckelung der Zuwendungshöhe hält die Fraktion nicht für akzeptabel. Nicht nur die Stadt, sondern auch ihre Tochtergesellschaft müsse daran arbeiten, Kosten zu reduzieren.
Mit steigender Auslastung des Bürgerhauses müsse sich befasst werden
Dem schloss sich Jürgen Kaltwasser (SPD) an. Zwar müsse die Stadt für das Verlustgeschäft einstehen, ein gewisser Druck zum Sparen sollte in der Bensheimer Finanzkrise aber bestehen bleiben. „Verliert der Vater die Arbeit, muss auch die Tochter entscheiden, welche Prioritäten sie setzen will“, zog er den Vergleich zum Familienleben. Er habe Unbehagen wegen der Nachzahlungen, dennoch sprach sich die Fraktion dafür aus, „reinen Tisch zu machen“ und der neuen Geschäftsführerin einen guten Neustart ohne „Altlasten“ zu ermöglichen. So sehen es auch FDP, BfB und VuA.
Den MEGB-Geschäftsführer treffe keine Schuld, sagte Tobias Fischer (FDP), die Stadtverordneten hätten im Aufsichtrat der Gesellschaft die Möglichkeit, sich neu abzustimmen, sodass die Zusatzzahlungen am Ende nicht mehr fließen müssen.
Rolf Tiemann (FWG) sprach sich zwar für die gedeckelten Zuwendungen aus, mahnte aber auch an, dass man sich mit der Frage befassen müsse, wie die Auslastung des Bürgerhauses gesteigert werden kann.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-haushalt-buergerhaus-finanzen-_arid,2227924.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html