Bensheim. In Vorbereitung auf die Aufführung von Felix Mendelssohns Oratorium „Paulus“ am Sonntag, 15. Oktober, um 17 Uhr in der katholischen Kirche Sankt Georg in Bensheim fand am Mittwoch im Pfarrzentrum ein Vortragsabend zur Thematik des Oratoriums statt.
Die Theologen Frank Meessen und Hans-Peter Kohl stellten die Figur des Paulus aus biblischer Sicht anhand seiner Briefe und der Schilderungen in der Offenbarung des Johannes dar und präsentierten viele überraschende Informationen: Über 4000 Kilometer ist der historische Paulus gewandert und hat den gesamten östlichen Mittelmeerraum bereist und die Menschen vom Christentum überzeugt. Ob sich das Christentum ohne ihn überhaupt so weit ausgebreitet hätte, sei fraglich, so die Referenten.
Dabei wurde auch die Redewendung „Vom Saulus zum Paulus“ kritisch hinterfragt, sind Saulus und Paulus doch eigentlich nur zwei unterschiedliche Aussprachen desselben Namens. Ob die Zuordnung Saulus = Jude und Paulus = Christ möglicherweise sogar eine antisemitische Note hat, sei zumindest fraglich und bedenkenswert. Anhand des Gemäldes „La conversione di Paulo“ von Caravaggio machte Frank Meessen die Art deutlich, wie Bilder in unseren Köpfen entstehen, hier vom sprichwörtlichen „Damaskuserlebnis“, in dem Paulus zunächst geblendet wird, um später als „Erleuchteter“ ein glühender Vertreter des jungen Christentums zu werden.
Die Lichtmetapher spielt auch in Felix Mendelssohns Oratorium eine große Rolle: Als Zitat in großen Chören wie „Mache dich auf, werde licht“, subtiler noch in der Vertonung der Stimme Gottes durch den vierstimmigen Frauenchor: die hellste, lichteste Art, Texte zu vertonen. In den 1830er Jahren wie das Oratorium ist auch die Pfarrkirche Sankt Georg entstanden, worauf Gregor Knop hinwies, und auch in der Bauform des Kirchenraumes spielt das Licht eine herausragende Rolle: ein lichtdurchfluteter Raum mit großen Fenstern, nach der aufgehenden Sonne ausgerichtet wie viele Kirchräume, und noch dazu inspiriert von einer Paulus-Kirche: der Kirche Sankt Paul vor den Mauern in Rom.
Der Architekt Georg Moller nimmt mit den korinthischen Säulenkapitellen Gestaltungselemente der Antike auf, die auch in Sankt Paul in Rom zu finden sind, und entspricht damit der Geisteshaltung der 1830er Jahre mit ihrer Rückbesinnung auf die Schätze vergangener Zeiten. So zitiert auch Mendelssohn alte Stile, um Allgemeingültiges zu vertonen, und er lässt sich durch Johann Sebastian Bach inspirieren, etwa im Beginn des Eingangschores, dessen dreimalige „Herr“-Anrufung Bachs Johannespassion zitiert.
Das Publikum hatte Gelegenheit, weiterführende Fragen zu stellen, etwa zur Christenverfolgung zur Zeit des Paulus, zur Kraft, die ihn zu seiner schieren physischen Leistung angetrieben haben mochte und anderes mehr.
Mit einer herzlichen Einladung zum Konzert am 15. Oktober mit dem dem Kammerchor Sankt Georg und renommierten Solisten unter der Leitung von Gregor Knop schloss die gut besuchte Veranstaltung. red
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