Bensheim. Die Ausgangslage ist weitgehend eindeutig und unstrittig. Die Stadtbücherei will einige Gebühren erhöhen, die Jahresgebühr für Erwachsene und Kinder jedoch unangetastet lassen. „Wir sind im Vergleich mit den Bibliotheken im Umkreis ohnehin schon am teuersten“, begründete die stellvertretende Leiterin Mareike Gnändiger am Mittwoch im Sozialausschuss diese Entscheidung.
Die Befürchtung: Wird man noch kostspieliger, wandern einige vielleicht ab, unterm Strich blieben dann weniger Einnahmen als vorher. Soweit, so nachvollziehbar. Zumal sich die Bücherei nicht als reine Ausleihe-Anstalt versteht, sondern ein offenes Haus, ein Treffpunkt für alle sein will und auch ist. „Da befinden wir nach dem Höhepunkt der Corona-Pandemie mit allen Einschränkungen auf einem guten Weg, die Zahl der Gäste steigt wieder“, so Gnändiger.
Eigentlich ein Selbstläufer
Eigentlich also ein Selbstläufer in der kommunalpolitischen Diskussion, sollte man meinen. Für Irritationen und Gesprächsbedarf sorgt im Sozialausschuss jedoch ein Änderungsantrag der Koalition aus CDU, SPD und FDP. Darin stand unter anderem die Forderung, die Jahresgebühren für Erwachsene von 17 auf 18 Euro zu erhöhen, bei Auswärtigen von 22 auf 23 Euro. Darüber hinaus schlug das Dreier-Bündnis vor, die Säumnisgebühr nach Heppenheimer Vorbild anzuheben.
Textliche Änderungen in der Benutzungsordnung, die sicherstellen sollen, dass Bensheimer gegenüber Auswärtigen nicht leer ausgehen, sollte die Kapazitätsgrenze eines Tages erreicht werden, nahm man ebenso vor. Die Koalition sah zudem die Gefahr, dass Nutzer, die nicht in Bensheim wohnen, ihren Ausweise einklagen können.
Wobei die Kapazitätsgrenzen der Bibliothek nach Auskunft der Verantwortlichen lange nicht in Sicht sind. Im Gegenteil gebe es noch viel Luft nach oben.
Eine weitere Formulierungsumstellung hätte nach Ansicht der Opposition sowie Bürgermeisterin Christine Klein zur Folge, dass man die Räume nur noch mit Ausweis und entsprechender Kontrolle würde betreten können. „Ich habe auch keinen Ausweis. Das Personal müsste mich dann ja rausschmeißen“, so die Rathauschefin. Bisher (und sicherlich künftig) kann man allerdings in die Bücherei kommen, wenn man dort nicht registriert ist.
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In weiten Teilen des Fachgremiums herrschte jedenfalls Unverständnis. Jochen Kredel (Grüne) warf der Koalition vor, dass Geld, was man sich beim SUV-Zuschlag (Stichwort Anwohnerparken) gespart habe, nun bei der Kultur wieder reinholen zu wollen. Die angedachten Änderungen der Benutzungsordnung bezeichnete er als „juristischen Unfug“ und „sprachliche Humbug“. Er wertete das Ansinnen, Bensheimern den Vorzug zu geben, als Chauvinismus. Die eine Gemeinschaft halte sich für wichtiger als die andere. „Besser ist doch, wenn alle Welt zu uns kommt. Da haben wir auch etwas von.“
Bedenken meldete auch Peter Leisemann (FWG) an. Eine Erhöhung der Jahresgebühr sei zum Nachteil der Bücherei. Die textlichen Anpassungswünsche des Dreier-Bündnisses „könne man vergessen“. Franz Apfel (BfB) konstatierte, dass man sehr froh sein könne über jeden, der von außen komme und die Innenstadt belebe. Die Stadtbücherei sei ein „Goldstück“ innerhalb der Verwaltung. Gäste seien immer willkommen, auswärtige Nutzer trügen zur Deckung der Kosten bei.
CDU, SPD und FDP empfahl er, vor einer solchen Antragstellung mal jemanden mit Expertise zu fragen - auch als Reaktion auf die Erklärungen von Mareike Gnändiger, die in der Sitzung die Einlassungen der drei Fraktionen aus Verwaltungssicht deutlich einordnete. Sie sagte dabei eine Umformulierung einer von der Koalition kritisierten und abgeänderten Passage zu und erläuterte, dass man jetzt schon höhere Säumnisgebühren verlange als im Änderungsantrag angeregt.
Dieses Ansinnen wiederum basierte offenkundig auf einem Missverständnis. In der aktuellen Ordnung ist festgelegt, dass ab der 3. Woche fünf Euro pro Medium zu zahlen sind, in der vierten und fünften Woche pro Woche weitere fünf Euro fällig werden. Macht 15 Euro ab der fünften Woche. Im Änderungsantrag wären es dann aber nur noch acht Euro gewesen. Offenbar ging man in den Reihen des Bündnisses davon aus, dass ab der 3. Woche nur noch fünf Euro pauschal verlangt werden. „Wer lesen kann, ist klar im Vorteil“, merkte Peter Leisemann dazu an.
Richtig aufgeklärt oder dargelegt werden konnten die Absichten der Koalition nicht, weil die Vertreter von CDU und SPD einräumten, die eigene Vorlage nicht rechtzeitig hätten lesen können, weil sie so kurzfristig eingereicht worden sei. „Ich weiß nicht, was die Kollegen gemeint haben“, bekannte Ingrid Schich-Kiefer (CDU). In den Reihen der Opposition konnte man sich ob der Steilvorlage ein leichtes Grinsen nicht verbergen.
Letztlich mahnte Adriana Filippone (SPD) dennoch ob des einen oder anderen Kommentars einen sachlicheren Tonfall an. Nach den Ausführungen von Mareike Gnändiger sei sie aber unsicher, wie sie agieren solle. „Schließlich will ich ihnen nicht vorschreiben, wie sie ihren Job zu machen haben.“ Die Koalition wolle grundsätzlich niemanden ausgrenzen und die Stadtbücherei als offenes Haus erhalten.
Fortsetzung am Montag
Die Debatte flipperte im Detail noch ein bisschen hin und her. Vorsitzende Sibylle Becker (CDU) zog schließlich eine kleine Reißleine, in dem sie erfolgreich vorschlug, den Änderungsantrag der Koalition zur weiteren Beratung in den Haupt- und Finanzausschuss zu verweisen. Dort kann am Montag im Verbund mit den Informationen aus der Verwaltung unter Umständen etwas geordneter argumentiert werden.
Ob das am Ergebnis etwas ändern wird, bleibt abzuwarten. Aber mit einer besseren Vorbereitungen könnte die Konzentration tatsächlich auf eine inhaltliche Ebene verlagert werden, was in der Regel eher hilfreich denn hinderlich ist. Ein bisschen Einigkeit herrschte am Mittwoch dennoch. Die BfB erhielt durchweg Zuspruch beim Verzicht auf eine Erhöhung bei den Bensheim-Card-Inhabern. Und mit Ausnahme der Grünen ließen alle Fraktionen erkennen, dass es generell kein Veto gegen die restlichen Anhebungen gibt.
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