Mitgliederversammlung

Eine neue Ära beim Auerbacher Synagogenverein

Langjährige Vorstandsmitglieder wurden jetzt veramschiedet und ein neuer Vorstand gewählt.

Von 
Gerlinde Scharf
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Der Synagogenverein Auerbach hat einen neuen Vorstand gewählt. Unser Bild zeigt sitzend (v.l.) den stellvertretenden Vorsitzenden Michael Löbl, Vorsitzende Ursula Schlosser sowie stehend (v.l.) Rechnerin Christine Kettner, Schriftführerin Jutta Jensen-Löbl, Beisitzerin Rosemarie Reiter und Beisitzer Christopher Ryan. © Thomas Neu

Auerbach. „Eine neue Ära beginnt“, kommentierte Alfons Schmidt den Umbruch beim Auerbacher Synagogenverein, der einherging mit der Verabschiedung langjähriger Vorstandsmitglieder und anschließenden Neuwahlen.

Aus dem Vorstand schieden aus Altersgründen Karlheinz Storch, Alfons Schmidt, Wolfgang Müller, Hannelore Volk und Gisela Reck aus. Aufgrund ihrer großen Verdienste und ihrem „vorbildlichen, gesellschaftlichem Engagement“ – so die neugewählte Vorsitzende Ursula Schlosser – wurden die fünf „Frauen und Männer der ersten Stunde“ – bei der Mitgliederversammlung zu Ehrenmitgliedern ernannt.

Schlosser bedankte sich bei den ehemaligen Vorständen für deren jahrzehntelangen Einsatz und hob ausdrücklich deren Verdienst um den Erhalt der Synagoge Ende der 70er Jahre hervor. Außerdem hätten sie nach dem plötzlichen Tod von Angelika Köster-Lossack die Vereinsarbeit kontinuierlich weitergeführt: „Wir treten in große Fußstapfen.“

Erinnerung an das Ehepaar Nauheimer

Unter der Regie von Wahlleiter Hans-Jürgen Schocke („Wir dürfen das Ehepaar Ruth und Theo Nauheimer nicht vergessen, das ebenfalls maßgeblich dafür gesorgt hat, dass die Synagoge nicht abgerissen wurde“) fand die jeweils einstimmige Neuwahl des Vorstands des Synagogenvereins statt.

Gewählt wurden die Journalistin und Künstlerin Ursula Schlosser zur Vorsitzenden und Michael Löbl zu ihrem Stellvertreter. Die Kasse verwaltet für die kommenden zwei Jahre die bisherige Beisitzerin Christine Kettner. Jutta Jensen-Löbl wurde als Schriftführerin in ihrem Amt bestätigt.

Wiedergewählt wurde Rosemarie Reiter als Beisitzerin, neu dabei ist Beisitzer Christopher Ryan. Thomas Martin zeigte sich bereit, das Amt des Kassenprüfers zu übernehmen. Ein zweiter Kassenprüfer oder eine Kassenprüferin soll demnächst gewählt werden. Liesel Sartorius hatte ihr Interesse bekundet, konnte aber an der Mitgliederversammlung nicht teilnehmen.

„Das Andenken an die jüdischen Gemeinden hier in unserer Region liegt mir ebenso am Herzen wie das Judentum der Gegenwart und der Kampf gegen den Antisemitismus“, begründete Ursula Schlosser ihre Kandidatur für den Vorsitz des Synagogenvereins.

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Mit Blick auf die jüngsten Ereignisse zeigte sie sich „bewegt“ darüber, dass sich die Israelis „nicht einfach ihre Demokratie nehmen lassen“.

Michael Löbl sieht seine Aufgabe als stellvertretender Vorsitzender in der Kontaktaufnahme zur Jugend, gerade deshalb, „weil das Wissen über das Judentum in der Bevölkerung erschreckend gering ist.“ Löbl wird außerdem die Digitalisierung des Vereins „vorantreiben und den Verein endlich im 21. Jahrhundert etablieren“.

Kassenwartin Christine Kettner, die im Vorstand bislang als Beisitzerin vertreten war, erklärte ihr Engagement augenzwinkernd mit den Worten, dass sie „schon als Kind gern Geld gezählt hat“. Schriftführerin Jutta Jensen-Löbl will sich zudem überall dort einbringen „wo es notwendig ist“.

Zu Beginn der Mitgliederversammlung erinnerte sich Karlheinz Storch rückblickend an seine Wahl zum Vorsitzenden des Auerbacher Synagogenvereins und Nachfolger von Pfarrer Rolf Lesser vor 30 Jahren. Schon damals habe er seine große Sorge über den zunehmenden Antisemitismus, die Fremdenfeindlichkeit, den Rassismus und den Rechtsextremismus in der Gesellschaft zum Ausdruck gebracht.

Inzwischen sei die Lage durch die Flüchtlingswelle 2015/16 und den Angriffskriegs Russlands in der Ukraine weiter eskaliert. „Heute müssen wir über die Aggressionen sprechen, die auf den Straßen bei Demonstrationen zu beobachten sind und in den sozialen Netzwerken kursieren: Hass, Morddrohungen, Angriffe auf Juden und jüdische Einrichtungen und Synagogen und der Israelantisemitismus durch den Nahostkonflikt vergiften das gesellschaftliche Klima in unserem Land.“ Es gelte, so Storch weiter, hellwach zu sein.

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Der neue Vorstand und die Vereinsmitglieder müssten sich deshalb neue Schritte überlegen, um den Ungeist des Antisemitismus, Rechtsextremismus und des Nationalismus in der komplexen globalen Welt entgegenzuwirken und Widerstand zu leisten. Gerade und besonders im persönlichen gesellschaftlichen Umfeld. Zukunft brauche schließlich Erinnerung und Engagement: „Wir dürfen zu Stammtischparolen nicht schweigen.“

Im Anschluss gab Karlheinz Storch einen kurzen Rückblick auf die Veranstaltungen des Synagogenvereins nach einer langen Corona-Pause. Im zweiten Halbjahr 2022 führte eine Exkursion zum Schum-Museum im Raschihaus in Worms und zur KZ-Gedenkstätte in Osthofen. Einem Vortrag von Norbert Giovannini über „Stille Helfer“ der Juden im Nationalsozialismus folgte der Auftritt des Mandos-Kaatz-Duos mit jiddischen Liedern aus dem osteuropäischen Judentum mit Schwerpunkt Ukraine.

Fritz Kilthau aus Zwingenberg hielt im November einen Bildvortrag zum Thema „Als die Synagogen brannten – die Reichspogromnacht im Kreis Bergstraße“. Über „Mod Helmy“, einen muslimischen ägyptischen Arzt aus Berlin und Judenretter, referierte im Januar dieses Jahres Igal Avidan aus Berlin, im März folgte dann ein literarisch-musikalischer Abend mit Marion Tauschwitz und Adax Dörsam über Hilde Domin, Rose Ausländer, Selma Merbaum und Paul Celan.

Auf zwei weitere Termine in den kommenden Monaten wies die Vorsitzende Schlosser abschließend hin. Im Mai geht es in einem Vortrag um das Thema „Sport und Antisemitismus“, im Juni wird es eine gemeinsame Veranstaltung mit der Geschwister-Scholl-Schule geben.

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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