Bensheim. Wie viele Kinderfüße in den vergangenen 114 Jahren durch die Alte Schule in Hochstädten getrappelt sind, ist nicht dokumentiert. Fest steht aber, dass wohl nahezu alle Jungen und Mädchen, die in Hochstädten seit Beginn des 20. Jahrhunderts aufgewachsen sind, in dem Gebäude ein- und ausgegangen sind – sei es als Schul- oder als Kindergartenkind.
Im Jahr 1909 wurde das zweigeschossige Gebäude mit dem steilen Satteldach – vermutlich durch das Großherzogliche Kreisbauamt – an der Ecke Mühltal- und Felsbergstraße als Volksschule mit Lehrerwohnung errichtet. Bis 1974 besuchten die Hochstädter Kinder hier den Unterricht, dann wurde die Grundschule aufgelöst und das Gebäude zusammen mit den Räumen der ehemaligen Bürgermeisterei zum heutigen Kindergarten umgestaltet.
Jetzt soll das unter Denkmalschutz stehende Gebäude – wie berichtet – im Rahmen des Dorfentwicklungsprogramms umfangreich umgebaut, erweitert und saniert und damit zu einem „Multifunktionshaus“ werden, wie es von Seiten der Kreisverwaltung heißt.
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Bei einem Ortstermin in Hochstädten überbrachte Landrat Christian Engelhardt jetzt einen höchst willkommenen Förderbescheid: Mit Unterstützung in Höhe von 1,05 Millionen Euro aus dem Dorfentwicklungsprogramm des Landes Hessens darf die Stadt Bensheim für das Projekt in Hochstädten rechnen.
Der Kreis beziffert die Gesamtkosten auf rund zwei Millionen Euro, die förderfähigen Kosten liegen bei 1,5 Millionen Euro, die Förderquote bei 70 Prozent. Die Stadt Bensheim und der Eigenbetrieb Kinderbetreuung gehen von Investitionskosten in Höhe von insgesamt 2,66 Millionen Euro aus. Die Stadtverordnetenversammlung hat für das Vorhaben ihre Zustimmung wie berichtet bereits erteilt.
Langfristige öffentliche Nutzung des Gebäudes
Die Erweiterung, Sanierung und der Umbau der Alten Schule in Hochstädten zu einem Mehrfunktionshaus sei eines der größten Projekte der Stadt Bensheim im Bereich des Dorfentwicklungsprogramms, betonte der Landrat. „Mithilfe dieser Maßnahmen sollen die langfristige öffentliche Nutzung des Gebäudes sichergestellt und die Basisinfrastruktur im Stadtteil Hochstädten verbessert werden. Daher befürworte ich dieses Projekt sehr.“
Die Planungen sehen vor, das Gebäude grundhaft zu sanieren und für eine zukünftige multifunktionale Nutzung umzubauen. Das Erdgeschoss des Gebäudes wird seit 1975 als Kindertagesstätte genutzt, das Obergeschoss wurde zwischenzeitlich zu einem Dorfgemeinschaftsraum umgebaut und dient seit 2008 als Bewegungsraum für die Kita. Im Dachgeschoss hat sich seit 1985 die Stadtteildokumentation mit ihrem Archiv eingerichtet.
Kombination aus Bewegungs- und Veranstaltungsraum
Für die Kita ist im Erdgeschoss jetzt ein neuer Anbau mit Gruppen- und Schlafraum sowie Bad für die Unter-Dreijährigen vorgesehen. Im Bestandsgebäude sollen ein Mehrzweckraum mit Nebenräumen für Küche/Bistro und Sanitärräume entstehen. Der Mehrzweckraum dient zum einen als Bewegungsraum für die Kita, soll aber in Kombination mit den Nebenräumen auch als Veranstaltungsraum für die Dorfgemeinschaft genutzt werden.
Im Obergeschoss der Alten Schule bleibt der große Saal bestehen. Die aktuellen Planungen sehen diesen als Gruppenraum für die Ü3-Betreuung vor. Durch die Bauweise soll der Raum aber zukünftig multifunktional genutzt und so den Bedürfnissen der Dorfgemeinschaft angepasst werden.
Eine neue Treppe und ein zweiter Rettungsweg müssen her
Aktuell gibt es in Hochstädten unter anderem durch das neue Baugebiet auf dem ehemaligen Marmorit-Gelände einen hohen Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen, sollte dieser in den nächsten Jahren aber rückläufig sein, kann die Kinderbetreuung im Obergeschoss des Hauses aufgegeben werden. Der multifunktionale Saal würde somit frei werden und könnte für öffentliche Veranstaltungen, den Ortsbeirat, Vereine oder die Volkshochschule zur Verfügung stehen – so der Plan. Im Dachgeschoss der Alten Schule werden ein Büro mit Personalraum und Teeküche sowie Räume für die Stadtteildokumentation und das Archiv entstehen.
Auch am Gebäude selbst muss einiges getan werden: So müssen unter anderem der Sandsteinsockel und die Dachdämmung saniert, Fenster und Haustechnik erneuert werden. Für die Erschließung des ersten Stocks ist eine neue Treppe nötig und für das Dachgeschoss muss ein zweiter Rettungsweg angelegt werden. Modernisiert werden die Bäder und die WC-Anlagen, im Obergeschoss gibt es eine neue Toilettenanlage.
Starten will man mit Umbau, Sanierung und Erweiterung im Lauf des Jahres, eine Fertigstellung wird für Sommer 2024 angestrebt. Dann könnten die Kinder nach den Ferien in ihre neue alte Heimat einziehen. Bis dahin werden sie in Containern betreut, die bereits Ende September im Neubaugebiet aufgestellt worden sind.
Bürgermeisterin Christine Klein bedankte sich beim Kreis für die Unterstützung. Es sei wichtig, dass der individuelle Charakter der Dörfer erhalten bleibe, betonte sie die Bedeutung des Dorfentwicklungsprogramms. In die Projekte werde viel Zeit investiert – sowohl Fachabteilungen des Kreises als auch der Stadtverwaltung sind involviert. „Das war ein hoffnungsvoller, guter Start“, freute sich Ernst Seeger, Fachbereichsleiter Dorferneuerung und Regionalentwicklung in der Abteilung Ländlicher Raum der Kreisverwaltung. Und auch Christine Klein bekräftigte: „Wir sind alle zuversichtlich, dass es weiter gut läuft.“
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