Bensheim. Mit einer instrumentalen Interpretation von Hildegard Knefs bekanntem Lied „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ wurde die Ausstellung „Frauenwelten“ im Bensheimer Museum am Sonntagmorgen eröffnet – wegen des schönen Wetters und zugunsten der Corona-Prophylaxe im Hof des Museums, vor gut zwei Dutzend fast ausschließlich weiblichen Gästen, darunter die Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert und die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz.
„Ich möcht’ nicht allein sein und doch frei sein“ und am Ende: „Ich will, ich will“ heißt es im Songtext, den wohl viele der Zuhörerinnen noch im Kopf gehabt haben dürften – auch als Umschreibung der in der Ausstellung angesprochenen Thematik: Zu sehen sind bis zum 3. April Ergebnisse eines internationalen Karikaturen-Wettbewerbs, der im Jahr 2003 vom Verein Exile Kulturkoordination ausgeschrieben wurde und an dem sich 375 Künstlerinnen und Künstler aus 70 Ländern beteiligt hatten.
Hintergründige Zeichnungen
Exile Kulturkoordination bemüht sich seit 1982 um Verständnis für die Vielfalt der Gesellschaft in der globalisierten Welt und möchte zum Perspektivwechsel ermutigen. Im Fokus des Wettbewerbs standen die Lebensrealitäten der Frauen weltweit, besonders auch mit Stimmen und Bildern aus dem Globalen Süden.
„Guckt genau hin!“, forderte die Frauenbeauftragte der Stadt Bensheim Marion Vatter als Organisatorin der Ausstellung die Besucherinnen auf. Zu Recht, denn neben einigen eher einfach gestrickten Illustrationen allgemeiner Phrasen zum Thema Geschlechterrollen („Die Männer lasten auf dem Rücken der Frauen“, „Frauen sind für Männer nur Objekte“ oder „Frauen sind zuständig für Kinder und Haushalt“) gibt es auch einige schön hintergründige Zeichnungen.
Und, das sei eingestanden: Manche Karikatur aus anderen Kulturkreisen bleibt der westlich geprägten Betrachterin zunächst unverständlich – ein umso wichtigerer Hinweis auf das Defizit in Hinblick auf die Wahrnehmung von Sichtweisen, die von den eigenen Bedürfnissen abweichen.
Männliche Zeichnet in der Überzahl
Vielsagend ist auch die Betrachtung der Ausstellung als Gesamtes. So ist die Zahl männlicher Zeichner deutlich in der Überzahl, aus sicher unterschiedlichen Gründen, über die man sich Gedanken machen kann. Auffallend auch die große Zahl der Zeichnungen, in denen das Thema Haushalt eine Rolle spielt.
Überwiegend wird die Frau als Gegenbild zum Mann definiert, als wäre die Welt der Frauen nur von den Männern geprägt, oder besser von der Tatsache, eben doch kein Mann zu sein (von anderen als binären Geschlechtsidentitäten war 2003 noch nicht groß die Rede). Interessante Ausnahmen gibt es aber auch, etwa wenn sich die Vertreterinnen zweier unterschiedlicher weiblicher Rollenbilder begegnen.
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Im Wesentlichen ist es aber die Opferrolle, die die Frau charakterisiert. Umso erfrischender die Karikaturen, in der sich Frauen ermächtigen, sich über Vertreter des Vatikans krümelig lachen, als „Bold Woman and the Sea“ in Siegerpose sind oder den tumben Mann per Hexenbesen überflügeln. Ganz selten wird auch einmal eine Frau mit boshaftem Strich gezeichnet – brauchen die Frauen tatsächlich solche Schonung oder zementiert das nicht die Position als „schwaches Geschlecht“?
Mut, in die Politik zu gehen
Mehr Mut der Frauen, in die Politik zu gehen und dabei ruhig auch Fehler zu machen, forderte Bürgermeisterin Christine Klein in ihrer Begrüßungsrede am Sonntag ein und wies darauf hin, dass im Kreis wie in der Stadt aktuell zu sehen sei, dass das funktioniere. In Hinblick auf den Weltfrauentag erklärte die Bürgermeisterin, dass der 8. März als „Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden“ aktuell besondere Bedeutung habe und wünschte sich einen von Parteipolitik unberührten Zusammenhalt, um aus der Ukraine geflüchtete Frauen und Kinder zu unterstützen.
Musikalisch begleitete das Trio Mirabelle, bestehend aus Maya Pinzolas (Klarinette), Karin Büchler (Flöte) und Kathrin Mayer (Fagott) die Eröffnung. Die drei kennen sich vom Musikstudium in Frankfurt und spielen seit Jahren zusammen ein gemischtes Repertoire vom Barock über die Klassik bis zu modernen Stücken. Ein musikalischer Hochgenuss im Museumshof.
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