Bensheim. Wer eine majestätisch freischwebende Brücke vor nächtlichem Bensheimer Himmel erwartet hatte, wurde am Donnerstagabend enttäuscht. Auf dem Berliner Ring stand den Profis nachvollziehbar nicht der Sinn nach großer Unterhaltung der durchaus vorhandenen Zaungäste.
Vielmehr lieferten Kran- und Verlademannschaft wie gewünscht auf den Punkt ab. Kurz nach 20 Uhr baumelte der eingestürzte Steg auf Höhe der Weststadthalle an den mächtigen Stahlseilen der Kranwagen, die den 24 Tonnen schweren Koloss kurz anhoben und über der Fahrbahn baumeln ließen.
Ein Schwerlasttransporter manövrierte sich rückwärts unter die Konstruktion, die Brücke sank hinab. „Zwei Minuten, länger hat der Vorgang es nicht gedauert“, lobte KMB-Geschäftsführer Frank Daum die reibungslose Zusammenarbeit der Kranfirma Weiland und des Metallbaubetriebs Stahlbau Ried aus Lorsch, der mit eigenem Kran und Lastwagen vor Ort war. Der längere Part des Abends bestand aus Millimeter- und Handarbeit, um das Objekt der Begierde sicher festzuzurren, um es am Ende von den Stahlseilhaken lassen zu können.
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Auf das Gelände des Unternehmens wurde die Last schließlich um 22.15 Uhr planmäßig transportiert. Stahlbau Ried hatte als eine von zwei Firmen ein Angebot zur Sanierung des Stegs eingereicht und nach der Freigabe durch die gegnerische Versicherung den Zuschlag erhalten.
Der zuständige Zweckverband hatte zwar auf einen Betrieb aus der näheren Umgebung gehofft, sicher war dies jedoch nicht. „Das kann nicht jeder Metallbauer machen, für Brückenbauwerke benötigt man eine spezielle Zertifizierung, um solche Arbeiten ausführen zu dürfen“, erklärte Daum.
Ohne lokalen Interessenten wären Aufwand und Kosten allerdings ungleich höher gewesen. Man habe daher schon vermeiden wollen, die Brücke „durch die halbe Republik fahren zu müssen“, so Daum. Dieses Szenario kam letztlich nicht zum Tragen, so dass der Tieflader „nur“ bis zum Lorscher Ortsausgang Richtung Viernheim steuern musste, eine Strecke von knapp zehn Kilometern insgesamt.
Den Radweg wieder freigeben
Wie lange es nun dauert, bis die Verbindung zwischen dem Haupteingang Weststadthalle und dem Parkplatz Badesee in luftiger Höhe wieder hergestellt ist, steht aktuell nicht fest. „Das müssen wir im nächsten Schritt mit der Firma besprechen und hängt natürlich von deren Auftragslage ab“, betonte Daum. Dem KMB sei es nach der Auftragserteilung zunächst darum gegangen, den Steg wegzuschaffen und somit den Radweg wieder freizugeben.
Dieser war seit dem 18. März blockiert, was immer mal wieder für Kritik aus der Bevölkerung und Teilen der Kommunalpolitik gesorgt hatte. An jenem Tag vor etwas mehr als elf Monaten hatte ein Lkw mit ausgefahrenem Kranausleger das Bauwerk praktisch aus den Angeln gerissen. Die Brücke stürzte ein und blieb teilweise auf dem Führerhaus des Lasters liegen. Der hatte zuvor bei einem Baumarkt Materialien geladen. Die weitere Geschichte ist hinlänglich bekannt.
Der Unfall löste einen Großeinsatz der Rettungskräfte aus, der Fahrer kam mit dem Schrecken davon. Verletzte oder andere Betroffene gab es nicht. Zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes befanden sich weder andere Autos in Reichweite noch waren Fahrradfahrer und Fußgänger in diesem Bereich unterwegs.
"Wir hatten verdammt viel Glück"
Auch auf der Brücke, die den Parkplatz am Badesee mit dem Haupteingang der Weststadthalle verbindet, stand niemand. „Wir hatten verdammt viel Glück, das hätte alles viel schlimmer ausgehen können“, hieß es damals aus den Reihen der Einsatzkräfte.
Nach den Aufräumarbeiten begannen die Verhandlungen mit der gegnerischen Versicherung, die sich als langwierig erwiesen. Erst Anfang Februar bekam der KMB grünes Licht, um Stahlbau Ried zu beauftragen – „nach mehrmaliger Erinnerung“, so der Zweckverband. Die Gesamtkosten belaufen sich aller Voraussicht nach auf 104 000 Euro. Die Summe wird von der Versicherung beglichen, der Bensheimer Haushalt, und damit der Steuerzahler, wird nicht belastet.
Am Donnerstag stand dies jedoch nicht im Vordergrund. Bei den Verantwortlichen überwog die Zufriedenheit, innerhalb von etwas mehr als zwei Stunden die gewichtige Aktion über die Bühne gebracht zu haben. Der Dank des KMB galt allen Beteiligten, „besonders Stahlbau Ried, für die sehr umsichtige und professionelle Abwicklung“. Neben dem Kran- und Lkw-Team war auch die Stadtpolizei zur Sicherung der Absperrung im Einsatz. Zu nennenswerten Verkehrsbehinderungen kam es um die Uhrzeit wie erwartet nicht.
Bei der Rückkehr der runderneuerten Konstruktion hat man übrigens mehr Chancen, eine majestätisch freischwebende Brücke zu bewundern. Schließlich muss das Teil dann passgenau in die Lücke manövriert werden, die der Lkw gerissen hat.
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