Bensheim. Am Ende der knapp eineinhalbstündigen Debatte herrschte im Haupt- und Finanzausschuss leichte Konfusion. Kurz zuvor hatte sich eine Mehrheit dafür entschieden, erst in der Oktober-Sitzungsrunde eine Entscheidung über die Zukunft der Marketing- und Entwicklungsgesellschaft (MEGB) treffen zu wollen.
Mehrheit heißt in diesem Fall: BfB und SPD unterstützten einen Antrag der Freien Wählergemeinschaft, die Ausschussmitglieder von CDU, FDP und Grünen enthielten sich. „Wir sehen noch Klärungsbedarf und brauchen mehr Zeit. Dafür sollte man sich den Rat von Fachleuten einholen, es ist eine komplexe Geschichte“, begründete Fraktionschef Rolf Tiemann den Vorstoß.
Halbsatz rausgestrichen
Allerdings existieren noch weitere Änderungsanträge sowie die Verwaltungsvorlage, über die ebenfalls nicht mehr abgestimmt werden sollte. Nach Intervention von Markus Wetzel, Teamleiter Parlamentarisches Büro, gab es dennoch ein Meinungsbild des Fachgremiums. Theoretisch könnte es ja sein, dass die Stadtverordnetenversammlung sich gegen eine Vertagung ausspricht, dann wäre es nicht von Nachteil, wenn der Haupt- und Finanzausschuss ein Votum zu allem abgegeben hat, was auf dem Tisch lag.
So kam es, dass aus der Verwaltungsvorlage auf Vorstoß der Grünen der Halbsatz rausgestrichen wurde, dass die städtische Tochtergesellschaft erhalten bleibt und nicht abgewickelt wird. „Das ist für uns noch ein Knackpunkt“, erklärte Fraktionsvorsitzende Doris Sterzelmaier. SPD, BfB und FWG folgten der Argumentation, CDU und FDP nicht.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Ein Änderungsantrag der BfB, der unter anderem festschreiben wollte, dass die MEGB sich künftig weder im sozialen Wohnungsbau engagiert noch Stadtmarketing oder Wirtschaftsförderung betreibt, wurde in dieser Form nicht angenommen. Auch die Beauftragung des Magistrats, eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt einzuholen, ob bei einer Immobilienübertragung der MEGB an die Stadt Grunderwerbssteuer anfällt, fand keine Zustimmung. Mehrheitsfähig war lediglich ein Unterpunkt, in dem es darum ging, dass der Bereich Gebäudemanagement aus dem Rathaus nicht auf die MEGB übertragen wird. Diesen Passus konnte man auch in der Verwaltungsvorlage so nachlesen.
Apropos Verwaltungsvorlage: Die fiel im Haupt- und Finanzausschuss zur leichten Verwunderung einiger Kommunalpolitiker durch, weil CDU, FDP und BfB dagegen votierten. Vorsitzender Werner Bauer (SPD) war davon so überrascht, dass er erneut abstimmen wollte. Wofür es aber keinen Grund gab.
Was blieb, war nach 90 Minuten intensiver Debatte die Verschiebung der Entscheidung in den Herbst. Allerdings vorbehaltlich eines Entschlusses durch die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag (21.). Ob diese sich ebenso für eine Vertagung ausspricht oder sich die SPD den Koalitionspartnern CDU und FDP anschließt, muss abgewartet werden. Christdemokraten und Liberale hatten im Ausschuss deutlich gemacht, dass sie der Verwaltungsvorlage folgen können.
Die sieht vor, die MEGB nicht aufzulösen und vielmehr zusätzlich die Organisationsstruktur des Stadtmarketings mit Blick auf Synergien mit der Gesellschaft und dem Thema Wirtschaftsförderung zu untersuchen. Darüber hinaus sollte ein Konzept zur Verwaltung der städtischen Sozialwohnungen und die Übernahme des Sozialwohnungsbaus durch die MEGB geprüft werden.
Antrag aus dem Februar 2021
Ausschlaggebend für die ganze Diskussion war die von der Stadtverordnetenversammlung im Februar 2021 in Auftrag gegebene Prüfung über eine Neuausrichtung, Aufgabenänderung oder Abwicklung der Marketing- und Entwicklungsgesellschaft. Um diesen Auftrag abzuarbeiten, hatte sich die Verwaltung Unterstützung durch die Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Schüllermann und Partner geholt, die eine gutachterliche Stellungnahme erarbeitet hatte. Deren Vertreter Wolfgang Kaiser hatte im Ausschuss eine Zusammenfassung des Papiers präsentiert. Daraus lassen sich mögliche Handlungsempfehlungen ableiten, die – je nach parteitaktischer Ausrichtung bei diesem Thema – entsprechend interpretiert werden können. Der Einstieg der MEGB in den Sozialwohnungsbau wird als potenzielle Option gesehen, damit die Stadt unter anderem Belegungsrechte nicht mehr für viel Geld bei anderen Akteuren (privaten Unternehmen oder die Wohnbau) einkaufen muss.
Mögliche Synergieeffekte werden bei Überschneidungen im Stadtmarketing-Bereich gesehen, wobei Adil Oyan darauf hinwies, dass die Stabstelle im Rathaus doch andere Aufgaben übernehme als dies die Mitarbeiter der Tochtergesellschaft in Sachen Wirtschaftsförderung und Betreuung von Firmen tut. Für die BfB ist darüber hinaus ein Ansatzpunkt, dass die MEGB aufgrund einer Gesetzesänderung ab dem 1. Januar 2023 nicht mehr vorsteuerabzugsberechtigt ist. „Das ist ein relevantes Kriterium, weshalb man nach wie vor auch eine Abwicklung weiter prüfen sollte“, meinte Franz Apfel. Damit können sich aber CDU und FDP nicht anfreunden. „Eine Liquidation bringt keine Vorteile. Das Gutachten hat schon einige Fragen beantwortet, jetzt geht es an die Details“, konstatierte Bernhard Stenger für die Christdemokraten.
Wenig Verständnis
Bürgermeisterin Christine Klein hatte ebenso wie Stadtrat Oyan wenig Verständnis, warum eine Auflösung der städtischen Tochter weiter verfolgt werden sollte. „Die Vorteile überwiegen doch. Was soll das bringen?“, fragte Klein in die Runde.
Letztlich zeigte sich im Ausschuss, dass eine Entscheidung über die Zukunft der MEGB facettenreich ist und nicht aus dem Ärmel geschüttelt werden sollte – und auch nicht wird. Das war allen Beteiligten aber bereits klar. Ob nun erst im Herbst oder schon vor der Sommerpause eine Weichenstellung erfolgt, wird sich am Donnerstag im Stadtparlament zeigen, wenn die nächste Runde ansteht. Dass die Diskussion dann etwas kürzer ausfällt, darf bezweifelt werden.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-die-zukunft-der-bensheimer-megb-steht-zur-debatte-_arid,1974888.html